Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Youtube-Sensation Barenghi: Der Gott am Buntstift
> Ein Italiener verzaubert sein Publikum mit fotorealistischen Chipstüten,
> 3D-Täuschungen und „göttlichem Talent“. Ist er der neue Bob Ross?
Bild: Die Assoziation zu M.C. Escher ist hier durchaus gewollt: Marcello Bareng…
Leider legt Youtube nicht offen, wie hoch die Werbeeinnahmen seiner
Channel-Betreiber ausfallen können. Sonst stünde einleitend eine Zahl hier,
die [1][Marcello Barenghis] Einkünfte aus der vergangenen Woche beziffert.
Allein sein Clip, der im Zeitraffer die Entstehung einer leeren Chipstüte
auf Papier zeigt, wurde in neun Tagen fast eine halbe Million mal
angesehen. Für einen Popstar mag das unterdurchschnittlich sein - für einen
Grafiker ist es der Wahnsinn.
[2][Barenghi] zeichnet Alltagsgegenstände wie einen Riegel Snickers, einen
zerknüllten 50 Euro Schein, manchmal auch Wikingerhelme. Kleinformatig, auf
Papier, in Mischtechnik. Die Materialien – Buntstifte, Feinliner,
Filzstifte – stellen keine soziale Barriere dar. Das hat fast jeder zu
Hause und könnte es ihm gleichtun. Wäre da nicht das Handwerk – Marcello
zeichnet hyperrealistisch.
In seinen Videos wird der mehrstündige Arbeitsprozess auf wenige Minuten
verkürzt dargestellt. Das macht ihn transparent und die einzelnen Schritte
nachvollziehbar. Das Publikum ist beeindruckt. Die präzise, dreidimensional
wirkende Darstellung, ob nun fotorealistisch, super- oder hyperrealistisch,
die mit Buntstiften umgesetzt wird, kann ihnen nur eins bedeuten:
göttliches Talent. Oder 800 Jahre Übung. Oder beides. Tatsächlich handelt
es sich hier um solides Handwerk – der Illustrator und Grafiker Barenghi
studierte einst am Polytechnikum Mailand Architektur.
Zu seinen Tätigkeitsfelder zählt neben Illustration, politischer Karikatur
und Comic auch die Kopie. In der Auswahl der kopierten Werke lässt sich der
eigene Anspruch an seine Arbeit ablesen: Jan van Eycks „Arnolfini
Hochzeit“, umwerfend detailgetreu für Eycks Zeitgenossen und uns
Gegenwärtige setzte Barenghi [3][in nahezu identisch in Materialität und
Maßen] um – deutlich anders ist aber der Duktus. Barenghi ist eben kein
Kopist, kein italienischer Konrad Kujau, sondern ein Kind seiner Zeit: So
zählen zu seinen Vorbildern weder die Fotorealisten Chuck Close und
[4][Ralph Goings], sondern Derek Riggs, der wegen seiner Gestaltung der
[5][Albumcover von Bands wie Iron Maiden] bekannt ist.
## Ein Vakuum füllen
Laut Legende malte Barenghis Landsmann und „Meister aller Meister“ Giotto
zum Beweis seines Talents einen vollkommenen Kreis. Alle flippten darüber
völlig aus. Trotzdem verbrachte er den Rest seines Lebens keinesfalls
damit, ausschließlich vollkommene Kreise zu zeichnen. So hält es
hoffentlich auch Barenghi: Er darf sich nicht auf der Begeisterung des
Publikums ausruhen.
Es gibt ein Vakuum, das er füllen könnte: Die Stelle des von allen
geliebten Lehrers, dessen Fehlerfreiheit uns beim Zusehen das Gefühl gibt,
selbst auch ganz toll malen zu können. Bob Ross, verstorbener Kitsch-Papst
und Vorreiter der Tutorial-Kultur aus der Zeit der VHS-Kasette, war so
einer. Er gab dem Publikum Rückhalt und stetige Ermutigung („Es gibt keine
Fehler – seht, der Klecks ist jetzt ein Vogel!“) und [6][pries
ununterbrochen die Schönheit der Natur und die Freude des Malens]. Marcello
Barengi – wir zählen auf Dich!
10 Oct 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/user/marcellobarenghi?feature=watch
[2] http://www.marcellobarenghi.com/
[3] http://3.bp.blogspot.com/-Qn0jHbclTuM/USfHx1UXZII/AAAAAAAAARc/Pv-YvMMAnM8/s…
[4] http://kultur-online.net/files/exhibition/01_Goings_Airstream_1970.jpg
[5] http://derek.server311.com/
[6] http://www.youtube.com/watch?v=FX2AEfZpWT8
## AUTOREN
Donata Kindesperk
## TAGS
Youtube
Malerei
Obelix
Youtube
Schwerpunkt Iran
Marokko
elektronische Musik
Schwerpunkt Iran
## ARTIKEL ZUM THEMA
Legendärer US-Kunsterzieher Bob Ross: Mit ihm war alles möglich
Vor 25 Jahren starb der große Mal-Lehrer Bob Ross. Was er uns beibrachte,
ging weit über das Aufbringen von Farbe auf Untergrund hinaus.
Das neue Abenteuer von Asterix & Obelix: Pop, Tattoos und Kilts
Im 35. Band reisen die Gallier nach Schottland. „Asterix bei den Pikten“
plündert eifrig aus dem eigenen Motivfundus – und macht doch vieles
richtig.
Nachrichten der Youtube-Generation: Politik für „Dudes“ und „Bitches“
Auf dem Kanal „Was geht Ab“ entstehen Nachrichten für die
Youtube-Generation. Das klickt sich nicht so gut wie Kinder-Hitler und
Giftspritzen.
Soziale Medien im Iran: Facebook bald keine Sünde mehr
Die neue iranische Regierung überdenkt die Blockade von Facebook und
Twitter. Widerstand könnte vom einflussreichen Klerus kommen.
Anzeigen wegen Knutschfoto: Schlagen ja, küssen nein
In Marokko wurden drei Jugendliche verhaftet, weil sie auf Facebook eine
Kussszene gepostet haben. Menschenrechtler gehen auf die Barrikaden.
Biotrinker-Vertrieb „Gekko“: Brause von links
Das Kollektiv „Gekko“ versorgt die Alternativen und Angesagten mit
Getränken, die zu ihnen passen. Ohne Selbstausbeutung geht das nicht.
Updates elektronischer Musik: Wie ein Schwamm
Die Produzenten Laurel Halo, Lucrecia Dalt und Oneohtrix Point Never legen
tolle neue Alben vor. Sie etablieren ihren Sound auf der Bühne ohne
Reibungsverluste.
Rohani antwortet Twitter-Mitgründer: Guten Abend, Jack
Darf Irans Bevölkerung überhaupt die Tweets ihres Präsidenten lesen? Das
fragte Twitter-Mitgründer Dorsey Rohani gleich selbst. Der gab sich in
aller Kürze kulant.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.