| # taz.de -- Furcht vor Freihandelsabkommen: Bald Chlorhähnchen aus Amerika? | |
| > Umweltschützer warnen: Das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA könnte | |
| > bisher verbotene Lebensmittel in Europa erlauben. | |
| Bild: Nah am Menschen und am Tier: Barack Obama kocht Hühnchen | |
| BERLIN taz | Mit Chlor desinfiziertes Hähnchenfleisch, geklonte Rinder und | |
| mehr gentechnisch veränderte Lebensmittel – all das drohe den europäischen | |
| Verbrauchern wegen des angestrebten Freihandelsabkommens der EU mit den | |
| USA. | |
| Das fürchtet ein Bündnis aus 22 Nichtregierungsorganisationen (NGO), das | |
| sich gegen die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten ausspricht. „Mit | |
| der geplanten Marktöffnung sind alle Errungenschaften des europäischen | |
| Verbraucherschutzes in Gefahr“, sagte Bernd Voß, Vorsitzender der | |
| Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die Teil des Bündnisses ist. | |
| EU-Kommission und US-Regierung versprechen sich von dem Abkommen mehr | |
| Handel und neue Arbeitsplätze. Die offiziellen Verhandlungen sollen Anfang | |
| Juli beginnen. Momentan stehen beide Handelspartner für fast die Hälfte der | |
| weltweiten Wirtschaftsleistung. US-Präsident Barack Obama warb am Montag | |
| auf dem G-8-Gipfel in Nordirland für das Abkommen, auch während seines | |
| Deutschlandbesuchs ab Dienstag in Berlin wird es Thema sein. | |
| Das NGO-Bündnis fürchtet, dass sich die EU in den Gesprächen verpflichtet, | |
| ihre teils höheren Verbraucherschutz-, Umwelt- und Sozialstandards auf | |
| US-Niveau zu senken. Das würde es amerikanischen Firmen erleichtern, nach | |
| Europa zu exportieren. | |
| Dass die unterschiedlichen Regeln beiderseits des Atlantiks das wichtigste | |
| Thema der Verhandlungen sein werden, räumt die EU-Kommission auf ihrer | |
| Internetseite selbst ein. Schließlich verlange die EU schon jetzt im | |
| Schnitt nur 5,2 Prozent Zoll auf Importe, die Vereinigten Staaten 3,5 | |
| Prozent. „Der regulatorische Bereich ist der, wo das größte wirtschaftliche | |
| Potential dieser Handels- und Investitionsverhandlungen liegt“, heißt es. | |
| Ausdrücklich nennt die Kommission Regeln für Gesundheit und Hygiene bei | |
| Lebensmitteln und technische Handelsbarrieren, verspricht aber auch, keine | |
| Standards abzusenken, um Handel und Investitionen zu fördern. | |
| ## Geheimverhandlungen müssen gestoppt werden | |
| Doch daran haben die Nichtregierungsorganisationen starke Zweifel. „Die | |
| Erfahrungen mit Freihandelsabkommen haben gezeigt, dass man sich meist auf | |
| den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt“, sagt Lutz Weischer, Vizesprecher | |
| des Bundesarbeitskreises Internationale Umweltpolitik beim Verband BUND. | |
| Beispiel Gentechnik: Die Kommission versichert, dass die EU nicht zum | |
| Import von US-Produkten aus Gentech-Pflanzen gezwungen werde, schränkt das | |
| Versprechen aber sofort ein: „Es könnte jedoch möglich sein, die | |
| Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen zu | |
| vereinfachen“. | |
| Was die Kommission dabei genau vorhat, ist unklar. Denn das | |
| Verhandlungsmandat, das ihr die EU-Regierungen am Freitag erteilt haben, | |
| ist geheim. Wäre es öffentlich, würden die USA die komplette | |
| Verhandlungsstrategie der Europäer kennen und zu weniger Zugeständnissen | |
| bereit sein, so die Begründung. | |
| Peter Fuchs von der globalisierungskritischen Organisation PowerShift hält | |
| das für falsch. Dank ihrer Geheimdienste würden die USA das Mandat ohnehin | |
| kennen. Die Intransparenz erleichtere es aber, Wirtschaftsinteressen | |
| durchzusetzen, ohne dass die Zivilgesellschaft dagegen rechtzeitig | |
| mobilisieren kann. Fuchs’ Fazit: „Schon aufgrund der fundamental | |
| undemokratischen Natur solcher Geheimverhandlungen müssen sie sofort | |
| gestoppt werden.“ | |
| Deutschland würde einer Studie zufolge weniger als andere EU-Staaten vom | |
| dem geplanten Abkommen profitieren. Das reale Pro-Kopf-Einkommen könnte | |
| sich hierzulande langfristig um 4,7 Prozent erhöhen, hieß es in einer am | |
| Montag veröffentlichten Untersuchung des Ifo-Instituts für die | |
| Bertelsmann-Stiftung. Im EU-Schnitt wären es rund 5 Prozent, wobei | |
| Großbritannien mit fast 10 Prozent den größten Vorteil hätte. Größter | |
| Gewinner wären allerdings die USA mit einem Zuwachs um 13,4 Prozent. | |
| Verlierer wären die Entwicklungsländer, deren Handelsvolumen zurückgehen | |
| würde. | |
| 18 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
| ## TAGS | |
| USA | |
| EU | |
| Barack Obama | |
| Freihandel | |
| USA | |
| USA | |
| US-Wirtschaft | |
| USA | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Transantlantisches Handelsabkommen: Neue Rechte für Konzerne geplant | |
| EU-Vertreter sollen bei den Verhandlungen mit den USA ein Sondergericht für | |
| Investoren durchsetzen. Dies besagt ein geheimes Dokument. | |
| Forscher über transatlantischen Handel: „Greencards für alle Europäer“ | |
| Die Verhandlungen zur Freihandelszone zwischen Europa und Amerika sind | |
| eröffnet. So könnten mehr Arbeitsplätze und höhere Gewinne entstehen, sagt | |
| Josef Braml. | |
| STAATSBESUCH: 24 Stunden im Ausnahmezustand | |
| Barack Obama besucht Berlin erstmals als US-Präsident. Für die Berliner | |
| bedeutet das eine Menge Einschränkungen. Ihm zujubeln dürfen sie auch | |
| nicht. | |
| Entwurf von Freihandelsabkommen: EU offen für US-Kommerz | |
| Das geplante Freihandelsabkommen mit den USA soll fast alle Lebensbereiche | |
| umfassen. Nur die hoch subventionierte Landwirtschaft bleibt ausgenommen. | |
| Neues Freihandelsabkommen: Transatlantischer Konsumwahn | |
| Die USA und die EU wollen den größten Markt der Welt mit 800 Millionen | |
| Kunden schaffen. Für die Europäer bedeutet das weniger Verbraucherschutz. |