# taz.de -- Internationale Justiz: Ex-Präsident des Tschad in Haft | |
> Hissène Habré soll 22 Jahre unbehelligt im Senegal gelebt haben. Ihm | |
> werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. | |
Bild: Flüchtlinge kehren zurück in Tschads Hauptstadt N'Djamena (Archivbild 2… | |
COTONOU taz | Er wird gerne als der Pinochet von Afrika bezeichnet. Als so | |
grausam galt die achtjährige Herrschaft von Hissène Habré, der von 1982 bis | |
1990 Präsident im Tschad war. In diesen Jahren sollen, so kritisiert die | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), mindestens 1.208 | |
politische Gegner, die inhaftiert waren, ums Leben gekommen sein. Darüber | |
hinaus hat sie 1.2321 weitere Namen all jener verzeichnet, die Opfer von | |
massiven Menschenrechtsverletzungen geworden sein sollen. Die Dunkelziffer | |
der Namenlosen, die gefoltert wurden, dürfte noch weit höher liegen. Es | |
gibt Schätzungen, die von bis zu 40.000 Opfern ausgehen. | |
Dennoch hat der heute 70-jährige Habré, der 1990 schließlich gestürzt | |
wurde, 22 weitere Jahre ziemlich unbehelligt im senegalesischen Exil | |
gelebt. Forderungen, ihn endlich verhaften zu lassen, gab es zwar seit | |
Jahren. Mehrfach hieß es: Die Aussichten seien gut und man stehe kurz vor | |
einer Festnahme und der Auslieferung. | |
## Festnahme dürfte mit Obamas Besuch zusammenhängen | |
Doch in Almadies, dem Nobelviertel der Hauptstadt Dakar, geschah nichts. | |
Erst am Sonntag klickten die Handschellen. Seitdem befinde sich Hissène | |
Habré, so berichten senegalesische Medien, an einem unbekannten Ort – | |
freilich nicht ganz ohne Protest: „Das ist nicht akzeptabel. Habrès Rechte | |
sind verletzt worden“, wird einer seiner Anwälte vom privaten Radiosender | |
RFM zitiert. | |
Dass Hissène Habré ausgerechnet jetzt, nach 22 Jahren, verhaftet worden | |
ist, dürfte vor allem mit dem Besuch des US-Präsidenten Barack Obama | |
zusammenhängen. In der vergangenen Woche trat er nach einem Blitzbesuch in | |
Ghana im Jahr 2009 seine erste richtige Afrika-Reise an. Am Tag nach seiner | |
Ankunft im Senegal, seinem ersten Reiseland, soll er betont haben, die USA | |
würden die sogenannte Chambres africaines extraordinaires – ein im Februar | |
gegründetes Gremium zur juristischen Aufarbeitung der Habré-Verbrechen – | |
unterstützen. Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte die US-Regierung | |
ein Schreiben, in dem es sehr eindringlich hieß: Habré muss für seine | |
mutmaßlichen Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden. | |
## Machtwechsel im Senegal begünstigte den Schritt | |
Geholfen hat dabei aber wohl auch der politische Machtwechsel im Senegal. | |
Unter dem Expräsidenten Abdoulaye Wade, der zwölf Jahre lang Staatschef | |
war, geschah nichts in Sachen Verhaftung. Dabei hatte er den Auftrag, Habré | |
festnehmen zu lassen. Denn im Jahr 2005 hatte Belgien einen internationalen | |
Haftbefehl erlassen. Ein Opfer des Habré-Regimes aus dem Tschad hatte in | |
Belgien geklagt. Doch die senegalesische Regierung reagierte nicht. | |
Begründet haben soll Wade das Verhalten damals unter anderem mit fehlenden | |
Ressourcen, berichtet der Radiosender RFM. Der im März 2012 gewählte neue | |
Präsident Macky Sall befürwortete jedoch die Pläne, die sogenannte Chambres | |
africaines extraordinaires zu gründen. | |
Bis Hissène Habré nun aber tatsächlich der Prozess gemacht wird, werden | |
noch einige Monate vergehen. Im Moment wird nicht damit gerechnet, dass das | |
Verfahren vor 2014 – möglicherweise erst im Jahr 2015 – beginnt. Nach der | |
Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag vom Juli | |
2012 muss Habré entweder ausgeliefert oder im Senegal vor Gericht gestellt | |
werden. | |
1 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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