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# taz.de -- Jurist über ein Anti-Doping-Gesetz: „Immer einen Anreiz, zu dope…
> Christoph Frank, Vorsitzender des Deutschen Richterbunds, plädiert dafür,
> Doper vor Gericht zu bringen. Auch die Fixierung auf Medaillen müsse
> aufhören.
Bild: „Wenn alle das gleiche Mittel in der gleichen Dosis nehmen, wäre der W…
taz: Herr Frank, ist Doping heute strafbar?
Christoph Frank: Derzeit muss ein Sportler, der sich selbst dopt, nur mit
sportrechtlichen Konsequenzen rechnen, er macht sich jedoch nicht strafbar.
Nach dem Arzneimittelgesetz sind aber zum Beispiel Ärzte und Trainer
strafbar, die Athleten dopen. Für alle ist seit 2007 der Besitz von
Dopingmitteln in „nicht geringer Menge“ strafbar.
Soll der dopende Sportler künftig bestraft werden?
Die Sportverbände waren lange Zeit dagegen, weil hier der Staat in die
Autonomie des Sports eingreife und ihr eigenes Kontrollsystem ausreiche.
Diese Position wird sich nach meiner Überzeugung nicht mehr durchhalten
lassen. In der Bevölkerung ist die Forderung nach einem sauberen Sport
äußerst populär. Die Politik wird diese Grundstimmung in der kommenden
Wahlperiode vermutlich aufgreifen. Ich finde ein Anti-Doping-Gesetz auch
aus juristischer Sicht durchaus vertretbar, wenn klar ist, welche
Rechtsgüter geschützt werden sollen und andere Mittel nicht greifen
Soll der Staat denn künftig jedes unmoralische Handeln bestrafen?
Sicher nicht. Das Strafrecht muss Ultima ratio – letztes Mittel – bleiben.
Es darf nicht zur Durchsetzung bloßer Moralvorstellungen benutzt werden.
Ein strafrechtliches Dopingverbot für Sportler würde aber anerkannte
Rechtsgüter schützen: die Gesundheit der Athleten und den wirtschaftlichen
Wettbewerb im Profisport. Als weiteres Rechtsgut kommt der Fairnessgedanke
im Sport noch hinzu.
Beginnen wir bei der Gesundheit: Müssen denn die Sportler wirklich vor sich
selbst geschützt werden? Es gibt doch keine Pflicht zum gesunden Leben.
Das nicht. Aber es gibt auch kein unbeschränkbares Recht auf
Selbstschädigung. Deshalb ist auch der Besitz von Drogen zum Eigengebrauch
strafbar.
Um das Vermögen der Profisportler zu schützen, genügt da nicht die
Strafbarkeit des Betrugs?
Nein. Betrug ist im Strafrecht definiert als Täuschung, die zu einer
Vermögensverfügung führt und einen Vermögensschaden verursacht. Wenn aber
alle Teilnehmer der Tour de France dopen, dann weiß jeder, was läuft, und
keiner wird getäuscht. Bei den konkurrierenden Sportlern fehlt auch eine
Vermögensverfügung.
Wird deshalb versucht, Doping als Betrug am eigenen Rennstall zu bestrafen?
Ja. Der Radfahrer Stefan Schumacher steht genau deshalb gerade in Stuttgart
vor Gericht. Er soll seinen Rennstall Team Gerolsteiner über sein Doping
getäuscht und sich damit hohe Gagen erschlichen haben. Er behauptet aber
vehement, dass der Rennstall gewusst haben muss, dass er dopt.
Sie glauben, dass Stefan Schumacher am Ende freigesprochen wird?
Dazu kann ich mich von außen nicht äußern. Aber der Tatbestand eines
Dopingbetrugs, der bereits die heimliche Manipulation von Sportereignissen
unter Strafe stellt, wäre in solchen Fällen sicher eine große Hilfe.
Wenn alle Sportler dopen, ist dann überhaupt jemand benachteiligt?
Wenn alle das gleiche Mittel in der gleichen Dosis nehmen, wäre der
Wettbewerb vielleicht noch gewährleistet. Aber Sportler, die dopen, machen
das ja nicht nur, um die Zuschauer wie im Zirkus mit außergewöhnlichen
Leistungen zu erfreuen. Das Doping dient doch in erster Linie dazu, den
Wettbewerb zu manipulieren und besser zu sein als die Konkurrenten. Es gibt
also immer einen Anreiz, mehr und cleverer zu dopen als andere. Die
Freigabe von Doping kann daher nie zu fairen Wettkämpfen führen.
Die Fairness im Sport halten Sie auch für ein schützenswertes Rechtsgut.
Warum?
Der Sport hat eine große Bedeutung in unserer Gesellschaft. Sportler sind
Vorbilder, im Sport lernen Kinder und Jugendliche, sich anzustrengen,
Regeln zu beachten, fair zu sein. Doping beschädigt den Sport und seine
wertbildende Kraft in anderen Lebensbereichen.
Sollen nur Profisportler wegen Doping bestraft werden oder auch Amateur-
und Breitensportler?
Das ist die derzeit politisch umstrittene Frage bei der Schaffung eines
Anti-Doping-Gesetzes. Die bayerische Landesregierung und die
SPD-Bundestagsfraktion wollen jeden bestrafen, der Dopingmittel besitzt –
auch den Freizeitsportler. Baden-Württemberg beschränkt sich in seinem
Gesetzentwurf dagegen auf den Berufssport.
Was finden Sie besser?
Beides lässt sich gut begründen. Die Gesundheitsgefahren im Amateursport
sind vermutlich sogar höher als im Spitzensport mit seiner individuellen
ärztlichen Betreuung. Auch der Fairnessgedanke spielt dort eine besondere
Rolle. Wenn aber der gesamte Breitensport einbezogen werden soll, dann
müssten Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte entsprechend besser
ausgestattet werden. Ich bezweifle, dass der Wille hierzu besteht.
Ist der Staat überhaupt glaubwürdig im Kampf gegen Doping?
Wenn er es sein will, sollte er auch sein Sportförderungssystem auf den
Prüfstand stellen. Bisher bekommen diejenigen Sportverbände am meisten
Geld, die am meisten Medaillen holen. So werden Leistungen honoriert, die
in vielen Sportarten realistischerweise nur mit Hilfe von Doping erzielt
werden können. Wer den Kampf gegen Doping wirklich ernst meint, der muss
auch diesen Wertungswiderspruch auflösen.
28 Sep 2013
## AUTOREN
Christian Rath
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Doping
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Fußball
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Doping
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