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# taz.de -- Abfallverklappung in Süditalien: Neapel protestiert gegen Müll-Ma…
> Die Gegend um Neapel ist Schauplatz eines gigantischen Umweltverbrechens.
> Die Bürger der Stadt demonstrieren gegen die kriminellen Machenschaften.
Bild: Demo in Neapel: „Stoppt den Biozid!“
ROM taz | Unter dem Slogan „Stoppt den Biomord!“ gingen am Samstag in
Neapel etwa 70.000 Menschen auf die Straße. Sie protestieren gegen die
systematische Verseuchung ihrer Region durch illegal entsorgte
Industrieabfälle. „Blumenkohl, Spargel, Tomaten – können wir sie noch
essen?“, hieß es auf einem der Spruchbänder. Viele Teilnehmer trugen große
Fotos von Frauen und Kindern, die einen frühen Krebstod gestorben waren.
Berge von Müll werden im nördlichen Teil der Provinz Neapel und in der
angrenzende Provinz Caserta einfach angezündet – und produzieren einen
kräftigen Dioxinausstoß. Wegen der nachts lodernden Flammen hat sich der
Begriff „Land der Feuer“ für die Region durchgesetzt: einen dicht
besiedelten Landstrich, der zum Schauplatz eines gigantischen
Umweltverbrechens geworden ist.
Schon in den 1970er Jahren hatte die Camorra – die örtliche Mafia – damit
begonnen, hochgiftigen Sondermüll aus der Chemie- und Aluminiumindustrie,
aus Klärwerken und Krankenhäusern illegal zu verbuddeln. Die
Umweltorganisation Legambiente schätzt, dass allein seit 1990 etwa 10
Millionen Tonnen Sondermüll auf diese Weise „entsorgt“ wurden – etwa
400.000 voll beladene Laster.
Das Verfahren ist immer das gleiche: Irgendwo auf einem Feld wird nachts
ein Loch ausgehoben, die Giftfässer kommen rein, das Loch wird zugeschüttet
– und am nächsten Tag geht der Landwirtschaftsbetrieb weiter. In seinem
Buch „Gomorrha“ berichtet der Journalist Roberto Saviano gar von kompletten
Lkws, die in eine tiefe Grube fahren und samt ihrer brisanten Ladung
vergraben wurden.
## Camorra, Industrielle und Behörden
Das Geschäft blüht unter den dreien: der Camorra, Industriellen vor allem
aus Norditalien, die die konkurrenzlos günstigen Entsorgungspreise der
Mafiosi schätzen, sowie Behörden, die oft genug wegschauten.
Mehr als tausend illegale Entsorgungsstätten sind den Behörden mittlerweile
bekannt. An vielen Orten ist das Grundwasser komplett verseucht. Erst vor
wenigen Tagen wurden in der Gemeinde Caivano 43 Hektar Brokkoli- und
Blumenkohlfelder beschlagnahmt, weil im Boden hohe Giftkonzentrationen
gemessen worden waren. Die örtliche Bevölkerung klagt über den rasanten
Anstieg von Krebsfällen. Genaue Zahlen liegen nicht vor, da bis heute kein
regionales Tumorregister existiert.
Jahrelang haben die Bürger dem Treiben der Camorra schweigend zugesehen,
doch damit ist jetzt Schluss. Allerorten entstanden Bürgerinitiativen, die
der Passivität ein Ende setzen. Italiens Umweltminister Andrea Orlando
kündigte nach der Demo an, er wolle sich mit Vertretern der Bewegung
treffen, um über einen Aktionsplan zur Sanierung der Region zu
diskutierten.
17 Nov 2013
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Mafia
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Camorra
Neapel
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Berlusconi
Atommüll
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