Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mount Kimbie über neues Album: „Das Neue verschwindet zu schnell…
> Das Elektronikduo Mount Kimbie über die Entstehung seines neuen Albums
> „Cold Spring Fault Less Youth“, Gesangsspuren und Effektmaschinen.
Bild: „Postrock steckt da auf jeden Fall mit drin“, sagt das Londoner Duo M…
taz: Herr Campos, Herr Maker, mir gefällt der seltsame Albumtitel: „Cold
Spring Fault Less Youth“. Bloß was er bedeuten soll, ist mir nicht klar.
Kai Campos: Eigentlich war uns wichtig, wie die einzelnen Wörter aussehen
und welche Länge sie haben. Sie bedeuten jedes für sich etwas, aber ergeben
auch zusammen Sinn. Unser neues Album ist fragmentiert, also erschien uns
ein fragmentierter Titel sinnvoll. „Cold Spring Fault Less Youth“: Das sind
fünf verschiedene Titel und gleichzeitig einer. Klar, kann man das auch auf
den kalten Frühling beziehen, der hinter uns liegt. Muss man aber nicht.
Kürzlich haben Sie gesagt, dass sich Ihr Geschmack seit dem Debütalbum
„Crooks & Lovers“ verändert hätte – inwiefern lässt sich das auf dem n…
Album hören?
Dom Maker: Unser neues Album hat ein breiteres musikalisches Spektrum. Wir
haben mehr mit analogen Geräten und Effektmaschinen gearbeitet, die einen
wuchtigeren Sound erzeugen. Gleichzeitig haben wir den Gesang nicht mehr so
abgehackt. Diesmal kam es uns radikaler vor, unsere Stimmen und die von
King Krule einfach so aufzunehmen, wie sie sind. In dem Augenblick, in dem
wir das Album gemacht haben, erschien uns das viel experimenteller – ganz
einfach, weil es neu für uns war.
Experiment oder nicht: Es fällt ja schon auf, dass das
dekonstruktivistische Sampling, besonders der Vocals, einer neuen Form von
Intaktheit gewichen ist. Dennoch reizen Sie die Subjektivität und die
Pathosschiene nicht so aus wie beispielsweise James Blake auf „Overgrown“.
Campos: Alles was wir machen – die Musik, das Artwork, die Texte – lässt
Raum für eine eigene Interpretation. Zuerst wussten wir nicht, ob es
funktionieren würde, so viele Gesangsspuren mit reinzunehmen – ob das eben
nicht genau von dem Understatement des Sounds ablenken würde. Aber jetzt
kommt es mir so vor, als hätte es funktioniert.
Das Ende von „Break Well“ ist dann wohl die Ausnahme von der Regel, selten
so einen pompösen Sound im Kontext von Clubmusik gehört, man könnte es eine
Art Stadionrock des Postdubstep nennen – aber warum ist dieser Sound nur so
flüchtig, nicht mehr als ein Sound-Augenblick?
Campos: Wir hatten das Gefühl, wir wären als Musiker nicht gut genug, um
diese Intensität länger als einen Moment zu halten, sie über fünf Minuten
weiterzuspinnen. Manchmal geht es einfach darum, eine gute Idee zu haben.
Man muss sie nicht bis zum Ende ausreizen.
„Cold Less Fault Less Youth“ ist sehr hybrid, erinnert mich von der
musikalischen Ästhetik an Bands wie Broken Social Scene. Macht Mount Kimbie
jetzt Postrock?
Maker: Postrock steckt da auf jeden Fall mit drin – hauptsächlich weil uns
beide Rock sehr interessiert. Broken Social Scene, aber auch Grouper und
Tame Impala. Oft wird man ja eher unbewusst von etwas beeinflusst, was man
hört. Das, was man nur aus der Ferne einen Augenblick hört, die Erinnerung
an einen Sound – das fängt an, einen zu interessieren und einen kreativen
Prozess anzuregen.
Ist Ihr Sound zeitgemäß?
Maker: Ich hoffe, er ist relevant für unsere Zeit. Ich finde nichts
reizvoll daran, „retro“ zu sein. Bei elektronischer Musik, die sich auf
zeitgenössische Technik verlässt, gibt es immer die Gefahr, dass sie
schnell altmodisch erscheint. Gleichzeitig muss man den Hype, den die
Musikpresse um das next big thing macht, nicht mitmachen.
