# taz.de -- Klimakonferenz in Bonn: Ostblock sagt Njet zum Konsens | |
> Russland und seine Nachbarn bremsen auf der Bonner Konferenz und drohen | |
> mit einer kompletten Blockade. Die Anweisung soll von höchster Stelle | |
> kommen. | |
Bild: Russland fürchtet wegen seiner großen Vorräte an Öl und Gas Nachteile… | |
BONN taz | Es war der Fluch der guten Tat: Als 18 Stunden nach dem | |
offiziellen Ende der Klimakonferenz in Doha im Dezember 2012 der | |
katharische Vizepremier Abdullah Bin Hamad al-Attijah den Hammer auf den | |
Tisch knallte und die „Doha Climate Gateway“ verkündete, waren alle | |
erleichtert. | |
Alle? Nein, das größte Land der Erde war empört: Russlands Einwände und | |
Verzögerungen waren zum Schluss einfach ignoriert worden. Ein Skandal in | |
der konsensorientierten UNO. Dass sich hier der Vertreter einer arabischen | |
Monarchie über die ermüdende UN-Basisdemokratie hinweggesetzt hatte, | |
hinderte die Vertreter der westlichen Staaten und der Umweltgruppen nicht | |
daran, sich ins Fäustchen zu lachen. | |
Ein halbes Jahr später bekommen sie nun die Quittung. Bei der | |
Halbjahres-Konferenz zur UN-Klimakonvention blockieren die russische, | |
ukrainische und weißrussische Delegation seit acht Tagen den Beschluss | |
einer Tagesordnung. Ein Kompromissangebot lehnten sie am Dienstag ab. | |
Der russische Delegationsleiter Oleg Shamanov droht vor dem Plenum sogar | |
damit, die Klimakonferenz in Warschau im November und ein geplantes neues | |
Klimaabkommen 2015 platzen zu lassen: „Wir bedauern es sehr, dass wir nicht | |
zustimmen können“, sagte Schamanow, der als einer der wenigen | |
Klimadiplomaten im Plenum nicht Englisch spricht. „Wir geben hier eine | |
deutliche Warnung, dass wir riskieren, 2015 nur ein provisorisches Abkommen | |
zu bekommen.“ | |
Schamanow forderte, dass die Entscheidungsregeln der Klimakonferenz | |
verändert werden und handelt offenbar auf höchste Anweisung. Aus UN-Kreisen | |
heißt es, Russlands Präsident Wladimir Putin habe einen Brief an den | |
UN-Generalsekretär geschrieben, um seiner Delegation den Rücken zu stärken. | |
Das Signal ist für die Delegierten klar: Russland lässt sich als ständiges | |
Mitglied des UN-Sicherheitsrats eine Behandlung wie in Doha nicht gefallen. | |
## Offiziell geht es um klare Regeln | |
Blockiert wurde der „Subsidiary Body for Implementation“ (SBI), der die | |
Umsetzung der Konferenz-Beschlüsse regelt, also wie etwa Berichte zu | |
Anpassungsmaßnahmen oder Finanzen erstellt werden. Die Konferenz geht auch | |
ohne den SBI weiter, aber die Arbeit bleibt liegen. Und ein Verhandler | |
fürchtet, dass die schlechte Stimmung aus dem SBI „sich auf die anderen | |
Bereiche ausdehnt“. | |
Offiziell geht es den Russen um klare Regeln, wie in der Klimakonferenz | |
entschieden werden soll. Denn bislang fehlen die seit der Verabschiedung | |
der Konvention 1992. Weil vor allem die großen Staaten Angst haben, von | |
einer Mehrheitsentscheidung zu etwas verpflichtet zu werden, haben sie sich | |
immer gegen klare Regeln gewehrt. | |
Daher gibt es keine Mehrheit für eine Reform – eine Arbeit daran ist nach | |
Meinung vieler Experten verschwendete Zeit. Aktuell gilt deshalb das | |
Konsensprinzip, das aber nicht unbedingt Einstimmigkeit erfordert, sagen | |
viele Verhandler: Wenn ein Staat nur blockiert und alle anderen einig sind, | |
kann er auch überstimmt werden – so wie es Bolivien 2010 in Cancun | |
passierte. | |
Russland hat schon oft die Verhandlungen behindert. Wegen seiner großen | |
Vorräte an Öl und Gas fürchtet es Nachteile bei echtem Klimaschutz. Das | |
Land stieg aus dem Kioto-Protokoll aus, drängte aber trotzdem darauf, seine | |
überschüssigen Emissionsreduktionen („heiße Luft“) weiter an andere Län… | |
verkaufen zu können. Als das in Doha nicht zugestanden wurde, blockierte | |
der russische Vertreter die Verhandlungen für Stunden. | |
Den Umweltgruppen blieb nur Sarkasmus. In ihrer täglichen Konferenzzeitung | |
Eco machten sie den Vorschlag, alle Staaten sollten eine Verpflichtung | |
unterschreiben, die Russen nicht mehr zu missachten, denn „ihr seid | |
offenbar wichtiger als andere, wie zum Beispiel Bolivien, deren Missachtung | |
in Cancun ihr freudig mitgetragen habt.“ | |
11 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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