# taz.de -- Anzeigen wegen Knutschfoto: Schlagen ja, küssen nein | |
> In Marokko wurden drei Jugendliche verhaftet, weil sie auf Facebook eine | |
> Kussszene gepostet haben. Menschenrechtler gehen auf die Barrikaden. | |
Bild: Dürfen geschlagen, aber nicht vor Kameras geküsst werden: Frauen in Mar… | |
RABAT/BERLIN dpa/taz | Der „Tatort“ war eine Straße vor der Oberschule | |
Tarek Ben Ziad in Nador, einer Küstenstadt im Nordosten Marokkos. Hier | |
küssten sich Ende September ein 15-Jähriger Schüler und seine 14-Jährige | |
Freundin. Ein gleichaltriger Freund der beiden hielt die Szene per Kamera | |
fest. Sie landete auf Facebook. | |
Sittenwächter der „Organisation für die Menschenrechte und öffentliche | |
Freiheiten“, einer erzkonservativen regionalen Gruppe, reagierten prompt | |
und erstatteten Anzeige wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Die dr… | |
Teenager sitzen seitdem in Jugendanstalten in Fes und Nador ein. Am Freitag | |
sollen sie einem Jugendrichter vorgeführt werden. Ihnen drohen bis zu zwei | |
Jahre Haft. | |
Menschenrechtler reagierten empört. „In diesem Land ist es ein Verbrechen, | |
ein Mädchen zu küssen, aber nicht, es zu schlagen“ schimpfte Chakib | |
Al-Khayari, Sprecher einen marokkanischen Ablegers von Human Rights Watch. | |
Al-Khayari bezieht sich damit auf die immer noch problematische | |
Frauenrechtslage in dem Nordafrikanischen Staat. | |
Die 2011 nach Protesten im Zuge der „Arabellion“ eingeführte Verfassung | |
sieht die Gleichberechtigung von Männern und Frauen vor. Dennoch musste | |
auch die Regierung einräumen, dass Frauen regelmäßig Opfer vom | |
Misshandlungen werden, ohne das der Staat eingreift. Oft sind es die | |
Ehemänner, die zuschlagen. Vergewaltiger kommen ungestraft davon, wenn sie | |
Ihre Opfer heiraten. | |
## Protest der Netzgemeinde | |
Diese Zustände führten in der Vergangenheit immer wieder zu lautstarken | |
Protesten. Auch im aktuellen Fall zeigt die marrokanische Zivilgesellschaft | |
Flagge. Vor der Jugendanstalt in Nador protestierten am Samstag dutzende | |
Aktivisten per Sitzstreik. | |
Die Netzgemeinde reagierte auf ihre eigene Weise. Nutzer von Facebook und | |
Twitter posten aus Solidarität reihenweise Kussfotos. Auf der | |
[1][Facebook-Seite] „Solidarität mit den Jugendlichen von Nador - Ein Kuss | |
ist kein Verbrechen“ wurde bis Montagmittag über 6800 Mal der „Gefällt | |
mir“-Button angeklickt. | |
Die „Organisation für die Menschenrechte und öffentliche Freiheiten“ sieht | |
sich dennoch im Recht. „Solche Bilder können von gewissen Menschen für | |
Pornografie missbraucht werden“, behauptete ihr Sprecher Faycal al Morsi. | |
Vor dem Hintergrund der Proteste hat er allerdings seine Sichtweise | |
geändert. Seine Organisation spricht sich nun für die Freilassung der | |
Deliquenten aus. Stattdessen will Morsi deren Eltern anzeigen. | |
7 Oct 2013 | |
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[1] http://www.facebook.com/pages/Solidarit%C3%A9-avec-les-jeunes-de-Nador-Un-b… | |
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