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# taz.de -- Polizeigewalt in der Ukraine: Marsch für die Gerechtigkeit
> Schwerste Misshandlungen und Folter durch Polizisten sind an der
> Tagesordnung. Jetzt protestieren die Bürger direkt in der Hauptstadt
> Kiew.
Bild: Aktivisten protestieren in Kiew gegen die Vergewaltigung einer Frau aus d…
BERLIN taz | Rund 100 Demonstranten haben sich am Donnerstagmittag in der
ukrainischen Hauptstadt Kiew vor dem Innenministerium versammelt und
lautstark den Rücktritt des Amtsinhabers Witalij Zachartschenko gefordert.
Auslöser der Protestaktion, die am Nachmittag auf dem Unabhängigkeitsplatz
im Zentrum Kiews fortgesetzt werden sollte, ist der Fall der 29-jährigen
Irina Kraschkowa aus dem Dorf Wradijewka im Gebiet Nikolajew, rund 300
Kilometer von Kiew entfernt.
Die junge Frau war am 27. Juni mehrfach vergewaltigt und schwer verletzt in
ein Krankenhaus eingeliefert worden. Des Verbrechens dringend verdächtig
sind zwei Polizisten sowie ein Taxifahrer. Während der Taxifahrer sowie
einer der beiden Polizisten unverzüglich festgenommen wurden, blieb der
zweite Ordnungshüter zunächst auf freiem Fuß. Er wurde erst in Gewahrsam
genommen, nachdem aufgebrachte Dorfbewohner die örtliche Polizeiwache
gestürmt und versucht hatten, diese anzuzünden.
Mittlerweile sind mehrere führende Vertreter der Polizei und der
Staatsanwaltschaft des Gebietes Nikolajew vom Dienst suspendiert. Doch
damit geben sich die Bewohner von Wradijewka nicht zufrieden. Vor zehn
Tagen machte sich eine Abordnung zu Fuß auf den Weg nach Kiew, um „den
Protest in die Hauptstadt zu tragen“, wie es hieß.
Schwerste Misshandlungen und Folter auf Polizeiwachen, die mitunter auch
tödlich enden, sind in der Ukraine an der Tagesordnung. Oft sind es
finanzielle Gründe, die die chronisch unterbezahlten Polizisten zu
willkürlichen Festnahmen veranlassen. Die vermeintlichen Delinquenten
werden dann so lange traktiert, bis Verwandte bereit sind, sie gegen Geld
auszulösen. Hinzu kommt, dass die beteiligten Polizisten nur in den
seltensten Fällen juristisch zur Verantwortung gezogen werden.
## Strukturreform gefordert
Sowohl einheimische als auch internationale Menschenrechtsorganisation
fordern bereits seit Jahren eine grundlegende Strukturreform der Polizei.
Das sieht auch Mykola Palamarschuk, Abgeordneter der Oppositionspartei Udar
(„Schlag“), die den Protest unterstützt, so. „Weder das Innenministerium
noch unser Regierungschef verstehen, dass die Polizei ein Spiegel der
Staatsmacht ist. Und dieser Spiegel ist dreckig. Die Polizei ist verfault
und sie ist eine Gefahr für die Gesellschaft geworden“, sagt er.
Staatspräsident Wiktor Janukowitsch reagierte bislang verhalten auf die
Proteste. Dafür preschten aber Abgeordnete seiner Regierungspartei, Partei
der Regionen, vor. Sie forderten, Übergriffe auf Polizisten künftig mit
härteren Strafen zu ahnden. Das dürfte die aufgebrachten Gemüter alles
andere als beruhigen. Die Abordnung aus Wradijewka hat bereits angekündigt,
in Kiew ausharren zu wollen.
18 Jul 2013
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Ukraine
Folter
Vergewaltigung
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Protest
Kyjiw
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Antarktis
Prostitution
Homosexuelle
Ukraine
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