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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Sie haben Wachs in den Ohren
> Hinweise auf Doping gab es auch im Fußball. Da hätten alle Alarmglocken
> anspringen müssen. Doch der DFB ließ das lieber alles unter den Tisch
> fallen.
Bild: Die Frage ist, wie der Deutsche Fußball-Bund mit den kickenden Dickblüt…
Lance Armstrong hatte von Natur aus eher dünnes Blut. Sein normaler
Hämatokritwert lag bei etwa 41. Das heißt: In seinem Blut schwammen gar
nicht so viele rote Blutkörperchen, die den so wichtigen Sauerstoff
transportieren.
Neben seinem Willen, der Beste zu sein, war sein recht niedriger
Hämatokritwert ein Wettbewerbsvorteil. Denn Armstrong konnte sich mit Epo
schwungvoll herandopen an den Grenzwert von 50, sprich: sein Blut dicker
machen. Erheblich mehr Sauerstoff kam dann in den Muskeln des US-Radlers
an.
Nun ist es so, dass jeder Radsportler, bei dem ein Wert über 50 gemessen
wird, pausieren muss. Das hat gesundheitliche Gründe: Wenn das Blut zu dick
wird, kann es passieren, dass das Herz die zähe Masse nicht mehr in
Bewegung halten kann.
Viele Radsportler sind vor allem Anfang der Neunziger an
Epo-Überdosierungen gestorben, meist nachts im Schlaf. Von Fußballern, die
tot in Hotelzimmern gefunden worden, ist nichts bekannt, und doch
beschäftigt man sich dieser Tage mit dem dicken Blut von Fußballspielern.
Der DFB-Arzt Tim Meyer hat 2011 eine Studie im International Journal of
Sports Medicine veröffentlicht, zusammen mit Steffen Meister. Titel:
„Routine blood parameters in elite soccer players“.
Die Autoren haben Bundesligaprofis Blut abgezapft und unter anderem den
Hämatokritwert ermittelt. Acht Hämatokrit-Abweichungen haben die Autoren
bei 467 Spielern gemessen, also Werte über 50. Der höchste Hämatokritwert
lag bei 54,9.
„Wir hätten Radsportler mit diesen Zahlen geköpft. Ausdauersportler werden
mit Schutzsperren belegt, zum Schutz vor ihrem eigenen Doping. Der Fußball
verschließt die Augen“, hat der Dopingexperte Fritz Sörgl jetzt zu diesen
Zahlen gesagt.
## Augen zu und durch
Die Frage ist, wie der Deutsche Fußball-Bund mit den kickenden Dickblütern
umgegangen ist. Hat er Ermittlungen eingeleitet? Wurde die Nada informiert?
Mussten die betroffenen Spieler pausieren?
Nein, nichts von alledem ist augenscheinlich passiert.
Meyer bestätigte lediglich, die Werte „unter Wahrung der notwendigen
Diskretion und Schweigepflicht zeitnah an die Vereinsärzte übermittelt zu
haben“. An die Schweigepflicht hat sich dann auch der Verband gehalten, der
ja schon den Dopingforschern von der Berliner Humboldt-Uni den Weg zu den
DFB-Archiven versperrt hatte.
Das alles hat einen starken Hautgout. Schwaden dieses strengen Geruchs
ziehen sich durch alle Etagen des Profifußballs. Bislang konnte die
Fußballszene noch immer den Großverdacht auf andere Sportarten lenken. Im
Zweifelsfall argumentierte man dreist, Doping im Fußball bringe nichts.
## Komplexe Sportart
Nebenbei bemerkt: Fußballer rennen im Spiel 12 Kilometer – und das soll
dann kein Ausdauersport sein? Auch Tim Meyer ist offensichtlich ein Freund
dieser Schutzbehauptung. In einem Interview, das der DFB auf seiner
Homepage veröffentlicht hat, eiert er herum: „Fußball ist eine komplexe
Sportart.
Ausdauer spielt natürlich auch eine Rolle, aber nicht die führende, und
steht aber nach unserem Dafürhalten im Bereich des Dopings nicht im
Vordergrund.“
O mein Gott, möchte man da ausrufen und Meyers ärztliche Kompetenz
anzweifeln.
Sicherlich, ein Hämatokrit-Wert von 54,9 ist vielsagend, doch ein
Dopingbeweis ist er noch nicht, weil dem ja vielleicht eine seltene
genetische Ursache zugrunde liegt. Er lässt aber die Alarmglocken
schrillen.
Was in anderen Verbänden zu hektischer Betriebsamkeit und vielleicht sogar
zu Presseerklärungen geführt hätte, das lässt der Fußballbund locker unter
den Tisch fallen. Im DFB hat man offenbar Wachs in den Ohren.
3 Sep 2013
## AUTOREN
Markus Völker
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