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# taz.de -- Doping und Fussball: Der Präsident will seine Ruhe
> Allenfalls mit Alibi-Aktionen treibt der DFB den Kampf gegen Doping
> voran. Das hat Tradition im Fußball-Verband. Doch nun steht der DFB unter
> Druck.
Bild: Muskulöse Fußballerbeine können auch von intensivem Training zeugen
BERLIN taz | Immer wieder musste sich der organisierte Fußball zuletzt dem
Thema Doping stellen. Das sind Fußballer nicht gewohnt. Bislang waren
Dopingfragen ein Tabuthema, standen in Medienschulungen der Profis nicht
auf dem Lehrplan.
„Ich kann mir schon vorstellen, dass es Sachen gibt. Auch im Fußball“,
sprach Maxim Choupo-Moting, Stürmer beim FSV Mainz 05, ungewohnt offen über
den Sinn von Doping im Fußball in die laufenden Kameras des
Südwestrundfunks. Ihm sei selber noch nichts angeboten worden, aber er
könne sich Dopingmittel vorstellen, die „gerade in Ausdauer und Kraft“
helfen.
Neben Choupo-Moting saß Wolfgang Niersbach. Diese Antwort gefiel ihm nicht.
„Die Mannschaftsärzte sind so sensibilisiert bei diesem Thema“, versuchte
der Präsident des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) das Thema wegzumoderieren.
Über 20.000 Dopingkontrollen habe es schon im deutschen Fußball gegeben.
Davon nur 21 positive Fälle. Und er ärgere sich über die
Medienberichterstattung: „Es tritt bei dieser Thematik keine Ruhe ein, dass
man sagt: Jetzt ist alles getan.“
Wolfgang Niersbach müsste genau wissen, warum keine Ruhe einkehrt. Nach
seinem Amtsbeginn im DFB, damals in der Funktion als Pressesprecher, führte
der Verband mit der Saison 1988/89 reichlich spät die ersten
Dopingkontrollen im deutschen Fußball ein.
„Bewegung kam erst in die Sache, als Toni Schumacher sein Buch ’Anpfiff'
veröffentlicht und für einen Riesenskandal gesorgt hat“, sagt Erik Eggers.
Der Journalist und Sporthistoriker wirkte an der aktuell viel diskutieren
Studie über Doping in Westdeutschland mit. In der Studie finden sich
zahlreiche Fußballbezüge. Darunter ist auch ein Dokument, das die damals
vorherrschende Einstellung des DFB unterstreichen soll.
## Der DFB verweigerte lange Kontrollen
Im Jahr 1979 verweigerte DFB-Generalsekretär Hans Paßlack in einem
Schreiben an den Bundesausschuss Leistungssport die Einführung von
Dopingkontrollen in seiner Sportart: „Die Rahmenrichtlinien des Deutschen
Sportbundes zur Bekämpfung des Dopings sind keine Vorschriften mit
rechtsverbindlicher Wirkung für die Spitzenfachverbände und ihre Vereine“,
heißt es da.
Drei Jahrzehnte später existieren Dopingkontrollen in den Wettbewerben und
seit 1995 auch im Training. Doch wer seine Leistung manipulieren will, kann
dies weiterhin tun. Das belegt allein ein Blick auf die Zahlen. Der DFB
testet in insgesamt 13 Spielklassen. Das sind schätzungsweise 5.000
Spieler. Laut dem Nada-Jahresbericht wurden im vergangen Jahr nur 1.644
Urinproben genommen. Die Fußballer in Deutschland werden im Schnitt nur
alle drei Jahre nach einem Spiel kontrolliert.
Im Training liest sich die Quote noch düsterer. Hier kontrolliert die Nada
– im Wettbewerb stellt der DFB eigene Chaperons – exakt 500-mal pro Jahr.
Die Neuigkeit in dieser Saison, die am Montag mit der Vertragsunterschrift
besiegelt wurde: „Es wird bei rund 15 Prozent der gesamten
Trainingskontrollen Bluttests geben“, teilt eine Nada-Sprecherin der taz
auf Nachfrage mit.
Das wären in etwa 75 Blutkontrollen für fast 1.000 Spieler in den ersten
beiden Ligen. Der Großteil der Blutkontrollen dürfte bei Nationalspielern
vorgenommen werden. Alle anderen Spieler haben somit kaum etwas zu
befürchten, zumal sie ohnehin nur während der offiziellen Trainingszeiten
getestet werden.
## Beratung über Blutkontrollen in Wettbewerben
Andere Mannschaftssportarten in Deutschland sind weiter. Der
Deutsche-Hockey-Bund (DHB) hat im Juli sämtliche Dopingkontrollen in die
Hände der Nada gelegt. „Wir haben uns für den aus unserer Sicht
intelligenteren Weg entschieden“, sagt Nicole Grigat.
Für die Antidopingbeauftragte des DHB sei es wichtig gewesen, die
Kontrollabläufe im Verband zu vereinheitlichen. Im DHB wurden im Jahr 2012
etwa 200 Sportler kontrolliert. Beim DFB wurden mehr als zehnmal so viele
Athleten getestet, aber die Kontrollquote sieht beim DHB dennoch besser
aus.
Auf die Kritik der letzten Tage am Kontrollsystem reagierte jetzt der DFB,
indem er mitteilen ließ, dass er in der nächsten Sitzung der
Anti-Doping-Kommission immerhin über eine Einführung von Blutkontrollen in
Wettbewerben beraten will. Nur unter großem Druck dürfte der DFB den
nächsten kleinen Schritt im Kampf gegen Doping gehen. Wieder einmal.
16 Aug 2013
## AUTOREN
Jonathan Sachse
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Fußball
Deutscher Fußballbund (DFB)
Doping
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