Campos: Besonders bei der Geschwindigkeit, mit der jetzt über neue Bands in
Blogs berichtet wird, verschwindet das Neue einfach zu schnell wieder in
der Versenkung.
Maker: Die Leute erwarten ja auch von dir, dass du alle sechs Monate eine
Single veröffentlichst. Auf jeden Fall ist das so in der Clubmusikszene in
Großbritannien.
Also waren die drei Jahre, die jetzt bei Ihnen zwischen den beiden Alben
lagen, fast schon zu lang?
Maker: Ja, man muss einfach sichtbar bleiben. Dabei war es für uns extrem
produktiv, dass wir uns diese Zeit genommen haben – wir hatten Zeit, über
unser Debütalbum nachzudenken, und als wir dann mit dem neuen angefangen
haben, fühlten wir uns so erfrischt, dass es uns vorkam, als würden wir bei
null beginnen.
Sehen Sie sich eher als Produzenten oder als Band?
Maker: Für uns ist es wichtig, dass wir eine gute Liveband sind,
gleichzeitig sind wir auch ziemlich leidenschaftlich, was das Produzieren
von Musik angeht.
Der Sound von „Crooks and Lovers“ war abstrakt, aber das Coverfoto einer
Frau konkret, während es bei „Cold Spring Fault Less Youth“ genau
andersherum ist: Der Sound ist konkret in seiner Flächigkeit, aber die
Popart auf dem Cover ist abstrakt – warum?
Campos: Aufgrund unseres Soundwechsels wollten wir ein Cover, das gewagt
ist, das knallt. Der Grafiker kam mit diesem Collagevorschlag an, und wir
haben uns sofort dafür entschieden. Ich finde übrigens, dass dieses Album
abstrakter ist als das vorhergehende. Beim Debüt hatten wir alles unter
Kontrolle. Dieses hier versucht zwar immer noch einen gewissen Reiz auf die
Leute auszuüben, in dem Sinne, in dem Popmusik einen sinnlichen Reiz
ausübt, aber es ist trotzdem abstrakter. Auf eine tiefe und psychedelische
Art und Weise.
Hat Sie der Erfolg Ihres Freundes und Kollegen James Blake gestresst –
früher standen Sie oft zusammen auf der Bühne?
Campos: Nein, James hat immer etwas ganz anderes gemacht als wir. Er wollte
immer sich selbst ausdrücken – egal, was die anderen davon denken mögen.
Ausdruck ist nicht so Ihr Ding?
Campos: Wenn Musik eine Form der Kommunikation ist, dann muss man sich so
ausdrücken, dass andere einen verstehen. Man macht Popmusik zwar allein,
aber sie muss auch in anderen etwas auslösen.
30 May 2013
## AUTOREN
Nadja Geer
## TAGS
Neues Album
Album
Elektro
Retro
Musik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neues Album von Tame Impala: Einschmeichelnd abgefuckt
Melancholie ist ein Sofa aus den Siebzigern, und Kevin Parker singt, dass
er ein Mann sei: Tame Impala und ihr neues Album „Currents“.
Mutek-Musikfestival in Montreal: Elektronische Archäologie
Mehr als nur ein Rave: Das Mutek-Festival in Montreal ist eine der
interessantesten Bühnen für elektronische Musik. Ein Einblick.
„Dirty Dancing“ von Schlachthofbronx: Treiben auf dem Dancefloor
Erfüllungsgehilfe des Bass-Glücksversprechens: So gibt sich das Münchner
Duo Schlachthofbronx auch auf seinem zweiten Album „Dirty Dancing“.
Berlin Festival: Armrudern im Flugzeughangar
Das "Berlin Festival" bietet einem hauptsächlich ausländischen Publikum
entspannte Volksfeststimmung. Mit dabei sind Yelle, Santigold und Hercules
& Love Affair.
Neue Perspektiven der Clubmusik: Das Spiel mit den Geistern
Der amerikanische Produzent Nicolas Jaar erklärt auf seinem Debütalbum den
Raum zu Geräusch. Mit 21 Jahren ist er schon ein Star der elektronischen
Musik.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.