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# taz.de -- Pädophilendebatte bei den Grünen: Man wollte offen für alle sein
> Die Grünen lassen jetzt ihre Geschichte durchkämmen. Es geht um pädophile
> Verstrickungen von gestern und den Wahlkampf von heute.
Bild: Wegen ihm wurde die Pädophiliedebatte gerade wieder angestoßen: Grünen…
BERLIN taz | Ein prominentes Parteimitglied, das öffentlich von Intimitäten
mit Kleinkindern schwärmt. Schwulenpolitiker, die sich für die
Legalisierung von Sex mit Kindern starkmachen. Wildgewordene
„Stadtindianer“, die auf Parteitagen lautstark ein „Recht auf Sexualität
für Kinder und Jugendliche“ einfordern. Schön wird es sicher nicht, wenn
die Grünen jetzt ihr Archiv öffnen, um es von einem unabhängigen
Wissenschaftler durchkämmen zu lassen. Untersucht werden soll, inwieweit
die Partei in ihren Anfangsjahren Raum für pädophile Positionen bot.
Mit der zeitgeschichtlichen Aufarbeitung wollen die Grünen die Aufregung
der letzten Wochen beenden. Alles begann damit, dass der Verfassungsrichter
Andreas Voßkuhle aus Protest einer Preisverleihung an den Grünen-Politiker
Daniel Cohn-Bendit ferngeblieben war – weil der vor 38 Jahren in einem Buch
den Austausch von Streicheleinheiten in einem Frankfurter Kinderladen
beschrieben hatte. Obwohl Cohn-Bendit seit vielen Jahren beteuert, seine
Darstellung sei nichts als geschmacklose Provokation, ist das Thema erneut
in der Welt.
Und die Grünen haben eine Pädophilendebatte am Hals. Denn die politische
Opposition weiß das Thema im Vorwahlkampf zu nutzen: Der
CSU-Generalsekretär Dobrindt warf den Grünen Unterstützung von Pädophilen
vor und verwies genüsslich darauf, dass die Grünen bis 1987 eine
„Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Pädophile“ (SchwuP) finanzierten,
die für die völlige Abschaffung des Sexualstrafrechts eintrat. Müssen die
Grünen nun Angst vor dem haben, was im „Grünen Gedächtnis“ der Partei no…
alles schlummert?
## Abseitigste Positionen gehörten zur Parteikultur
Die Grünen-Mitgründerin Marieluise Beck (60) sieht der Aufarbeitung
gelassen entgegen: „Es werden Debatten zum Vorschein kommen, über die man
heute nur den Kopf schütteln kann“, sagte sie am Freitag der taz. Es habe
damals zur Parteikultur gehört, auch die abseitigsten Positionen zu
diskutieren, man wollte ja offen für alle sein. Das habe zu einer
mangelnden Grenzziehung auch gegenüber pädophilen Positionen geführt.
„Die Entscheidungslage aber ist völlig klar und auch dokumentiert“, betont
Beck. Alle Versuche, Sex mit Kindern zu legalisieren oder Missbrauch zu
verharmlosen, seien in der Partei gescheitert.
Beck, die in den Achtzigern dem Landesverband Baden-Württemberg angehörte,
erinnert sich, welche Empörung in ihrer Fraktion ein Parteitagsbeschluss
aus Nordrhein-Westfalen auslöste, in dem die Forderung nach straffreien
Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern auftauchte – als
Minderheitsmeinung. Das Papier kostete die Grünen 1985 dennoch den Einzug
in den Landtag.
## Gesellschaftliches Klima damals sexualfeindlich
Das gesamtgesellschaftliche Klima, so Beck, sei damals enorm
sexualfeindlich gewesen. Über das, was unter der Bettdecke passierte,
sprach man nicht. Beck bezeichnet es als historisches Verdienst der Grünen,
den Blick für sexuelle Freiheiten geöffnet und sich mit Vergewaltigung in
der Ehe, sexuellem Missbrauch und Schwulendiskriminierung beschäftigt zu
haben.
Als einzige Partei im Bundestag nahmen sich die Alternativen auch der
Schwulen an. Der Grünen-Politiker Volker Beck, der damals als
Schwulenpolitiker mit der besagten BAG SchwuP zu tun hatte, weist auf die
Absurditäten des damaligen Sexualstrafrechts hin: „Es ging darum, die
strafrechtliche Ungleichbehandlung von Homosexualität im Paragrafen 175 zu
beseitigen.“ Für Homosexuelle galt ein Schutzalter ab 18 Jahre, für
Hetero-Sex ab 14. Den Paragrafen 182 gegen die Verführung 14- bis
16-jähriger Mädchen, der dem Mann Straffreiheit zusicherte, wenn er das
verführte Mädchen heiratete, bezeichnet Beck als „Merkwürdigkeit“.
Dass sich in die überfällige Debatte über eine Reform des Sexualstrafrechts
auch bekennende Pädophile einklinkten und versuchten, sich als verfolgte
Minderheit darzustellen, ist für Volker Beck ein parteigeschichtlicher
Irrweg.
Waren die Grünen tatsächlich so etwas wie der „parlamentarische Arm der
Pädophilenbewegung“, wie der Spiegel jüngst behauptete? Wenn man die
Debatten von damals mit den moralischen Maßstäben von heute beurteilt, ist
man schnell bei solchen Urteilen. Wenn man auch nur ansatzweise verstehen
will, was damals bei den Grünen passierte, muss man das gesellschaftliche
Klima in der Bundesrepublik der 70er und 80er Jahre in den Blick nehmen.
## Gegenbewegung zur Prügelstrafe
Wo in Familien und in Schulen noch Prügelstrafe erlaubt war, Pfarrer,
Verwandte und Lehrer sich vielfach ungestraft an Kindern vergriffen und ein
20-Jähriger für Sex mit einem 18-Jährigen ins Gefängnis kam, entstand eine
gesellschaftliche Gegenbewegung: Feministinnen agitierten gegen die
Penetration, Kommunarden vögelten aus Protest gegen die bürgerliche
Kleinfamilie, Schwule politisierten sich. Und alle versuchten, Körper,
Geist und Seele so gründlich wie möglich zu befreien. Man feierte den
Tabubruch – und gab dabei immer wieder auch Pädophilen Raum, die von einer
grenzenlosen „Kinderliebe“ träumten.
Die taz fand vor drei Jahren den Mut, das eigene Archiv aufzuarbeiten. Man
stieß dort auf einen pädophilen taz-Mitgründer, auf ganze Sonderseiten mit
unappetitlicher Knabenlyrik und Artikeln, die die Indianerkommune durch
eine Redaktionsbesetzung erzwungen hatte.
Auch aus der Spontizeitung Pflasterstrand, der Pädagogenzeitschrift
be:trifft Kinder oder der Politzeitschrift konkret wurden
pädophilenfreundliche Texte und Bilder bekannt. Für den Wahlkampf taugt die
Aufarbeitung der Schmuddelthemen von gestern hoffentlich nicht.
20 May 2013
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
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Schwerpunkt Volker Beck
Daniel Cohn-Bendit
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