# taz.de -- Kommentar Matthias Platzeck: Versöhnen statt spalten | |
> Pragmatisch wie die Kanzlerin hat er regiert. Mit Platzecks Rücktritt | |
> verlässt einer der letzten Protagonisten der DDR-Wende die aktive | |
> Politik. | |
Bild: Haben viel gemeinsam: Angela Merkel und Matthias Platzeck. | |
Wahrscheinlich ist kein Sozialdemokrat im politischen Stil Angela Merkel so | |
ähnlich wie er. Matthias Platzeck hat als Ministerpräsident in Potsdam so | |
regiert, wie man es der Kanzlerin nachsagt: getreu der Direktive „besser | |
sowohl als auch als entweder oder“. Er ist auch beim Anhang der politischen | |
Konkurrenz populär, weil er wie Merkel fast immer konsensual regierte. | |
Wie sie kommt auch Platzeck ohne berufsbedingte Deformationen aus, jene | |
Allüren und Gesten der Bedeutsamkeit, die eher im westdeutschen | |
Politikbetrieb wuchern. Sein Ende als Ministerpräsident passt in dieses | |
Bild: Ein Abgang aus Vernunft, die Gesundheit geht vor. | |
Es ist typisch für Platzecks hemdsärmeligen Stil, dass er in Brandenburg | |
erst mit der dort manchmal rechtsdrehenden, manchmal auch nur | |
irrlichternden CDU regierte und nach der Wahl 2009 zur Linkspartei | |
wechselte. | |
Einige nahmen ihm krumm, dass er diesen Wechsel ohne großformatige | |
Begründung betrieb. Zu Unrecht. Denn dieser Wechsel war kein politischer | |
Reißschwenk. Rot-Rot bedeutete nicht, dass Platzeck Protagonist einer | |
linkserneuerten SPD werden wollte. Dieser Wechsel war einfach praktisch, | |
weil die Linkspartei der verlässlichere, auch bequemere Partner zu sein | |
schien. | |
## Das Postideologische perfektioniert | |
Kurzum: Platzeck hat das Postideologische, das auch Merkels Markenzeichen | |
ist, perfektioniert. Kein Wunder, dass er mit dem rechtskonservativen | |
Bundeswehrgeneral und CDU-Mann Jörg Schönbohm ebenso auskam wie mit dem | |
Ex-SED-Kader und heute moderaten Linksparteipolitiker Heinz Vietze. | |
Zu diesem pragmatischen Politikertypus gehört auch ein bis an die Grenze | |
des Opportunismus unsentimentales Verhältnis zur eigenen Geschichte. Dass | |
Platzeck 1990 als Umweltaktivist in die Politik kam, sieht man Brandenburg, | |
ein Hort industrieller Landwirtschaft und des Braunkohleabbau, schmerzhaft | |
wenig an. | |
Ist dieser Rücktritt eine Zäsur? Ja, allerdings weniger für Brandenburg. | |
Dort wird Rot-Rot erst mal gemütlich und geräuscharm weiterregieren, | |
zumindest bis zur Wahl 2014. Es ist aber ein Symbol für eine Veränderung | |
des politischen Personals der Republik. Mit Platzeck geht nicht nur der | |
einzige ostdeutsche Ministerpräsident, der manchmal in nationalen Debatten | |
mitmischte. Er ist neben der grünen Katrin Göring-Eckart der letzte | |
Spitzenpolitiker, der aktiv die DDR-Revolution von 1989 betrieb. Etwas wird | |
fehlen. | |
29 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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