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# taz.de -- Peter Frey über ZDF-Sparmaßnahmen: „Klare Schnitte sind besser�…
> Der ZDF-Chefredakteur erklärt seinen Sanierungskurs und die
> Entscheidungsfindung bei Entlassungen. Er will eine jüngere Generation in
> Verantwortung bringen.
Bild: Gedrückte Stimmung bei den Mainzelmännchen: Nicht alle dürfen bleiben.
Das ZDF schrumpft. Das Sparziel: 75 Millionen Euro – allein beim Personal.
So will es die KEF, die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
Rundfunkanstalten“. Chefredakteur Peter Frey hat bereits erste Formate
gestrichen. Außerdem setzt er auf neue Großredaktionen. Erst hat Frey die
Service-Berichterstattung zusammengelegt, jetzt ZDF Info mit den
Gesellschaftsdokus des Hauptprogramms. Wie die Stimmung im Haus ist, machte
jüngst ein Brandbrief aus der Berliner Dependance des Senders deutlich: Das
ZDF sei „perspektivlos, zynisch, asozial“. Mit anderen Worten: Die Hütte
brennt!
taz: Herr Frey, kurz vor der Bundestagswahl fluchen Ihre Leute im
Hauptstadtstudio: Es bleibe weniger Zeit – zum Nachdenken und um an
Sendungen zu feilen. Leidet die Politikberichterstattung des ZDF?
Peter Frey: Nein. Die täglichen Zulieferungen zu „heute“ und
„heute-journal“, unsere kreative Berichterstattung in „Berlin direkt“,
Dokumentationen aus dem Hauptstadtstudio wie zuletzt die Porträts von
Angela Merkel und Peer Steinbrück sind erstklassiger Journalismus ohne
Qualitätseinbußen. Aber man kann solche massiven Sparforderungen natürlich
nicht ohne Einschnitte erfüllen. Dennoch: Wir werden jede Pressekonferenz
besetzen, die besetzt werden muss.
Trotz all der Kürzungen – wie das?
Zum Beispiel durch die bessere Koordination von Drehs. Der eine muss vom
anderen wissen und auch mal eine Einstellung mitdrehen. Wir schauen uns die
Produktionsweisen von anderen Sendern an und reduzieren Studiomannschaften.
Durch den Umzug des „Auslandsjournals“ vom konventionellen Studio in die
virtuelle Welt sparen wir viel.
Das ZDF wird schlanker?
Es geht um die Überlebensfähigkeit. Das ist ein großes Wort, aber genau das
ist es: Wir müssen unsere Zukunftsfähigkeit sichern, ohne mit finanziellen
Zuwächsen rechnen zu können. Wir haben viele Jahre über Priorisierung
gesprochen. Jetzt sind wir gezwungen, sie umzusetzen.
Übrig bleibt dann nur das Pflichtprogramm?
Nein. Das ZDF ist trotz dieser gewiss schwierigen Situation so innovativ
und erfolgreich unterwegs wie lange nicht. Trotz Sparen ist es uns
gelungen, mit unserem Hauptprogramm Marktführer zu werden. Die
Digitalkanäle florieren, ZDF Info etwa hat seine Marktanteile in zwei
Jahren versechst- bis verachtfacht.
In den digital versorgten Haushalten – und dort speziell bei den unter
50-Jährigen – ist ZDF Info nach ARD und ZDF erfolgreichster
öffentlich-rechtlicher Sender. Es gibt viele Erfolge, aber wir müssen
lernen, über alle Plattformen des ZDF vernetzter zusammenzuarbeiten.
Ein paar Tricks haben Sie ja, um die KEF-Forderungen zu umgehen. „Log in“
wird nun draußen produziert und belastet so nicht mehr Ihren Personaletat.
Geht beim ZDF jetzt Outsourcing in Serie?
Das ZDF muss sich für alle Genres eine Eigenproduktionsfähigkeit erhalten.
Aber wir müssen nicht mehr alles selber machen – bei Dokumentationen etwa
oder auch bei Sportübertragungen. Deshalb haben wir auch die Produktion der
Champions League nach außen gegeben. Aber Nachrichten, Polittalk, Magazin –
das bleibt Kernbereich.
Und die Zusammenarbeit mit der ARD? Da wird ja bei Olympischen Spielen und
Fußballturnieren schon länger hinter den Kulissen Personal und Technik
„gepoolt“. Wenn Sie den Weg konsequent weitergingen, müssten sich ARD und
ZDF nicht komplett abwechseln?
Dann würden aus unseren Vollprogrammen für zwei oder vier Wochen
Sportkanäle. Das geht nicht. Außerdem wäre kein Sender allein dazu in der
Lage, ein Ereignis wie Olympia abzudecken. Das schafft man nur als
Gemeinschaftsanstrengung. Die werden ARD und ZDF 2014 mit Olympia in
Sotschi und bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien noch einmal
intensivieren: Eigene Locations wie in Usedom zur Fußball-EM werden wir uns
auf absehbare Zeit nicht leisten können.
Wie entscheiden Sie eigentlich, wer gehen muss?
Man neigt erst mal dazu, alle Kolleginnen und Kollegen weniger zu
beschäftigen – nicht zuletzt aus Solidarität mit den eigenen Leuten. Wer
seltener im Einsatz ist, verliert aber irgendwann den Kontakt zum Programm.
Für den Sender sind klare Schnitte deshalb meistens besser.
Und wie finden Sie den einen unter vielen?
Indem wir uns jeden einzeln ansehen und schauen, welche Perspektiven er
sonst hat.
Im Journalismus?
Und darüber hinaus.
Weil die Branche nicht mehr alle aufnehmen kann, die in die Medien drängen?
Die Zeiten sind jedenfalls schwieriger geworden. Es ist ja nicht nur das
ZDF, das abbaut. Und während der Journalismus abrüstet, rüstet der
Lobbyismus auf. Das ist ein Problem.
In den nächsten Monaten gehen einige Ihrer wichtigsten Mitarbeiter in den
Ruhestand, darunter Claus Richter von „Frontal 21“. Auch in einigen Studios
im Ausland werden Chefsessel frei. Kurzum: Sie dürfen wieder Stellen
besetzen! Was haben Sie vor?
Das ZDF will eine jüngere Generation in Verantwortung bringen. Programm
wird auch vom Lebensgefühl derjenigen geprägt, die es machen. Wir haben
immer noch nicht genug Frauen in Führungspositionen. Kollegen mit
Migrationshintergrund, die ihre Erfahrungen einbringen, müssen nachrücken
können.
2 Sep 2013
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
ZDF
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