# taz.de -- Konzertmarathon von John Zorn: Wunderschön fließend | |
> Das Moers-Festival widmet dem New Yorker Freejazz-Saxofonisten John Zorn | |
> in diesem Jahr einen ganzen Tag mit mehreren Konzerten in Serie. | |
Bild: Unruhiger Geist: John Zorn am Freitag in Moers. | |
Fast begann alles wie immer. Die Band spielt die ersten Töne von Naked | |
Citys „Batman“. Die Surfgitarre dengelt, das Schlagzeug knüppelt und Säng… | |
Mike Patton röchelt wie in jenen Tagen, aus denen er sein Outfit aus | |
Baggypants und Hoodie aufgetragen hat. Nach etwas über zwei Minuten ist | |
Schluss. Welcome back, John Zorn! Schön, dass Sie der Alte geblieben sind. | |
Zum „Zorntag“ hat das Moers Festival am Freitagabend geladen. Gefeiert wird | |
der 60. Geburtstag des New Yorker Free-Jazz-Komponisten, dessen Auftritte | |
in Deutschland eine Rarität sind. Für sein „Song Project“ hat er einen Te… | |
seines Repertoires zu Songs umgearbeitet, für die sein New Yorker | |
Familienersatz Texte geschrieben hat. Es ist Zorns Version des Great | |
American Songbook – mal melodiös von der sanften Stimme Jesse Harris’ | |
getragen, mal von Mike Pattons Gutturalgesang in Richtung Spaghetti-Western | |
verschoben. | |
Und Zorn saß in seiner Lieblingsrolle als Dirigent am Rand seines | |
Ensembles, verlängerte mal das Drumsolo, holte mal die Gitarre in den | |
Vordergrund und vergaß dabei nie den Song. Kontrollierter Eklektizismus, | |
wie immer bei Zorn, nur dass er noch nie so wunderschön fließend daherkam. | |
Danach widmet sich Zorn seinem neuestem, in Deutschland wenig beachtetem | |
Interesse: der christlichen Mystik. Eine lateinische Chorperformance im | |
Andenken an Hildegard von Bingen? Check. Ein humorvoller Tribut an den | |
elisabethanischen Alchimisten John Doe durch das Arditti Streichquartett? | |
Check. Und auch die Tempelritter dürfen in dieser Aufzählung nicht fehlen. | |
## Der Dirigent am Rand | |
Mike Patton stilisierte ihre Geschichte mit seinem Quartett „Templars“ und | |
einer Stimmlage zwischen Priester und Folteropfer zu einem katholischen | |
Horrorfilm: Zu camp, um wahr zu sein. Das Ende des Abends gehört dann John | |
Zorns eigenem Auftritt. Der sanft fließende Jazzrock von „Dreamers“, der | |
selbstvergessen um Vibraphone und die Gitarre von Mark Ribot kreist, geht | |
nahtlos in die Performance von „Electric Masada“ über. | |
Vielleicht ist dies das Projekt, das Zorns Idee einer „Radical Jewish | |
Culture“ am nächsten kommt. Zorn schnallt sich das Saxofon an, improvisiert | |
über die Klezmermelodien seiner Band, dirigiert die Improvisation aus | |
Drums, Gitarre, Bass und den digitalen Texturen der Avantgarde-Musikerin | |
Ikue Mori. | |
Die Musik pendelt zwischen melodiöser Verdichtung der einzelnen Motive und | |
freier Improvisation. Und am Rand sitzt Zorn im orangefarbenen T-Shirt und | |
Tarnhose und kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Dann ist Schluss. | |
Standing Ovations, minutenlang. Welcome back, John Zorn! Sie haben gefehlt. | |
21 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Werthschulte | |
## TAGS | |
New York | |
Jazz | |
Jazz | |
Jazz | |
Jazz | |
Montreal | |
Theater | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Moers Festival unter neuer Leitung: Ein Wunder nahe Duisburg | |
Experimentalkonzerte statt Wohlfühlklang: Die erste Festival-Ausgabe, die | |
Tom Isfort zu verantworten hat, vereint Musik aller Aggregatzustände. | |
Funky Blasorchester: Die Welt ist groovy | |
Kosmopolitisch statt krachledern: die freigeistige Münchner Express Brass | |
Band und ihr zwischen allen Stilen angesiedeltes Album „We Have Come“. | |
Jazzland Israel: Der Sound der Immigration | |
Jazz aus Israel ist ein Schwerpunkt beim Festival „Jazzahead“ in Bremen. | |
Viele der Musiker sind aus New York nach Israel zurückgekehrt | |
Kanadisches Avantgarde-Label: Ein Herz für musikalische Bastarde | |
Das kanadische Label Constellation Records ist eng mit Montreal verbunden. | |
Aber Macher und Künstler setzen auf Alternativstrukturen statt Heimatliebe. | |
Musiker über Kleistvertonung: „Wir haben Holz gehackt“ | |
Musiker Lars Rudolph über Stoßgebete, psychedelische Erfahrungen mit | |
Kleists Novelle „Die heilige Cäcilie“ und das Stigma des Rhythmus. |