# taz.de -- Chemie in Lebensmitteln: Schilddrüsen-Medikament im Obst | |
> Das Bundesinstitut für Risikobewertung kritisiert zu hohe EU-Grenzwerte | |
> für Perchlorat in Nahrungsmitteln. Eine Untersuchung soll nun die Risiken | |
> klären. | |
Bild: Perchlorat-Grenzwert: 0,2 Milligramm pro Kilo. | |
BERLIN taz | Die EU-Grenzwerte für die Chemikalie Perchlorat in | |
Lebensmitteln sind einem Bundesamt zufolge so hoch, dass die Gesundheit | |
gefährdet sein kann. Die Limits würden Verbraucher beim „Verzehr großer | |
Portionen von Obst- und Gemüseerzeugnissen mit Perchloratrückständen“ nicht | |
ausreichend schützen, [1][//:erklärte das Bundesinstitut für | |
Risikobewertung] (BfR). Die Menge Perchlorat, die man täglich ohne | |
Gesundheitsschäden zu sich nehmen kann, könne überschritten werden. | |
Noch ist nicht abschließend geklärt, wie der Stoff in Nahrungsmittel | |
gelangt. Experten haben Dünger in Verdacht. Perchlorate kommen zwar | |
natürlich in der Atmosphäre vor. Sie werden aber auch industriell | |
hergestellt und als Oxidationsmittel etwa für Feuerwerkskörper oder als | |
Medikament zur Regulierung der Schilddrüsenfunktion eingesetzt. | |
Perchlorat hat also in Lebensmitteln nichts zu suchen. Dennoch wurde die | |
Chemikalie in der jüngsten Zeit in diversen Lebensmitteln aus mehr als 15 | |
Herkunftsländern gefunden. Vor allem exotische und Zitrusfrüchte, Wurzel-, | |
Frucht-, Kohl- und Blattgemüse wiesen laut BfR Rückstände auf, „die bei | |
einmaligem Verzehr großer Portionen gesundheitlich unerwünschte Wirkungen | |
verursachen können“. | |
Eine zu hohe Perchlorat-Konzentration kann den Schilddrüsenstoffwechsel | |
angreifen, weil Perchlorat die Aufnahme von Jodid hemmt. Bei Risikogruppen, | |
etwa Neugeborenen und Kindern sowie Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen, | |
vor allem wenn sie schwanger sind, könne das sogar den | |
Schilddrüsenhormonspiegel verändern. | |
## Zitrusfrüchte besonders belastet | |
Bisher darf ein Kilogramm Lebensmittel laut EU-Beschluss bis zu einem | |
Milligramm Perchlorat enthalten. Bei besonders belasteten Sorten, etwa | |
Zitrusfrüchten, ist bei 0,2 Milligramm Schluss. Doch die Grenzwerte stützen | |
sich laut BfR auf die Analyse von Mischproben, die die individuellen | |
Konzentrationen der einzelnen Sorten vernachlässige. Perchloratrückstände | |
seien aber sehr ungleich verteilt. Deshalb urteilt das BfR: Um alle | |
Verbraucher ausreichend zu schützen, müsste die zulässige Perchloratmenge | |
auf 0,05 Milligramm pro Kilogramm Obst und Gemüse gesenkt werden. | |
Derzeit arbeitet die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit an | |
einer Studie zu den Risiken von Perchlorat. Sie wird für den Dezember | |
erwartet – dann könnte die EU neue Grenzwerte festlegen. | |
17 Oct 2013 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Lübke | |
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