# taz.de -- Kommentar Syrien: Besonnenheit ist keine Schwäche | |
> Die bisherige Zurückhaltung der deutschen Parteien war gut. Nun müssen | |
> alle Alternativen jenseits eines Militärschlages ausgelotet werden. | |
Bild: Trümmer, Tod und Zerstörung: Überleben in Aleppo. | |
Der Reflex ist menschlich. Mehr noch: Wer beim Anblick der vielen | |
ermordeten syrischen Kinder nicht den Impuls verspürte, sofort einschreiten | |
zu wollen, dem ist die Menschlichkeit abhandengekommen. Umso beruhigender, | |
dass zumindest bislang die Parteien sich nicht dazu hinreißen ließen, aus | |
diesen Gefühlen Gewinn zu schlagen. | |
Es war ein gutes Zeichen, wie besonnen zumindest bislang sämtliche Parteien | |
argumentierten und einstimmig mahnten, zunächst die Untersuchungsergebnisse | |
der UN-Kommission zum mutmaßlichen Giftgaseinsatz abzuwarten. Dass | |
Westerwelle im Falle eines positiven Ergebnisses nun auch „ernsthafte | |
Konsequenzen“ fordert, lässt aufhorchen. | |
Und unabhängig von der Urheberschaft muss die Frage, wie die | |
Zivilbevölkerung vor dem nächsten Anschlag geschützt werden kann, endlich | |
in den Vordergrund gerückt werden. | |
Es sind nur noch knapp vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Die Parteien | |
haben naturgemäß das Interesse, sich nun in ihren Unterschiedlichkeiten zu | |
profilieren. Dass sie das in puncto Syrien unterlassen haben, zeugt von | |
Verantwortung. Hoffentlich bleibt das so. Und hoffentlich nutzen sie ihre | |
militärische Zurückhaltung, um Szenarien zu entwickeln, wie der syrischen | |
Bevölkerung zu helfen ist. | |
Egal, wie sehr andere Länder oder auch Journalisten danach rufen, eine | |
etwaige Militäraktion seitens der Nato zu unterstützen: Wie immer müssen | |
die Argumente für ein militärisches Eingreifen ganz eindeutig stärker sein | |
als die der Kriegsgegner. Gefühle, die Bilder von toten Kindern auslösen, | |
dürfen nicht den Ausschlag geben. | |
Zudem wissen wir, dass kurzfristige militärische Erfolge keine langfristige | |
Verbesserung der Situation für die betroffenen Menschen bedeuten müssen. | |
Gerade jetzt, wo die Region so leicht entzündbar ist, müssen mit allen | |
Mitteln Alternativen zum Militärschlag ausgelotet werden. Welche | |
Möglichkeiten gibt es, mit entsprechender infrastruktureller Unterstützung | |
zu helfen – den Leuten vor Ort genauso wie den Flüchtlingen? | |
Es ist auch durchaus denkbar, dass Deutschland in der extrem angespannten | |
Situation zwischen den USA und Russland eine besondere Mittlerrolle | |
zukommt. Auch das darf nicht durch schnelle kernige Sätze aufs Spiel | |
gesetzt werden. Es gibt Situationen, in denen es geboten ist, keine klare | |
Kante zu zeigen. | |
27 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
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