| # taz.de -- Werbespots von CDU und SPD: Nicht so nah, Angela! | |
| > In den gänzlich humorlosen TV-Wahlkampfspots von Union und SPD zeigt sich | |
| > eines: In der Politik lässt sich Authentizität nicht vermitteln. | |
| Bild: Die Plakate hängen, die Werbespots laufen. Der Wahlkampf kann losgehen, … | |
| BERLIN taz | Man kann sich schon vorstellen, wie das gelaufen ist in der | |
| Werbeagentur Blumberry, die den Wahlkampf der CDU gestaltet. Die Kanzlerin | |
| mal ganz nah! Close-up! Schnitte, Schwenks, Kamerafahrten auf das Gesicht! | |
| Das war die Idee. Eine schlechte Idee. Denn wer die Grenzen der politischen | |
| Wirkung von Merkel aufzeigen will, hat es mit den TV-Werbespot für ihren | |
| Wahlkampf eindeutig geschafft. | |
| [1][In dem anderthalbminütigen TV-Film] sitzt Merkel die meiste Zeit in | |
| einem schwarzen Sessel und gibt Grundsätzliches von sich: „Es gibt Momente, | |
| da steht viel auf dem Spiel. In der Eurokrise zum Beispiel. Oft betreten | |
| wir Neuland. Als Kanzlerin treffe ich Entscheidungen für unser Land, für | |
| die Menschen in Deutschland … ich muss sicher sein, dass wir auch das | |
| Richtige tun.“ | |
| Das Problem bei dem anderthalbminütigen Auftritt ist nicht nur die | |
| plätschernde Gitarrenmusik im Hintergrund – wie in der Wellnessabteilung | |
| eines Ostseehotels. Das Problem ist genau die körperliche Nähe: Die Kamera | |
| fährt ganz nah ran, macht einen Schwenk über Merkels Gesicht, geht in | |
| Nahaufnahme an ihre Hände, die sie theatralisch übereinanderlegt. Nur sagt | |
| das alles nichts aus. Und Merkel ist eine schlechte Schauspielerin. Das | |
| fällt erst recht auf, wenn ihr Gesicht im Close-up eine nachdenkliche Pose | |
| einnehmen soll, das Kinn auf die Fingerspitzen gestützt. | |
| Vor allem aber: So von ganz nah will man die Kanzlerin eigentlich gar nicht | |
| sehen. Auch nicht, wenn die Perspektiven in ruckartigen Schnitten wechseln, | |
| so als wolle man irgendwie den Eindruck eines privaten Films erwecken. | |
| Merkel wirkt medial ja nicht durch Nähe, sondern durch Ferne, ja sogar | |
| durch eine gewisse Unsichtbarkeit im Innenpolitischen. Wer Merkel im | |
| Stillen schätzte, weil sie draußen in der Welt herumturnt, aber das | |
| Schlimmste abzuwenden scheint von Deutschland in der Eurokrise, der fühlt | |
| sich entzaubert durch den Werbespot. | |
| ## "Gute Arbeit und neue Ideen" | |
| Die optische Leere, die der Film mit dem Herumfuhrwerken über Merkels | |
| Gesicht verbreitet, verbindet sich unselig mit den Plattheiten, die die | |
| deutsche Regierungschefin in die Kamera spricht. „Ich will, dass wir auch | |
| in Zukunft gemeinsam erfolgreich sind. Durch gute Arbeit und neue Ideen.“ | |
| Nur einmal senkt die Kanzlerin die Stimme, als warne sie vor dem bösen | |
| Wolf: „Höhere Steuern, mehr Belastungen, das wäre nicht gut für | |
| Deutschland.“ Man muss diese Frau nicht wählen. | |
| [2][Die SPD geht mit ihrem ebenso humorlosen TV-Werbespot] genau den | |
| umgekehrten Weg: Bloß nicht zu viel vom Kandidaten zeigen, stattdessen | |
| lieber ran an die Wähler, indem man diese selbst in Szene setzt. Die | |
| Agentur „Super J+ K“ zog durch die Lande auf der Suche nach Models „aus d… | |
| Volk“. Ob alleinerziehende Mutter mit dem breiten Tattoo, Handwerker in der | |
| Werkstatt oder Familie auf dem Campingplatz: Sie alle dürfen ans | |
| herbeigeschaffte Rednerpult und ihre Wut äußern – und ihre Wünsche: zu | |
| fehlenden Kindergartenplätzen, Mindestlohn und Renten. | |
| ## Wie bei RTL am Nachmittag | |
| Aus vier Stunden Material habe man die Spots herausdestilliert, heißt es | |
| bei der SPD. Doch die empörten BürgerInnen wirken ein bisschen wie bei RTL | |
| am Nachmittag. Es scheint, als hätten sie die Sätze schon ein bisschen | |
| geübt, bevor sie im Kasten waren. Und warum schert sich eigentlich ein | |
| Handwerker um den Mindestlohn, der doch noch mal eine Stufe unter seinem | |
| Entgelt läge? Und hat die Sächsisch sprechende Alleinerziehende tatsächlich | |
| so ein Problem mit einem Kitaplatz? | |
| Der Mensch im Anzug, der schließlich im SPD-Film vor die Kamera tritt, ist | |
| Kandidat Peer Steinbrück selbst, der erklärt: „Darum will ich Bundeskanzler | |
| werden. Weil in Deutschland etwas aus dem Lot geraten ist. Und es in | |
| unserem Land wieder gerechter zugehen muss.“ Mehr als diese Sätze hat man | |
| ihm offenbar nicht zugetraut. | |
| 27 Aug 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.youtube.com/watch?v=Mk06yfbXQYg | |
| [2] http://www.youtube.com/watch?v=n_VBj__W5-Q | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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