# taz.de -- Drogenkrieg in Mexiko: Kampf gegen Kartelle eskaliert | |
> Zwei rivalisierende Drogenkartelle kämpfen um die Kontrolle im | |
> mexikanischen Bundesstaats Michoacán. Bürgerwehren organisieren sich. Die | |
> Polizei ist überfordert. | |
Bild: Im westmexikanischen Bundesstaat patroulliert auch das Militär. | |
MEXIKO-STADT ap | Michoacán im Westen Mexikos ist vor allem bekannt für die | |
Produktion von Avocados. Jetzt setzen die neu aufflammenden blutigen Kämpfe | |
der Drogenkartelle und Bürgerwehren in dem Bundesstaat den mexikanischen | |
Präsidenten Enrique Peña Nieto zunehmend unter Druck. | |
Kurz nach der spektakulären [1][Festnahme des Drogenbarons] Miguel Ángel | |
Treviño Morales vom Zetas-Kartell Mitte Juli wurde die Regierung von Peña | |
Nieto mit der traurigen und blutigen Realität des faktischen Kriegszustands | |
mit dem Drogenkartell, das sich „Tempelritter“ nennt, konfrontiert. | |
Mit einer massiven und offenbar abgestimmten Folge von Anschlägen und | |
Hinterhalten lockte die Gruppe die mexikanische Bundespolizei wiederholt in | |
die Falle. Am Dienstag starben zwei Polizisten und 20 Aufständische, | |
Mittwoch wurden mindestens weitere fünf Polizisten verwundet. | |
Peña Nieto hatte vor zwei Monaten Tausende Soldaten in die Krisenprovinz | |
verlegen lassen, was von den Bewohnern auch zunächst begrüßt wurde und sie | |
dazu bewog, ihre eigenen Waffen niederzulegen. Aber die Ruhe währte nur | |
kurz. | |
## Drogenkartelle konkurrieren mit der Staatsmacht | |
Die tiefe örtliche Verwurzelung des Drogenkartells und seine erwiesene | |
Gewaltbereitschaft könnte das Ende bedeuten für Peña Nietos Bemühungen, die | |
Drogenkriminalität in Mexiko wirksam zu bekämpfen. „Sie treten der | |
Staatsmacht auf Augenhöhe entgegen“, sagt der Drogenkartellexperte Edgardo | |
Buscaglia von der Columbia-Universität über die „Tempelritter“. | |
In vielen Gegenden von Michoacán verkörperten sie das Gesetz und nicht der | |
mexikanische Staat. „Es gibt ein Machtvakuum in Teilen Mexikos, und das | |
wird von den Drogenkartellen besetzt“, sagt der Fachmann. | |
Die Staatsmacht hält an ihrem Plan fest, die Kartelle zurückzudrängen, | |
allerdings ist nicht ganz klar, wie sie das anstellen will. Der | |
Regierungschef des Bundesstaats Michoacán, Jesus Reyna, bleibt auch nach | |
den Ereignissen dieser Woche überzeugt: „Wir wissen, dass wir auf dem | |
rechten Weg sind, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen, auch wenn es | |
nicht einfach wird“. | |
Bisher hat sich Peña Nieto noch nicht recht von der Strategie seines | |
Vorgängers Felipe Calderón bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität | |
emanzipieren können. In Michoacán kämpfen die „Tempelritter“ gegen | |
Bürgerwehren, und die aus dem Nachbarstaat Jalisco stammende Drogenmafia | |
„Nueva Generación“ versucht, mehr und mehr Einfluss zu gewinnen. | |
Dabei gelten die „Tempelritter“ nicht nur als Drogenkartell, sondern sie | |
geben sich auch noch einen pseudoreligiösen Anstrich. Die „Nueva | |
Generación“ dagegen will nur Drogengeschäfte machen und kritisiert die | |
„Tempelritter“ für ihre Entführungen und Erpressungen. | |
## Hilflosigkeit der Polizei | |
Die Bürgerwehren versuchen, die Aufgaben der hilflosen Polizei zu | |
übernehmen und nennen sich auch so: „Gemeindepolizei“. Bei den immer wieder | |
aufflackernden Gewaltexzessen spielen sie eine zunehmend wichtige Rolle. | |
Erst am Mittwoch eroberten rund 40 Vermummte mit Sturmgewehren die | |
Polizeistation der Stadt Aquila in Michoacán. Die Kämpfer trugen T-Shirts | |
mit einschlägigen Parolen der Bürgerwehr. Auch in einigen Städten des | |
Nachbarstaats Jalisco haben Bürgerwehren die Polizeigewalt an sich | |
gerissen. | |
„Jeden Tag gibt es bewaffnete Aufstände“, sagt Regulo Hernandez Chávez von | |
der Stadtverwaltung in Aquila. Mit Gewalt wolle man zunächst nicht | |
antworten, sagt er: „Wir versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen“. | |
## Rivalisierende Drogenkartelle | |
Gleichzeitig versucht das Kartell „Nueva Generación“, sich vom Ruch der | |
Mafia zu befreien und hetzt gegen die „Tempelritter“. | |
Im Mai veröffentlichte die „Nueva Generación“ ein Propagandavideo, in dem | |
es mit Hinweis auf die „Tempelritter“ hieß: „Wir entführen und erpressen | |
keine Menschen, deshalb fordern wir Präsident Peña Nieto auf, uns in Ruhe | |
zu lassen und uns unsere Geschäfte machen zu lassen“. | |
Die Dreistigkeit der „Nueva Generación“ regt den Wissenschaftler Buscaglia | |
auf: „Sie tun so, als seien sie die mexikanische Regierung“, sagt er. Sie | |
würden allen Ernstes fordern, dass der Staat die „Tempelritter“ bekämpfe, | |
um ungestört ihren eigenen Drogendeals nachzugehen. | |
26 Jul 2013 | |
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