# taz.de -- Die Wahrheit: Furz-Ei und zerkratzter Hintern | |
> Ausgerechnet ihre walisische Sprache macht den Bewohnern zu schaffen: Der | |
> Sprachbeauftragte der Regierung will einen Ort umbenennen. | |
Wer möchte schon in einem Furz-Ei leben? Die Menschen aus Varteg jedenfalls | |
nicht. Das Nest mit 1.000 Einwohnern liegt im Süden von Wales und existiert | |
nur, weil die Eisenschmiede vom nahe gelegenen Blaenavon Land übrighatte | |
und es verpachtete. Die einzige Attraktion des Ortes ist Ysgol Bryn Onnen, | |
eine von zwei Schulen in Wales, in denen der Unterricht in walisischer | |
Sprache abgehalten wird. | |
Doch nun macht ausgerechnet diese walisische Sprache den Bewohnern zu | |
schaffen. Der Sprachbeauftragte der Regierung will den Ort nämlich in | |
Farteg umbenennen, weil es den Buchstaben V im Walisischen gar nicht gibt. | |
Die Leute sind entsetzt. Sie befürchten, dass sie zum Gespött des Landes | |
werden, würden die Schilder mit dem geblähten Namen aufgestellt. Es klinge | |
wie eine Beleidigung, die sich Kinder auf dem Spielplatz zurufen, finden | |
sie. | |
Der für die Gegend zuständige Unterhausabgeordnete Paul Murphy sagte: | |
„Warum will man den Menschen vorschreiben, wie sie ihren eigenen Ortsnamen | |
buchstabieren sollen? Varteg ist kein englisches Wort, deshalb muss man es | |
nicht übersetzen.“ | |
Eine Begrüßung auf Walisisch ist übrigens an Bord der Voyager-Sonde, die in | |
die Tiefen des Alls fliegt. In 40.000 Jahren wird es den Stern „Giese 445“ | |
erreichen. Vielleicht spricht dort jemand Walisisch und freut sich über den | |
Gruß. Das ist aber unwahrscheinlich. Schließlich hat man kodiertes | |
Walisisch in Zweiten Weltkrieg für die Kommunikation verwendet. Hätte der | |
Feind den Code geknackt, so hätte er es vermutlich gar nicht gemerkt. | |
Weil sich die Leute aus Varteg gegen die Namensänderung wehren, hat der | |
Sprachbeauftragte ihnen einen Kompromiss vorgeschlagen: Der Ort soll | |
künftig Y Farteg heißen, was die Sache nach Ansicht der Bewohner kaum | |
besser macht. Einer von ihnen, Sioned Jones, sagte der Lokalzeitung: | |
„Stellt euch vor, wie peinlich es wäre, einen Furz im Namen zu haben, dem | |
dann auch noch ein Ei folgt.“ | |
Das ist jedoch kurzsichtig. Man kann mit einem ungewöhnlichen Ortsnamen den | |
Tourismus ankurbeln, wie man es in dem ebenso unscheinbaren walisischen Ort | |
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch gemacht hat. Es | |
ist der drittlängste Ortsname der Welt, und jeder, der vorbeikommt, hält | |
dort an und kauft zumindest eine Ansichtskarte. Und wie viele | |
englischsprachige Menschen suchen das österreichische Kaff Fucking auf? | |
Auch Shitterton und Scratchy Bottom („zerkratzter Hintern“) in der | |
englischen Grafschaft Dorset können sich wegen ihres Namens über mangelnde | |
Besucherströme nicht beklagen. Es gibt genügend kindsköpfige US-Amerikaner, | |
die auch ins Furz-Ei kommen würden, um sich gegenseitig vor dem Ortsschild | |
zu fotografieren. | |
Auch die kroatische Schauspielerin und Sängerin Severina Vuckovic darf sich | |
freuen, nicht in Wales zu leben, wo sie der Zwangswalisierung anheimfallen | |
könnte. Und zum Glück liegt die Skateboardfirma Vucker in Dortmund und | |
nicht in Wales. Der Inhaber ist mit seinem Nachnamen genug gebeutelt. Er | |
heißt Kotkowski. | |
20 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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