# taz.de -- EU-Grenzwerte für Autoabgase: Merkel verteidigt Blockadehaltung | |
> Die Kanzlerin ist in der Defensive, nachdem sie beim EU-Gipfel eine | |
> Abstimmung über Abgaslimits gestoppt hat. Die Opposition spricht von | |
> Lobbyismus. | |
Bild: Weiter Vollgas: Die Verschärfung der CO2-Höchstwerte für Abgasspucker … | |
BERLIN/BRÜSSEL dpa/afp | Im Streit um EU-Klimaschutzvorgaben für Autos hat | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Blockade der Bundesregierung | |
verteidigt. „Wir haben uns in der Tat dafür eingesetzt, dass die Abstimmung | |
[...] nicht stattgefunden hat“, bestätigte Merkel am Freitag nach dem | |
EU-Gipfel in Brüssel. | |
Der Ausschuss der Botschafter der 27 EU-Staaten hätte eigentlich am | |
Donnerstag über einen bereits am Montag erzielten Kompromiss zu | |
CO2-Auflagen für Autos abstimmen sollen. Die Einigung der Unterhändler sah | |
vor, dass die CO2-Höchstgrenze für den Durchschnitt der Flotte jedes | |
Autobauers in der Zeit von 2015 bis 2020 von 120 auf 95 Gramm sinkt. | |
Bis 2025 sollen die Grenzen noch strenger werden. Schon diese Zahlen waren | |
ein Kompromiss, der aber den deutschen Herstellern schwerer Limousinen noch | |
zu weit ging. | |
„Wir haben die Ergebnisse der Verhandlungen sehr kurzfristig bekommen“, | |
sagte Merkel in Bezug auf den am Montag erzielten Kompromiss. „Es geht hier | |
um die Gemeinsamkeit von umweltpolitischen Zielen und industriepolitischen | |
Zielen und da geht es auch um Beschäftigung“, betonte Merkel. „Und deshalb | |
brauchen wir Zeit um das Ganze zu prüfen und zu bewerten und zu überlegen, | |
was wir dann tun. Und um diese Zeit haben wir gebeten und deshalb hat die | |
Abstimmung nicht stattgefunden.“ | |
## Neuverhandlungen frühestens im Herbst | |
Die Kanzlerin mache "Lobbyarbeit für die Konzerninteressen von Daimler, BMW | |
und Volkswagen", sagte die Chefin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Renate | |
Künast. "Das ist skandalös." | |
Merkels Taktik sei "nicht nur umweltpolitisch kontraproduktiv, sie ist auch | |
wirtschaftsfeindlich, weil sie Innovationen in sparsame Fahrzeuge | |
ausbremst", führte Vorstand Eberhard Brandes aus. "Die Bleifußkanzlerin | |
hintertreibt den Klimaschutz", teilte der WWF Deutschland mit. | |
Greenpeace-Verkehrsexpertin Franziska Achterberg warf Merkel vor, | |
"demokratische Prozess zu kidnappen und andere Regierungen einzuschüchtern, | |
um einige wenige Luxusauto-Hersteller zu hätscheln". Die Rechnung müssten | |
alle Autofahrer zahlen, egal welchen Wagen sie führen. | |
Laut Vize-Regierungssprecher Georg Streiter werde es voraussichtlich im | |
Herbst Nachverhandlungen mit Brüssel geben. "Es ist keine Absage, sondern | |
eine Verschiebung." Es gelte unverändert, dass auch der europäische | |
Verkehrssektor seinen Beitrag zu den ambitionierten Klimaschutzzielen | |
leisten müsse. | |
## Kroatien könnte Mehrheitsverhältnisse kippen | |
"Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine faire Lösung, die den | |
Besonderheiten der deutschen Automobilindustrie Rechnung trägt", | |
unterstrich Streiter. Die deutschen Autobauer seien ein Innovations- und | |
Wachstumsmotor für ganz Europa. | |
Mit der Verschiebung der Abstimmung kann Berlin die Einführung der | |
strengeren Regeln erheblich hinausschieben, wenn nicht ganz verhindern. | |
Nach derzeitiger Gemengelage hätte Deutschland laut Diplomaten nicht genug | |
Unterstützung, um eine Verabschiedung zu blockieren. Doch abgestimmt wird | |
nun erst unter der Ratspräsidentschaft Litauens, die am 1. Juli beginnt. | |
Dann ist Kroatien als 28. EU-Mitglied mit an Bord - und gemeinsam mit den | |
Kroaten könnten die Deutschen eine Sperrminorität zusammenbringen, sagte | |
ein weiterer Diplomat. | |
SPD und Grüne warfen Merkel vor, sich längst von der Klima- zur | |
Autokanzlerin gewandelt zu haben. Der ökologische Verkehrsclub VCD sprach | |
von einem "unglaublich arrogantem Verhalten" der Regierung zugunsten der | |
"Dinosaurier der Autoindustrie". | |
28 Jun 2013 | |
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