# taz.de -- Studie über Rechtsextremismus: „Man gibt den Kümmerer“ | |
> Einer Studie zufolge nehmen rechtsextreme Angebote in sozialen Netzwerken | |
> zu. Besonders perfide: manchmal tun sie so, als seien sie gegen Neonazis. | |
Bild: Die meisten rechtsextremen Inhalte ließen sich entfernen, sagt die BPB. | |
BERLIN taz/epd | Coole Musik, flotte Sprüche, ästhetische Bilder: Neonazis | |
verbreiten ihre Propaganda immer stärker in sozialen Netzwerken im | |
Internet, und das oft getarnt.Für das Jahr 2012 verzeichnet die | |
Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) beunruhigende Entwicklungen bei | |
rechtsextremen Aktivitäten im Netz: Neonazis steigen von statischen | |
Webseiten auf dynamische, soziale Medien um, die eine wesentlich höhere | |
Reichweite haben. | |
In [1][der Studie], die jährlich erscheint, stellt die BPB zusammen mit | |
jugendschutz.net Beobachtungen aus ihrer Arbeit gegen Neonazis im Netz vor. | |
Demzufolge sind rechtsextreme Angebote auf Plattformen wie Facebook, | |
Twitter und Youtube im Vergleich zu 2011 von 3.600 auf 5.500 gestiegen. Und | |
das sind nur die bekannten Seiten – wie hoch die Dunkelziffer ist, bleibt | |
unklar. | |
In diesem Umfeld präsentieren Neonazis ihre Inhalte eher versteckt, während | |
sie vordergründig jugendliche Themen wie Musik oder Lifestyle ansprechen. | |
„Diese Inhalte verbreiten sich schnell in Kreisen, die mit der | |
rechtsextremen Szene eigentlich nichts zu tun haben“, so Stefan Glaser, | |
Leiter der Abteilung Rechtsextremismus bei [2][jugendschutz.net]. Selbst | |
die Hochwasser-Katastrophe hätten die Rechtsextremen für sich zu nutzen | |
versucht, etwa durch Spendensammlungen. „Man mischt sich unter's Volk, gibt | |
den Kümmerer“, sagt Glaser. | |
Zuweilen gäben sie sogar vor, sich gegen Neonazis zu stellen. Besonders | |
hebt Glaser hier die „Identitäre Bewegung“ hervor, die sich als „100% | |
Identitär, 0% Rassistisch“ bezeichne – gleichzeitig aber den Erhalt der | |
„ethnokulturellen Identität“ Deutschland zum Ziel hat. Die Gruppe ist | |
jedoch noch immer auf Facebook zu finden, da sie laut Glaser keine explizit | |
rechtsextremen Inhalte verbietet: „Ohne offensichtliche Strafbarkeit können | |
wir auch keine Löschung erwirken. Gleichzeitig verbreiten sich solche | |
niedrigschwellig rassistischen Inhalte viel schneller weiter als als | |
offener Rechtsextremismus.“ | |
## Rassismus als Satire deklariert | |
Ein weiteres Problem seien satirische Seiten, die unter das Gesetz der | |
Meinungsfreiheit fallen und deshalb auch trotz offenbar rassistsicher | |
Aussagen durch Facebook nicht gelöscht werden. Um dem zu begegnen sei | |
politische Aufklärung für junge Menschen nötig, kommentiert Thomas Krüger, | |
Präsident der BPB, die Ergebnisse der Studie. Grundsätzlich arbeite man | |
aber mittlerweile sehr gut mit den Anbietern zusammen und könne die | |
Löschung 90% aller gefundene Inhalte erwirken. | |
Die Jugendschützer entdeckten dabei allerdings auch ein neues Problem: | |
Durch die effektive Löschung rechtsextremer Inhalte auf Facebook oder | |
Youtube wenden sich Rechtsextreme zunehmend an Netzwerke im Ausland. | |
Momentan werde vor allem das russische soziale Netzwerk namens VKontakte | |
von vielen Neonazis genutzt. Hier wollen Glaser und seine Mitarbeiter bei | |
jugendschutz.net nun gezielt auf internationale Zusammenarbeit setzen, ein | |
direkter Kontakt zu VKontakte sei auch schon hergestellt. | |
9 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bpb.de/presse/164904/neonazis-im-social-web-zunehmend-aggressiv-… | |
[2] http://jugendschutz.net/ | |
## AUTOREN | |
Katharin Tai | |
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