# taz.de -- Hitler-Vertrauter Rosenberg: Tagebücher in den USA aufgetaucht | |
> Alfred Rosenbergs Schriften sollen den Anstoß zur Juden-Vernichtung | |
> gegeben haben. Ein Ankläger der Nürnberger Prozesse hatte sie wohl in die | |
> Heimat geschmuggelt. | |
Bild: Rund 400 Seiten Tagebuchaufzeichnungen von Alfred Rosenberg sollen bald a… | |
WILMINGTON dpa | Amerikanische Behörden haben nach eigenen Angaben die seit | |
mehr als 60 Jahren verschollenen Tagebücher des Hitler-Vertrauten Alfred | |
Rosenberg gefunden. Die rund 400 handbeschriebenen Seiten wurden am | |
Donnerstag in Wilmington (US-Bundesstaat Delaware) präsentiert. Die | |
Tagebücher des NS-Chefideologen waren nach dem Kriegsverbrecherprozess 1945 | |
in Nürnberg verschwunden, wo sie Teil der Beweismittel waren. Die | |
Verantwortlichen zeigten sich von der Echtheit des Einzelstücks überzeugt. | |
Die persönlichen Aufzeichnungen sollen laut dem Washingtoner Holocaust | |
Museum neue Einblicke in Treffen Rosenbergs mit Hitler sowie anderen | |
Nazi-Größen geben. So schreibt Rosenberg in dichter Kursivschrift am 2. | |
April 1942 über ein Abendessen mit Hitler und zitiert ihn so: „Rosenberg, | |
jetzt ist Ihre große Stunde gekommen“. | |
Die Texte, die von 1934 bis 1944 entstanden sein sollen, geben zudem | |
Aufschlüsse über Pläne zur Massenvernichtung der Juden in Europa und über | |
die Dynamik im Nazi-Führungszirkel. So schreibt Rosenberg beispielsweise | |
euphorisch über eine Konferenz zur Vernichtung der Juden. „Wir glauben, | |
dass Teile dieser Materialen die geschriebene Geschichte widerlegen“, sagte | |
der Archivar Henry Mayer vom Holocaust Museum, ohne allerdings Details zu | |
nennen. | |
## „Einblick in eine dunkle Seele“ | |
Das Interesse an der Präsentation am Donnerstag war sehr groß. Ein Dutzend | |
Fernsehkameras waren auf John Morton, dem Direktor der US-Zollbehörde | |
gerichtet, als er verkündete: „Wir haben eines der größten Rätsel der | |
Nachkriegsgeschichte gelöst“. Die Aufzeichnungen böten einen Einblick „in | |
den Geist einer dunklen Seele“. Rosenberg habe es nicht geschafft, all | |
seine Geheimnisse mit ins Grab zu nehmen. | |
Robert Kempner, einer der Ankläger bei den Nürnberger Prozessen, soll die | |
Dokumente in die USA geschmuggelt und dort unter Verschluss gehalten haben. | |
Nach seinem Tod waren die einmaligen Texte aus seinem Nachlass | |
verschwunden. Eine abenteuerliche Spurensuche über 17 Jahre hinweg führte | |
die Forscher des Holocaust Museums zu einem Freund von Kempners Sekretär im | |
US-Staat New York, wo die Tagebücher Anfang April gefunden wurden. | |
Die Schriften gehören nun der US-Regierung und sollen bald an das Holocaust | |
Museum in Washington übergeben werden, das sie wissenschaftlich auswerten | |
will. | |
Der Baltendeutsche Alfred Rosenberg wurde 1893 im heutigen Tallinn in | |
Estland geboren und kam 1918 nach München, wo er Bekanntschaft mit Hitler | |
machte. Rosenberg gehörte zum inneren Führungszirkel der NSDAP, | |
organisierte den Kunstraub der Nazis und war Minister für die „besetzten | |
Ostgebiete“. Die Ankläger beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess | |
bezeichneten ihn als „Hitlers Weltanschauungschef“, der „die Lehre des | |
Hasses schuf, die den Anstoß zur Vernichtung des Judentums“ gab. Rosenburg | |
wurde zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet. | |
14 Jun 2013 | |
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