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# taz.de -- Island geht wieder auf Walfang: Finnwale landen im Hundefutter
> Weil es keinen Markt fürs Fleisch gibt, wurden vor Island harpunierte
> Wale in Japan zu Tiersnacks verarbeitet. Nun soll die Jagd wieder
> beginnen.
Bild: Fischer zerlegen einen Finnwal im Hafen von Hvalfjordur auf Island.
STOCKHOLM taz | Die Hundesnacks werden als „kalorienarm, mit geringem Fett-
und hohem Proteingehalt“ angepriesen und kosten umgerechnet 11 Euro – für
200 Gramm. Allerdings enthalten sie Fleisch von vor Island getöteten
Finnwalen. Jahrelang wurden hier harpunierte Finnwale nach Japan exportiert
und dort zu Hundefutter verarbeitet, weil das Fleisch anderweitig nicht
absetzbar war.
Weil sie die von Ausrottung bedrohten Tiere jagen, stehen die Isländer
bereits seit Langem in der Kritik. Nachdem Tierschutzorganisationen aus den
USA und Großbritannien auf das japanische Hundefutter aufmerksam geworden
waren, bedurfte es nur wenige Tage, bis Michinoku Farm, ein Hersteller des
Produkts, in der vergangenen Woche mitteilte, man werde es aus dem
Sortiment nehmen.
Die Firma reagierte damit auf heftige Proteste. Allerdings betonte
Michinoku Farm, eigentlich sei doch das Wohlergehen von Hunden genauso
wichtig wie das von Walen. Vom Markt sind die Finnwal-Hundesnacks damit
noch nicht verschwunden, andere Anbieter vertreiben sie weiter im Internet.
Das Walfangunternehmen Hvalur ist das einzige, das in Island Jagd auf die
Großsäuger betreibt. Die isländische Regierung hatte 2006 als weltweit
einzige das kommerzielle Fangverbot auf Finnwale aufgehoben – Japan umgeht
es weiter unter dem Deckmantel „wissenschaftlicher“ Zwecke.
## Wirtschafskrise und Walfang
Neben einer Zwergwalfangquote erlaubte Reykjavík damals zunächst die Jagd
auf jährlich neun Finnwale. Diese Quote wurde 2009 für einen Zeitraum von
fünf Jahren auf jährlich 150 aufgestockt. Begründet wurde das mit der
Wirtschaftskrise, in der sich die Insel damals befand.
Doch stets mangelte es an Nachfrage nach Finnwalfleisch. Nachdem 2009 exakt
125, ein Jahr später 148 Finnwale getötet worden waren, stapelte sich so
viel unverkauftes Fleisch in den Kühlhäusern, dass die Jagd 2011 und 2012
abgesagt wurde.
Vor einigen Wochen kündigte Hvalur eine Wiederaufnahme des Fangs ab Anfang
Juni an. Bis September könnten bis zu 180 Tiere getötet werden.
Mittlerweile sind die Absatzmöglichkeiten im Hauptexportland Japan nämlich
wieder besser.
## Erfolgreiche Sabotageaktionen
Das hängt offenbar mit den erfolgreichen Sabotageaktionen der diesjährigen
japanischen Waljagd im Südpolarmeer durch die Umweltschutzorganisation Sea
Shepherd zusammen: Von der von Tokio genehmigten Quote von 50 Finnwalen
konnte deshalb bislang kein einziger harpuniert werden.
Für Hvalur läuft dagegen die bisherige fünfjährige Jagdgenehmigung in
diesem Jahr aus. Eine Erneuerung wäre zwar politisch schwer zu
rechtfertigen. Allerdings steht die gerade neu angetretene
Mitte-rechts-Regierung den Interessen der Fischfangindustrie traditionell
aufgeschlossen gegenüber.
Die bisherige rot-grüne Regierung hatte die Fanggenehmigungen zwar aus
juristischen Gründen nicht aufheben können, erschwerte die Jagd aber durch
Ausweisung von Schutzzonen dort, wo die populären Walsafaris für Touristen
stattfinden.
## Walsafari anstatt Waljagd
Inzwischen protestiert auch die Tourismusorganisation Ferdamálasamtök
Ísland gegen die Jagd auf die Meerestiere: Diese zerstöre Islands Ruf im
Ausland, die Walsafaris seien viel einträglicher als die Waljagd.
Finnwale werden bis zu 70 Tonnen schwer und sind nach dem mittlerweile
gänzlich ausgerotteten Blauwal das zweitgrößte Tier der Erde. Sie stehen
auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Bereits 1982 hatte die
Internationale Walfangkommission IWC einen kompletten Stopp der
kommerziellen Finnwaljagd verfügt.
Aber noch ist sie erlaubt. Umwelt- und Tierschützer fordern deshalb sogar
Handelssanktionen gegen Island. Vanessa Williams-Grey von der Whale and
Dolphin Conservation spricht von einer „unnötigen Jagd“: Es bestehe
eigentlich kein Bedarf für das Fleisch. Der größte Teil des Walfleischs,
das nicht nach Japan exportiert wird, geht in Touristen-Restaurants
Reykjavíks über die Theken. Dort meinen offenbar viele Gäste, mal Wal
kosten zu müssen. Angeblich schmeckt das Fleisch aber zäh und tranig, zudem
ist es mit Schwermetallen belastet.
2 Jun 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Walfang
Island
Japan
Sea Shepherd
Wale
Kongo
Gefährdete Tierarten
Tierhaltung
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Schwerpunkt Artenschutz
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