| # taz.de -- Präsidentenwahlen in Tadschikistan: Eine Wahlfarce vom Feinsten | |
| > Der Sieg von Amtsinhaber Rachmon bei der Abstimmung am Mittwoch steht | |
| > fest. Oppositionelle dürfen nicht antreten, sitzen im Knast oder sind | |
| > geflohen. | |
| Bild: Vorbereitung auf die Präsidentenwahlen in der Hauptstadt Duschanbe. | |
| BISCHKEK taz | Emomali Rachmon auf allen Kanälen. Seit Wochen zeigt das | |
| staatlich kontrollierte Fernsehen in Tadschikistan von früh bis spät den | |
| Präsidenten. Am Mittwoch will sich der seit 1994 herrschende Staatschef bei | |
| den Präsidentschaftswahlen für weitere sieben Jahre im Amt bestätigen | |
| lassen. | |
| Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in | |
| Europa (OSZE) haben bisher noch keine Wahl in der ehemaligen | |
| Sowjetrepublik, die knapp acht Millionen Einwohner hat, als „frei“ und | |
| „fair“ bewertet. Auch der bevorstehende Urnengang hat mit Demokratie wenig | |
| zu tun. Die fünf Gegenkandidaten dienen der Staffage. Sie wagten bei | |
| Veranstaltungen den amtierenden Präsidenten noch nicht einmal zu | |
| kritisieren. Die eigentliche Oppositionskandidatin Oinichol Bobonasarowa | |
| verfehlte die für die Registrierung notwendige Anzahl von 210.000 | |
| Unterschriften. | |
| Rachmon lässt sich vor allem als Friedensstifter feiern. Die Erinnerung an | |
| den Bürgerkrieg bei der Bevölkerung sitzt tief. Nach der Unabhängigkeit | |
| tobte zwischen der von Moskau gestützten Regierung und der von Islamisten | |
| dominierten Opposition ab 1992 ein blutiger Machtkampf. Der Friedensvertrag | |
| von 1997 sah eine Rückkehr der Opposition aus dem afghanischen Exil und | |
| ihre Beteiligung an der Macht vor. Sie sollte 30 Prozent der Staatsämter | |
| erhalten. Ungeachtet dessen baute Rachmon seine Machtposition aus. | |
| Potenzielle Konkurrenten verschwanden. Sie starben, flohen außer Landes | |
| oder sitzen im Gefängnis. | |
| Heute beherrscht der Präsident wieder alleine das Land. Als Überbleibsel | |
| des Friedensschlusses sitzt die Islamische Partei der Wiedergeburt zwar | |
| noch im Parlament, wagt aber keine offene Konfrontation. „Das Wichtigste | |
| ist der Frieden“, mahnt der Parteichef Muhiddin Kabiri. | |
| ## Endemische Korruption | |
| Unter Rachmons Regentschaft entwickelte sich eine endemische Korruption. | |
| Kinder und Verwandte des Staatschefs sowie die Elite teilen die Pfründen | |
| des Staates unter sich auf. Und sie stehen über dem Gesetz. Der 16-jährige | |
| Sohn eines Staatsbeamten, der mit Rachmon verwandt ist, verursachte am 9. | |
| Oktober in Duschanbe einen Unfall mit drei Toten. Am nächsten Morgen flog | |
| er ungehindert nach Deutschland. | |
| Derweil liegt die Wirtschaft am Boden. Über eine Millionen Tadschiken | |
| arbeiten vor allem in Russland als Gastarbeiter. Ihre Überweisungen machen | |
| nach einer Studie der Weltbank fast 50 Prozent des gesamten | |
| Bruttosozialproduktes aus, das pro Kopf unter 1.000 US-Dollar liegt. Die | |
| Profite des Drogenschmuggels aus Afghanistan finanzieren die | |
| Schattenwirtschaft im Land. | |
| Immer wieder kommt es zu Gefechten mit bewaffneten Kämpfern im gebirgigen | |
| Osten des Landes. Im Sommer 2012 lieferten sich 6.000 tadschikische | |
| Soldaten in der Provinzhauptstadt Chorog in der unwegsamen Pamirprovinz | |
| Badachschan unweit der afghanischen Grenze ein tagelanges Feuergefecht mit | |
| fünf Bandenchefs. Bisher ist die genaue Opferzahl unklar. Die | |
| tadschikischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, die Grenze zu | |
| Afghanistan oder die eigenen Gebirgsschluchten zu sichern. Rachmon | |
| verlängerte daher die Präsenz einer russischen Militärbasis um weitere 30 | |
| Jahre. | |
| Die International Crisis Group rückte das zentralasiatische Land bereits | |
| 2009 in die Nähe eines „gescheiterten Staates“. Rachmon nutzt jedoch die | |
| geopolitische Lage. Durch Tadschikistan verläuft ein Strang der | |
| Nordversorgungsroute der Nato für den Afghanistankrieg. Ein Teil des | |
| Rückzuges soll ebenfalls über tadschikische Straßen abgewickelt werden. Das | |
| macht Rachmon zu einem begehrten Partner. Auch Bundeskanzlerin Angela | |
| Merkel empfing ihn 2011 in Berlin. | |
| 5 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Marcus Bensmann | |
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