# taz.de -- Kinder und iPads: Rumdrücken und Drauftatschen | |
> Im Ausland eröffnen erste iPad-Schulen – und hier gibt es kaum | |
> Bildungsprogramme mit neuen Medien. Schadet es Kindern, wenn sie früh auf | |
> Tablets wischen? | |
Bild: Diorellys und Daniels Tochter ist drei und hat ihr eigenes iPad. | |
Es klickt angenehm leise beim Entriegeln, und man kann es auf den Kopf | |
stellen oder auf die Seite oder schütteln, ohne dass es vergisst zu tun, | |
was es soll. Unglaublich lässig, wie die Finger über das iPad streichen und | |
Apps öffnen, versetzen, zittern lassen können. Es wischt sich so leicht – | |
man berührt, um zu aktivieren, fast wie ein Lichtschalter – dass es von | |
Kleinkindern bedient werden kann. Und zunehmend von ihnen bedient wird. | |
In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden in Deutschland fast so | |
viele Tablets wie Laptops verkauft. 17 Prozent der Kinder zwischen zwei und | |
fünf Jahren wissen laut Statistischem Bundesamt, wie eine App funktioniert. | |
In den USA sind es dreißig Prozent. In den Niederlanden eröffnen diesen | |
Monat erste Steve-Jobs-Schulen, die auf Klassenzimmer und Ferien | |
verzichten. Lehrer, Kind und Eltern einigen sich stattdessen auf | |
Lernperioden, für die das einzig nötige Utensil ein iPad ist. | |
Apps wälzen. Wissen sammeln, wenn ich mich danach fühle: Die | |
Amerikanisierung unserer Bildung? | |
„The Touch-Screen Generation“ nannte die Autorin Hanna Rosin ihren | |
[1][Artikel] im April, für den sie sich an die vielen Drei-, Vier- und | |
Fünfjährigen erinnerte, die sie bei einem Kongress beobachtet hatte, auf | |
dem Apps für Kinder vorgestellt wurden. „Die waren nicht unten am Strand, | |
um mit ihren Händen im Sand zu buddeln oder moosige Steine nachzufahren“, | |
schreibt sie. „Sie waren alle hier drin, allein oder in Zweier-, | |
Dreiergruppen, ihre Gesichter wenige Zentimeter von einem Bildschirm | |
entfernt“. | |
Diorellys und ihr Mann Daniel, von ihnen erzählt die Ganze Geschichte | |
„Wischiwischi“ in der taz.am wochenende, sind ehrgeizige Eltern. Ihre | |
Kinder wachsen dreisprachig auf; der Plan, Apple zur Corporate Identity | |
ihrer Erziehung zu machen, stand lange fest: Sie sollten mit Spielen und | |
Hörbüchern lernen. Daniel, der im Internet mit Apple-Produkten handelt, | |
flog 2010 extra in die USA, um seinem Sohn Allen eines der ersten iPads zu | |
kaufen. Mittlerweile kommt auf jedes der fünf Familienmitglieder eines. | |
Erst, nachdem sich Allen bei einer ärztlichen Untersuchung in der Kita | |
extrem verschüchtert zeigte und im Anschluss eine Psychologin besuchte, | |
ging seinen Eltern auf, dass er vielleicht zu viel Zeit mit einem Touchpad | |
und zu wenig auf dem Spielplatz verbrachte. | |
Tablets und ihre Lernprogramme sind noch nicht lange genug auf dem Markt, | |
als dass abzusehen wäre, wie effektiv sie Wissen vermitteln – oder ob sie | |
der Entwicklung von Kindern vielleicht eher schaden. | |
„Eltern“, sagt jedenfalls Martin Grunwald, Haptikforscher in Leipzig, | |
„flippen vor Begeisterung fast aus, weil ihre Kleinstkinder intuitiv eine | |
Technologie beherrschen, die sie selbst gerade erst kennengelernt haben.“ | |
Bemerkenswert findet er höchstens, wie unbekümmert ihnen die Geräte | |
überlassen werden. Sonst lerne doch jedes Kind, auf Dinge, die es haben | |
möchte, zu zeigen – und sie anzutippen. Der Mensch erschließe sich die | |
Welt, indem er sie fühlt. | |
Was meinen Sie? Lernen Kinder leichter mit Tablets? Gefährden sie ihre | |
Entwicklung? Oder finden Sie, die Diskussion ist dem deutschen | |
Kulturpessimismus geschuldet: Die bloße Angstreaktion auf eine neue | |
Technik, die auf dem Markt ist – und die es in ähnlicher Form auch schon | |
beim Walkman, der Playstation und dem Tamagotchi gab? Diskutieren Sie mit! | |
Wir freuen uns auf Ihre Meinung. | |
2 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.theatlantic.com/magazine/archive/2013/04/the-touch-screen-genera… | |
## AUTOREN | |
Annabelle Seubert | |
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