# taz.de -- Berliner Wasserbetriebe: Yzers Vertragsbruch | |
> Der Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe hat die Zahl der | |
> Vorstandsmitglieder reduziert – und damit den Einfluss des Landes | |
> gemindert. | |
Bild: Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). | |
CDU-Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer hat als Aufsichtsratsvorsitzende der | |
Wasserbetriebe eine Bestimmung in den Wasserverträgen gebrochen und damit | |
den Einfluss des Landes auf das Unternehmen gemindert. Als Berlin im Jahr | |
1999 die Hälfte des Unternehmens verkaufte, ließ es in Paragraf 9.5 des | |
Konsortialvertrages festschreiben: Der Vorstand der Wasserbetriebe soll aus | |
vier Personen bestehen, und das Land Berlin darf zwei davon vorschlagen. Im | |
April hat der Aufsichtsrat allerdings beschlossen, den Vorstand von vier | |
auf drei Personen zu verkleinern. | |
In dieser Woche gab die Wirtschaftsverwaltung auf taz-Anfrage erstmals | |
bekannt, was das für das Vorschlagsrecht bedeutet: Das Land Berlin hat in | |
Zukunft nur noch das alleinige Vorschlagsrecht für eines der drei | |
Vorstandsmitglieder. | |
Der Vorstand ist dafür zuständig, die Wasserbetriebe „in eigener | |
Verantwortung nach kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung | |
gemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte“ zu leiten – so steht es im Berliner | |
Betriebe-Gesetz. Der Aufsichtsrat trifft sich nur alle drei Monate, der | |
Vorstand ist für das gesamte operative Geschäft zuständig. Im Jahr 2012 | |
erhielten die Vorstandsmitglieder 1,1 Millionen Euro, jeder einzelne | |
Vorstand verdiente also im Schnitt doppelt so viel Geld wie der Regierende | |
Bürgermeister. | |
Eine Verkleinerung des Vorstands ist in den Wasserverträgen nicht | |
vorgesehen. Der Aufsichtsrat hat mit seiner Entscheidung also den Vertrag | |
gebrochen. Laut der Schiedsvereinbarung zu dem Vertrag entscheidet bei | |
Streitigkeiten „ein Schiedsgericht unter Ausschluss der staatlichen | |
Gerichte“. Dazu bräuchte es allerdings einen Kläger. Veolia profitiert als | |
verbliebener privater Anteilseigner von der neuen Regelung und hat kein | |
Interesse, dagegen vorzugehen. Das Land Berlin wird das wohl ebenfalls | |
nicht machen. | |
Ein Sprecher der Wirtschaftsverwaltung teilte der taz mit, „dass Frau | |
Senatorin Yzer als Aufsichtsratsvorsitzende den Beschluss mitgetragen hat“. | |
Es erscheint unwahrscheinlich, dass das Land vor dem Schiedsgericht gegen | |
den Beschluss der Senatorin vorgeht. Und die Kunden der Wasserbetriebe sind | |
vor dem Schiedsgericht nicht antragsberechtigt. | |
„Damit geht die Einflussnahme des Landes auf die Wasserbetriebe faktisch | |
gegen null“, kritisiert der Berliner Wassertisch in einer Mitteilung. | |
„Obwohl Veolia nach dem Rückkauf der RWE-Anteile weniger als ein Viertel | |
der BWB-Anteile besitzt, hat der private Konzern jetzt alle Zügel zur | |
Steuerung der Wasserbetriebe in der Hand.“ SPD und CDU würden „immer | |
unverfrorener die Interessen von Veolia bedienen auf Kosten der Bürger“, | |
sagt Wassertisch-Sprecher Wolfgang Rebel. | |
Beim letzten Vorstandswechsel im Jahr 2009 nahm der damals rot-rot geführte | |
Senat noch sein Vorschlagsrecht in Anspruch. Das Land Berlin nominierte | |
Georg Grunwald, der Aufsichtsrat beschloss diese Personalie dann auch. | |
Im April hat der Aufsichtsrat Grunwald wieder abberufen. Grund für die | |
Verkleinerung des Vorstands sei das Programm NEO (Nachhaltige effiziente | |
Optimierung), „das Effizienzsteigerungen zum Ziel hat“, so Yzers Sprecher | |
Alexander Dennebaum. Das Land werde in Zukunft nur noch das alleinige | |
Vorschlagsrecht für eines der drei Vorstandsmitglieder haben. „Bei der | |
Besetzung des Vorstands der Berliner Wasserbetriebe geht es nicht um die | |
Vertretung von Gesellschafterinteressen, sondern um die professionelle | |
operative Führung des Unternehmens entsprechend der strategischen Vorgaben | |
der Aufsichtsgremien“, erklärt Dennebaum. | |
Es ist unklar, wer im Aufsichtsrat bei der Entscheidung mit Yzer gestimmt | |
hat. Eine Sprecherin von Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär in der | |
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, teilt mit: „Wir geben natürlich | |
keine Auskunft über Abstimmungsverhalten in Aufsichtsräten.“ Ein Sprecher | |
von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) bittet darum, „sich in Fragen | |
im Zusammenhang mit Sitzungen des Aufsichtsrats der Wasserbetriebe an die | |
Vorsitzende des Gremiums, Frau Senatorin Yzer, zu wenden“. Die lässt die | |
Frage aber unbeantwortet: „Frau Yzer hält sich an die Vertraulichkeit von | |
Aufsichtsratssitzungen“, teilt ihre Sprecherin Petra Diroll mit. | |
Das Land verhandelt derzeit mit Veolia über den Rückkauf der restlichen | |
Anteile an den Wasserbetrieben, die SPD treibt das Geschäft voran. Wenn der | |
Rückkauf gelingt, darf Berlin auch wieder allein über den Vorstand | |
bestimmen. Andernfalls bleibt der Einfluss reduziert. | |
15 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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