| # taz.de -- Julian Assange macht Wahlkampf: Alle sollen mitmischen | |
| > Bei den anstehenden Wahlen in Australien tritt Assange mit seiner neuen | |
| > WikiLeaks-Partei an. In einem Video erklärt er, warum. | |
| Bild: Die Welt ist nicht genug: Julian Assange in seiner Videobotschaft. | |
| BERLIN taz | „Die Menschen sind eine leichte Beute für Zeitungen und die | |
| Menschen, denen die Blätter gehören“, sagt Julian Assange in einer | |
| Videobotschaft, die am Freitag auf der Internetseite WikiLeaks-Partei | |
| eingestellt wurde. In neun Minuten erklärt er, warum die australische | |
| Medienlandschaft aus seiner Sicht dringend aufgemischt werden muss. Doch | |
| Mitstreiter seiner Partei, die am Donnerstag in Melbourne den Beginn der | |
| Wahlkampagne gefeiert haben, wollen sich auch gegen den Klimawandel und für | |
| eine humanere Asylpolitik einsetzen. | |
| Den Kerngedanken hinter der Gründung der WikiLeaks-Partei formuliert | |
| Assange in seiner Botschaft so: „Wir können das politische System benutzen, | |
| um das System der Medien zu verändern um dadurch das politische System umso | |
| intensiver zu gestalten.“ Denn neben konkreten politischen Inhalten geht es | |
| Assange in seiner Video-Botschaft um eine neue Form der Mitmach-Demokratie. | |
| „Wir leben in einer Mediokratie, in der das politisch Mögliche definiert | |
| wird durch die Medienlandschaft“, sagt er. Ginge es nach ihm, solle jeder | |
| Australier zum Schöpfer von informativen Inhalten werden. Darum wolle er | |
| einen Fonds schaffen, aus dem neue und nicht gewinnorientierte Medien- aber | |
| auch Musikprojekte finanziert werden können. Jeder Australier solle dort | |
| ohne große bürokratische Hürden Geld beantragen können. | |
| Dadurch soll die Medienlandschaft auf dem fünften Kontinent diversifiziert | |
| werden. Zur Zeit seien in Australien sechzig Prozent der großen Medien in | |
| der Hand des Medienzars Rupert Murdoch. Schaue man auf die Zeitungen, seien | |
| die Zahlen noch alarmierender: 98 Prozent der in Australien zirkulierenden | |
| Blätter gehörten nur drei Medienhäusern. Konkret fordert Assange, dass die | |
| Nachrichtenanbieter [1][ABC] und [2][SBS] nicht privatisiert werden dürfen, | |
| auch nicht Teile der Konglomerate. | |
| ## Elitäre Kandidaten, elitäre Wähler | |
| Bei einer Liveschaltung aus der ecuadorianischen Botschaft in London zur | |
| Kampagneneröffnung nach Melbourne um drei Uhr morgens britischer Zeit, | |
| beschrieb Assange die Mitglieder seiner Partei als „nicht politisch“. Unter | |
| den Mitgliedern seien viele Akademiker, zitiert ihn der [3][Guardian]. | |
| „Diese Leute brauchen wir“, sagte Assange, um die schlechten Politiker dazu | |
| zu zwingen, ehrlich zu bleiben. | |
| Mit seiner Partei solle der „investigative Journalismus“ Einzug in den | |
| australischen Senat erhalten. Diese gut gebildeten Parteimitglieder | |
| verstünden, wie die Politik funktioniert und könnten die Regierung dazu | |
| zwingen, „Rechenschaft“ für ihre Aktivitäten abzulegen. | |
| Als ähnlich elitär beschreibt Assange in seiner Videobotschaft auch die | |
| Unterstützer seiner Partei: Die jungen Menschen von heute seien die „am | |
| besten gebildete Generation, die die Welt je gesehen hat“. Und eben in | |
| dieser Gruppe sei die Unterstützung für seine Partei überdurchschnittlich | |
| hoch. Einer bereits im April veröffentlichten [4][Umfrage] zufolge, die | |
| anlässlich der Anmeldung der WikiLeaks-Partei zu den Wahlen im Spätsommer | |
| gemacht wurde, würden 26 Prozent der Australier die Partei wählen. | |
| Ironischerweise ist es der Wahlguru des Senders | |
| ABC[5][http://www.abc.net.au/], den Assange ja vor der Privatisierung | |
| retten möchte, der der WikiLeaks-Partei in einem [6][Blogbeitrag] eine | |
| verschwindend geringe Aussicht auf Erfolg bei den Wahlen zugesteht. So | |
| schrieb Antony Green im Dezember 2012, das die Chancen auf den Einzug in | |
| den Senat für die WikiLeaks-Partei „verschwindend gering“ sei. | |
| ## Kritik aus den eigenen Reihen | |
| Doch was passiert, wenn die Partei wirklich gewählt wird? Während der | |
| Liveschaltung sagte Assange, er hoffe, dass sich die „Situation mit den USA | |
| und England“ bis dahin geklärt habe. Im Guardian wird jedoch auf die | |
| anhaltenden diplomatischen Probleme des WikiLeaks-Gründers verwiesen, der | |
| seit mehr als einem Jahr in der ecuadorianischen Botschaft an der Themse | |
| lebt. Es sei gut möglich, dass Assange bei einem guten Wahlausgang immer | |
| noch in London sei und für ihn die Nummer Zwei der [7][WikiLeaks-Partei], | |
| Leslie Cannold, in den australischen Senat einziehe. Die Kandidatin hat | |
| sich laut der Internetseite der Partei auf medizinische Ethik | |
| spezialisiert. | |
| Ein anderer Kandidat ist Suresh Rajan, der als Ökonom und | |
| Menschenrechtsaktivist vorgestellt wird. Eine weitere Mitstreiterin ist | |
| Alison Broinowski, die laut ihrem Profil auf der Internetseite der Partei | |
| 1963 beim „Australian Foreign Service“ eingestiegen ist und in Ländern wie | |
| Iran, Burma oder Südkorea tätig gewesen ist. | |
| Doch kritische Einschätzungen kommen nicht nur vom ABC-Wahlexperten Antony | |
| Green. Hinter vorgehaltener Hand munkeln Strategen der WikiLeaks-Partei | |
| laut dem Guardian, dass es beim Urnengang am wahrscheinlichsten sei, | |
| Stimmen von grün orientierten Wählern zu gewinnen. Um diese aber nicht zu | |
| verschrecken, müsste sich die Partei von der anrüchigen WikiLeaks-Plattform | |
| allerdings distanzieren – und damit von niemand anderem als ihrem | |
| Spitzenkandidaten Julian Assange. | |
| Ein genaues Datum für die Wahl gibt es noch nicht. Laut der | |
| [8][australischen Wahlkommission] müsse noch ein Termin zwischen Anfang | |
| August und Ende November festgelegt werden. | |
| 26 Jul 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.abc.net.au/ | |
| [2] http://www.sbs.com.au/ | |
| [3] http://www.guardian.co.uk/media/2013/jul/25/assange-not-enough-wikileaks-win | |
| [4] http://www.smh.com.au/federal-politics/political-news/polls-positive-for-wi… | |
| [5] http://www.abc.net.au/ | |
| [6] http://blogs.abc.net.au/antonygreen/2012/12/what-chance-of-julian-assange-b… | |
| [7] http://www.wikileaksparty.org.au/candidates/ | |
| [8] http://www.aec.gov.au/faqs/Elections.htm | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Kohn | |
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