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# taz.de -- Die mutmaßlichen NSU-Helfer: Angeklagt und Zeuge
> Beihilfe zum Mord und Unterstützung einer Terrorgruppe, das wirft die
> Bundesanwaltschaft den vier mutmaßlichen Helfern des NSU-Trios vor. Zwei
> von ihnen schweigen.
Bild: Der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben auf einer Demo in Jena (Archi…
Ralf Wohlleben: Der ehemalige NPD-Funktionär und zweitweilige
Vizelandeschef der rechtsextremen Partei in Thüringen ist neben Beate
Zschäpe der einzige Angeklagte, der nach wie vor in Untersuchungshaft
sitzt.
Ralf Wohlleben soll zumindest in der Anfangszeit die Unterstützung für das
untergetauchte Trio koordiniert, ihm Spenden und eigenes Geld zukommen
lassen haben – und ihm schließlich die Ceska-Pistole mit der Seriennummer
034678 verschafft haben. Das wäre Beihilfe zum Mord: Mit dieser Waffe
erschossen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zwischen September 2000 und April
2006 neun Migranten.
Ralf Wohlleben hatte laut Bundesanwaltschaft den ebenfalls angeklagten,
fünf Jahre jüngeren Carsten S. eingespannt, um die Ceska-Pistole im Jenaer
Szeneladen Madley zu besorgen. Danach soll Wohlleben die Waffe vor dessen
Augen geprüft und zur Probe mit Lederhandschuhen den Schalldämpfer
aufgeschraubt haben, um sie dann dem NSU-Trio durch den Boten Carsten S.
bringen zu lassen.
Der jetzt 38-jährige Wohlleben schweigt zu den Vorwürfen. (WOS)
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Carsten S. ist Angeklagter und Belastungszeuge in einem. Scheinbar hatte
Carsten S. schon vor mehr als zehn Jahren seine Vergangenheit in der Jenaer
Neonaziszene hinter sich gelassen; nach einem Umzug nach
Nordrhein-Westfalen konnte er sein Schwulsein offen leben und als
Sozialpädagoge bei der Aidshilfe arbeiten. Dann holte ihn sein Vorleben
ein: Im Februar 2012 wurde er festgenommen.
In Vernehmungen gab Carsten S. zu, um die Jahrtausendwende nach Chemnitz
gefahren zu sein und dort in einem Abbruchhaus Mundlos und Böhnhardt die
Ceska-Pistole samt Schalldämpfer übergeben zu haben – ein Geständnis, das
nicht nur den mutmaßlichen Strippenzieher der Waffenlieferung, Ralf
Wohlleben, sondern auch ihn selbst schwer belastete. Auch ihm wird nun
vorgeworfen: Beihilfe zum Mord in neun Fällen.
Weil Carsten S. zum Zeitpunkt seiner Tat noch unter 21 Jahre alt war,
könnte er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Seit Ende Mai des
vergangenen Jahres sitzt er nicht mehr in Untersuchungshaft. Das BKA hat
ihn in sein Zeugenschutzprogramm aufgenommen. (WOS)
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André E.: „Die Jew Die“ hat sich der sächsische Hardcore-Nazi André E. a…
den Bauch tätowiert. Er soll einer der engsten Bezugspersonen des Trios im
Untergrund gewesen sein und von Frühjahr 1998 bis November 2011 zu ihm
Kontakt gehabt haben. Als er festgenommen wurde, verdächtigten ihn die
Ermittler zuerst, bei der Produktion des NSU-Bekennervideos geholfen zu
haben, fanden sie doch einen Flyer von André E.s Digitalisierungsfirma im
Schutt des NSU-Unterschlupfs. Doch der Verdacht ließ sich nicht erhärten;
im Juni 2012 wurde E. aus der U-Haft entlassen.
Die Bundesanwaltschaft ermittelte weiter und klagte den 33-Jährigen wegen
Unterstützung einer Terrorgruppe und Beihilfe zum versuchten Mord an. So
soll er unter anderem im Dezember 2000 das Wohnmobil angemietet haben, das
der NSU für einen Bombenanschlag in einem iranischen Laden in Köln
benutzte. Dabei wurde die 19-jährige Tochter des Inhabers schwer verletzt.
André E. schweigt zu den Vorwürfen.
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Holger G.: Wie Carsten S. kennt auch Holger G. Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt
und Beate Zschäpe schon aus der Jenaer Neonaziszene der neunziger Jahre. Er
zog später nach Hannover.
Böhnhardt konnte im Untergrund Holger G.s Identität übernehmen – weil
dieser ihm seinen Pass gab und sein Aussehen für das Foto so veränderte,
dass die beiden Männer sich noch mehr ähnelten. Auch seinen Führerschein
überließ G. dem Trio. Mit dem Dokument wurden in mehreren Fällen Fahrzeuge
angemietet, die der NSU bei seinen Mordanschlägen und Überfällen benutzte.
Die Ankläger werfen dem 40-Jährigen Unterstützung einer Terrorgruppe vor.
Ähnlich wie Carsten S. hat auch Holger G. umfangreich ausgesagt und so dazu
beigetragen, dass die Ermittler das System verstehen konnten, nach dem das
Trio seine Tarnung aufrechterhielt. Er berichtete auch von einer
Waffenübergabe, bei der die Hauptangeklagte Beate Zschäpe mit anwesend
gewesen sei und zugeschaut habe, wie einer der beiden Uwes die Pistole
durchlud. Holger G. ist im Zeugenschutzprogramm des BKA. (WOS)
6 May 2013
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Ralf Wohlleben
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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