| # taz.de -- CDU-Wirtschaftsflügel zum Mindestlohn: Entschlossen trotzig | |
| > Der Wirtschaftsflügel der Union fügt sich widerwillig beim Thema | |
| > Mindestlohn. Gleichzeitig macht er neue Fronten für die Koalitionsrunde | |
| > auf. | |
| Bild: Die CDU hat keinen Bock auf Mindestlohn, die Taxifahrer schon | |
| BERLIN taz | Carsten Linnemann ist ein schmaler Mittdreißiger und ein | |
| einflussreicher Mann. Seit kurzem ist er Chef der Mittelstandvereinigung | |
| der CDU, zu der immerhin 167 Bundestagsabgeordnete der Union zählen. Und er | |
| ist Mitglied in der Verhandlungsgruppe „Arbeit und Soziales“, in der Union | |
| und SPD um den Mindestlohn ringen werden. | |
| Linnemann verspricht: „Wir werden hart verhandeln.“ Er will gegen den | |
| SPD-Vorschlag eines verbindlichen Mindestlohns von 8,50 Euro kämpfen. Denn | |
| der sei viel zu riskant. Auch wenn Arbeitsplätze verloren gingen, so | |
| Linnemann, werde man den Mindestlohn nie mehr senken können. Wie ein | |
| Unheil, das, einmal in der Welt, nicht mehr zu besiegen ist. Es klingt | |
| entschlossen, aber auch ein bisschen trotzig. | |
| Der Wirtschaftsflügel der Union will keinen flächendeckenden Mindestlohn, | |
| und schon gar keinen, den der Bundestag festlegt. Auch deshalb sitzt | |
| Linnemann zusammen mit dem Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, und dem | |
| Leiter des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, im | |
| Paul-Löbe-Haus in Berlin und markiert die Kampflinien. Man wolle | |
| verhindern, dass „die Agenda 2010 zurückgedreht“ wird, sagt Linnemann. | |
| Gerade weil die FDP nicht mehr an Bord ist, müsse man die Kräfte bündeln. | |
| Lauk attestiert: Die Union habe es ja „nicht mehr mit der | |
| marktwirtschaftlichen FDP, sondern der staatswirtschaftlichen SPD“ zu tun. | |
| „Staatswirtschaftlich“ ist so ziemlich das schlimmste Adjektiv, das hier zu | |
| vergeben ist. So wie „neoliberal“ bei der Linkspartei. | |
| ## Britisches Mindestlohnmodell | |
| Es gibt aber auch Zwischentöne, Andeutungen, dass man dabei ist, sich mit | |
| dem Furchtbaren zu arrangieren. Lauk findet das britische Modell, in dem | |
| eine Kommission aus Arbeitgebern, Gewerkschaften, Politik und | |
| Wissenschaftlern jedes Jahr die Höhe des nationalen Mindestlohnes | |
| austüftelt, nicht ganz so grässlich wie einen von der Regierung fixierten | |
| Mindestlohn. | |
| Von Stetten bemerkt unwillig, aber zutreffend, dass die SPD wohl | |
| „irgendetwas mit 8,50 Mindestlohn“ im Koalitionsvertrag stehen haben muss. | |
| Denn sonst werde die SPD-Basis der Großen Koalition nicht zustimmen. Das | |
| heißt: Auch der Wirtschaftsflügel der Union hat sich mit dem | |
| Unabänderlichen abgefunden, auch wenn man das noch nicht so direkt sagen | |
| will. | |
| Dafür will man an zwei anderen Fronten standhaft bleiben. Steuererhöhungen | |
| seien, so von Stetten, nicht drin. Dass dieses Thema „gegessen ist, hat | |
| auch die SPD verstanden“. Bei dem Deal Mindestlohn gegen ein Nein zur | |
| Reichensteuer scheint es nur noch ums Kleingedruckte zu gehen. | |
| Anders sieht es bei dem weiten Feld der Regulierung des Arbeitsmarkts aus. | |
| Dort kämpfe man mit der Industrielobby gegen Einschränkungen von prekären | |
| Jobs bei Leih- und Zeitarbeit. Für Lauk ist das wichtiger als der | |
| Mindestlohn. Mehr Regulierung bei Werkverträgen und Zeitarbeit sei | |
| „schädlicher als ein falsch gesetzter Mindestlohn“. Da wird es Streit | |
| geben. Denn die SPD will den verbreiteten Missbrauch von Werkverträgen und | |
| Leiharbeit mit neuen Gesetzen verhindern. | |
| Mit dem Einfluss des Wirtschaftsflügels der Union steht es bei diesem Kampf | |
| allerdings nicht zum Besten. In der 75-köpfigen großen Koalitionsrunde ist | |
| kein einziger ihrer Wortführer. | |
| 24 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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