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# taz.de -- Ex-Orca-Trainerin über Walhaltung: „Aus Langeweile aggressiv“
> Die SeaWorld-Vergnügungsparks halten Orca-Wale nicht artgerecht, sagt
> Samantha Berg. Bei Zwischenfällen starben drei Trainer und ein Zuschauer.
Bild: In freier Wildbahn haben es Orcas wohl am besten.
taz: Frau Berg, warum haben Sie Ihren Job als Orca-Trainerin aufgegeben?
Samantha Berg: Ich habe bei der Arbeit mit den Walen gesehen, dass die
Haltungsbedingungen nicht artgerecht sind, und wollte das verbessern, dafür
noch mal studieren und zurückkommen.
Die Parks behaupten, den Tieren gehe es in den Wal-Shows besser als in der
freien Wildbahn. Wie sieht die Realität aus?
Damals hatte SeaWorld gerade neue Becken gebaut. Die sollten größer sein,
damit die Babywale, die Kälber, auch Platz haben. Aber diese Becken waren
immer noch einfach nur Beton- und Glasbecken, die keinerlei Abwechslung für
die Tiere boten. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Für einen
bis zu 9 Meter langen Orca ist in den USA ein Becken von 15 Meter Länge und
22 Meter Breite sowie 4,5 Meter Tiefe vorgeschrieben. Aber ich hatte den
Eindruck, dass die Wale gar nicht so sehr die Enge störte, sie waren
vielmehr gelangweilt.
Wie äußerte sich diese Langeweile?
Die Orcas haben zum Beispiel immer am Beckenrand genagt und bekamen
Zahnprobleme. Auch wenn sie langsam ihre Bahnen im Becken ziehen, sich wie
tot im Wasser treiben lassen oder an einer Stelle für längere Zeit
hinlegen, wo ihr Körper kaum noch von Wasser bedeckt ist, ist das ein
atypisches Verhalten. Andere werden aggressiv und kämpfen miteinander,
verletzen sich.
Was haben die Tiere für eine Beziehung zum Trainer?
Wegen dieser Langeweile kooperieren sie natürlich sehr mit den Trainern,
weil sie von ihnen Essen bekommen und auch eine gewisse Abwechslung. Für
den Trainer sieht das dann so aus, als würden sie gern ihre Kunststücke
machen, den Menschen vielleicht sogar mögen.
Orcas haben einen besonders engen Sozialverband. In den Parks werden die
Gruppen aber vermischt, andere werden sogar allein gehalten. Was hat das
zur Folge?
Laut Verhaltensstudien von Naomi Rose verbringen die männlichen Orcas mehr
als 70 Prozent ihrer Lebenszeit in der Nähe der Mutter. Auch die weiblichen
Nachkommen sind sehr fixiert auf die von der Mutter angeführte Gruppe, es
sei denn, sie bilden ihre eigene Gruppe mit eigenen Kindern. Jede Gruppe
hat sogar ihre eigene Sprache. Wenn man diesen Sozialverband zerstört, sind
die Tiere hochgradig gestresst. Sie müssen sich dann ihren Platz in der
Hierarchie erkämpfen und attackieren daher andere Wale, werden frustriert
und aggressiv.
Kommt das in der Natur so nicht vor?
Nein, da das Meer genügend Platz bietet, um sich aus dem Weg zu gehen. So
kam es auch zu den Vorfällen mit Trainern in den Parks, vor allem die
männlichen Tiere haben ihre Trainer unter Wasser gezogen, sie geschlagen,
sind auf sie drauf gesprungen und haben eben auch schon Trainer getötet.
Werden heute immer noch Delfine und Wale für solche Shows gefangen?
Ja, weil es in einigen Ländern, etwa in Russland, nicht illegal ist. Auch
in Japan gibt es Treibjagden auf Delfine, die schönsten Tiere werden dann
in Delfinarien verkauft, die anderen werden geschlachtet. Dabei ist das
Geschäft mit den Show-Delfinen das weitaus lukrativere.
Was würden Sie sich für die Tiere wünschen?
Die jüngeren Tiere sollten freigelassen werden, den älteren Orcas sollte
man so eine Art betreutes Wohnen in Lagunen ermöglichen, also mit
Fütterung, wenn sie nicht mehr selbst jagen können. Die Parks könnten sich
dann entweder auf anderes Entertainment spezialisieren oder, noch besser:
Sie fokussieren sich mehr darauf, den Besuchern etwas über die Tiere
beizubringen.
15 Nov 2013
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