# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss zuende: Vernichtende Worte | |
> Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses stellen den | |
> Sicherheitsbehörden ein miserables Zeugnis aus. Sie sprechen von einem | |
> „Totalversagen“. | |
Bild: Dass die Mordermittler sich von Vorurteilen leiten ließen, sei „eines … | |
BERLIN taz | Bei der letzten öffentlichen Sitzung ist der Andrang nochmal | |
groß. Neun Fernsehkameras und mehr als zwei Dutzend Journalisten verfolgen | |
vor dem Sitzungssaal, was die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses | |
des Bundestags zu sagen haben. Es sind vernichtende Worte. | |
Über Fraktionsgrenzen hinweg sprechen die Abgeordneten von einem | |
„Totalversagen der Sicherheitsbehörden“. Dass die Mordermittler sich von | |
Vorurteilen leiten ließen, sei „eines Rechtsstaates unwürdig“, sagt der | |
Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD). „Das darf sich nicht wiederholen.“ | |
Während in München die juristische Aufarbeitung der NSU-Morde nur langsam | |
anläuft, erreicht die politische Aufarbeitung in Berlin eine wichtige | |
Zwischenetappe. In den vergangenen 15 Monaten haben die Abgeordneten fast | |
100 Zeugen befragt und rund 400 Beweisbeschlüsse gefasst, alle einstimmig. | |
„Wir haben deutlich gemacht, dass das Parlament die Exekutive | |
kontrolliert“, sagt der CDU-Obmann Clemens Binninger. Man könne jetzt schon | |
sagen, dass die Aufklärung nicht nur notwendig war, betont Christian | |
Ströbele von den Grünen, „sie hat sich auch gelohnt“. | |
Alle Fragen konnten allerdings nicht geklärt werden. Die restlose | |
Aufklärung der Mordserie, wie sie die Bundeskanzlerin versprochen habe, sei | |
„an der Praxis ihrer eigenen Regierung und Behörden zerschellt“, bemängelt | |
die Linken-Obfrau [1][Petra Pau]. | |
## Jetzt kommt der Abschlussbericht | |
In den kommenden Monaten wird der Ausschuss seinen Abschlussbericht | |
erarbeiten. Die Abgeordneten wollen nicht nur beschreiben, was | |
schiefgelaufen ist, sondern auch gemeinsame Schlussfolgerungen treffen. Das | |
wäre ein Novum in der Bundestagsgeschichte. Jede Fraktion soll aber auch | |
ein Einzelvotum abgeben können. Denn was etwa die Zukunft des | |
Verfassungsschutzes angeht, gibt es unterschiedliche Ansichten. | |
Aber auch um Prävention und die Opferperspektive soll es in den | |
Empfehlungen gehen. Deshalb wurden für die letzte öffentliche Sitzung | |
Sachverständige aus Forschung, Zivilgesellschaft und Polizeiausbildung | |
geladen. | |
Barbara John, Ombudsfrau der NSU-Opfer, spricht sich für die Einrichtung | |
einer Stiftung aus, die als Anlaufstelle für Opfer rechter Gewalt auch | |
Dokumentationsaufgaben übernehmen soll. Zudem schlägt sie vor, eine | |
unabhängige Beschwerdestelle zu polizeilichem Fehlverhalten einzurichten | |
und Hasskriminalität als Offizialdelikt ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. | |
## Angehörige von Rechtsextremen direkt ansprechen | |
Auch Bernd Wagner, Leiter der [2][Neonazi-Aussteiger-Organisation Exit], | |
wird gehört. Für einen erfolgversprechenden Ansatz hält er es, die | |
Angehörigen von Rechtsextremen direkt anzusprechen. Mehrfach gefordert wird | |
eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Analyse der | |
rechtsextremen Szene. | |
Den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses will das Plenum des | |
Bundestages in einer Sondersitzung am 3. September diskutieren, zweieinhalb | |
Wochen vor der Bundestagswahl. „Ich bin mir aber sicher, dass es keine | |
Wahlkampfveranstaltung wird“, sagt der Ausschussvorsitzende Edathy, „so wie | |
es auch kein parteipolitischer Untersuchungsausschuss war“. | |
16 May 2013 | |
## LINKS | |
[1] /!97755/ | |
[2] /!111134/ | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Hans-Christian Ströbele | |
Sebastian Edathy | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
FDP | |
Verfassungsschutz | |
V-Leute | |
NSU-Prozess | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
Bundestagswahlkampf | |
Otto Schily | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
Bundestag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bericht des NSU-Ausschusses: Desaster auf 1.357 Seiten | |
Die Bilanz des Untersuchungsauschusses im Bundestag ist verheerend. | |
Immerhin einigen sich die Fraktionen auf 47 gemeinsame Empfehlungen. | |
Kommission „Rechtsterrorismus“: Nie wieder blind | |
Experten der Bund-Länder-Kommission fordern mehr Kontrolle des | |
Verfassungsschutzes. Auch soll die Bundesanwaltschaft gestärkt werden. | |
Umbau des Verfassungsschutzes: Die Tiefe des V-Mann-Registers | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich rechtfertigt den Einsatz von | |
V-Leuten des Verfassungsschutzes. Er fordert einheitliche Standards für ein | |
bundesweites Register. | |
Sächsischer Verfassungsschutz zum NSU: „Ähnlich einer Terroristengruppe“ | |
Bereits im Jahr 2000 sprach der sächsische Verfassungsschutz im | |
Zusammenhang mit dem NSU-Trio von „Terrorismus“. Das wird unterschiedlich | |
bewertet. | |
NSU-Opferanwalt in München: Kanzlei mit Fäkalien beschmiert | |
Nach einem Medienbericht ist in München die Kanzlei eines NSU-Opferanwalts | |
mit Fäkalien beschmiert worden. Zudem gab es weitere Angriffe mutmaßlich | |
Rechter. | |
NSU-Untersuchungsausschuss: Eine erschreckende Bilanz | |
70 Sitzungen, fast 100 Zeugenvernehmungen und 11.667 Aktenordner. Der | |
NSU-Ausschuss beendet seine Arbeit – mit 10 signifikanten Ergebnissen. | |
NSU-Untersuchungsausschuss: Schily will's nicht ganz gewesen sein | |
Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) übernimmt einen Teil der Verantwortung | |
für das Versagen beim NSU-Terror. Die echten Fehler sieht er aber woanders. | |
Otto Schily im NSU-U-Ausschuss: „Ich trage politische Verantwortung“ | |
In seine Amtszeit fielen die meisten NSU-Morde. Im Untersuchungsausschuss | |
sagt Ex-Innenminister Schily, ihn belaste das Versagen der Behörden. | |
NSU-Untersuchungsausschuss: Auftritt der Versager vom Amt | |
Erbärmliches Theater: Im NSU-Ausschuss des Bundestags machen der ehemalige | |
Geheimdienstchef Roewer und sein früherer Vize keine gute Figur. |