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# taz.de -- SV Wilhelmshaven gegen Fifa: „Wir wollen keinen Krieg“
> Der Fußballweltverband Fifa könnte ein ernstes Problem bekommen. Und das,
> weil Regionalligist SV Wilhelmshaven gegen seinen Zwangsabstieg klagt.
Bild: Sergio Sagarzazu 2007 als Spieler des SV Wilhelmshaven
BERLIN taz | „Wir wollen keinen Krieg mit der Fifa, dem DFB und dem
Norddeutschen Fußballverband. Aber wenn man so mit der Keule auf uns
losgeht, müssen wir uns doch wehren“, sagt Harald Naraschewski vom SV
Wilhelmshaven.
Es sind reichlich große Worte für einen Aufsichtsratschef eines
Fußball-Regionalligisten. Normalerweise hat es der Verein mit kleineren
Gegnern, wie dem SV Eichede, der Eintracht Norderstedt oder dem BV
Cloppenburg zu tun. Nebenbei führt man jedoch seit nun schon gut fünf
Jahren auch noch ein Gefecht mit den Funktionärseliten des Weltfußballs.
Die bemerkenswerte Geschichte nahm ihren Anfang, als der Verein 2007 aus
Argentinien den Spieler Sergio Sagarzazu verpflichtete. Ein dreiviertel
Jahr später nämlich machten zwei argentinische Vereine gemäß den
Fifa-Regularien Ausbildungsentschädigungszahlungen geltend.
Zusammen kamen sie auf einen Betrag von 160.000 Euro. Ein Betrag, der
völlig unverhältnismäßig sei, schimpft Rechtsanwalt Naraschewski, aber den
Fifa-Tabellen entspräche. Deutsche Drittligisten müssen danach 30.000 Euro
pro Ausbildungsjahr an südamerikanische Klubs überweisen. Auch das von
Wilhelmshaven angerufene internationale Sportgericht Cas bestätigte die
Rechtmäßigkeit der Forderungen.
Weil Wilhelmshaven trotzdem nicht zahlte, beantragte der erste
argentinische Verein eine Bestrafung des deutschen Klubs. Die Fifa
verhängte daraufhin für die vorletzte Saison einen Sechs-Punkte-Abzug. Für
Wilhelmshaven war das verschmerzbar. Wegen der Umstrukturierung der
Regionalligen gab es damals keinen Absteiger.
## Fifa-Sanktion umgesetzt
Allerdings forderte der zweite argentinische Verein mit zeitlicher
Verzögerung auch eine Bestrafung ein. Die Fifa sprach für die vergangene
Saison erneut eine Sanktion aus: Der Zwangsabstieg, den der DFB und der
Norddeutsche Fußballverband laut Statuten durchzusetzen haben, wurde
beschlossen. Weil Wilhelmshaven erneut vor dem Cas klagte, wurde das Urteil
ausgesetzt. Vor wenigen Tagen nun bestätigte das Cas die Fifa in ihrem
Handeln.
Der kleine Regionalligist will vor ein ordentliches Gericht ziehen, sobald
das Fifa-Urteil schriftlich zugeht. Sollte die Klage angenommen werden,
kann der Klub in dem scheinbar aussichtslosen David-gegen-Goliath-Kampf
durchaus schwere Geschütze aufbieten. Die Verteidigungsstrategie fußt auf
zwei Ebenen.
Zum einen hält Naraschewski die Forderungen aus Argentinien für nichtig,
weil Sagarzazu, um den sich der Rechtsstreit dreht, einen italienischen
Pass hat. Schon beim Bosman-Urteil habe der Europäische Gerichtshof sich
für den ablösefreien Wechsel von Fußballprofis nach Vertragsende
entschieden, weil alles andere gegen das EU-Recht der
Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen würde. Dementsprechende Urteile zum
Recht auf freie Berufswahl hätten auch der Bundesgerichtshof und das
Arbeitsgericht gefällt.
Von noch größerer sportpolitischer Brisanz ist allerdings die zweite
Argumentationsebene von Naraschewski. Er macht darauf aufmerksam, dass
sowohl der DFB als auch der Norddeutsche Fußballverband in ihrer
organisatorischen Verfasstheit als Vereine ihre Satzungen von einem
Registergericht prüfen lassen müssen. Das ist auch geschehen.
## Veritable Drohkulisse
Wenn sie aber wie in diesem konkreten Fall auf die Beschlüsse einer anderen
Organisation – der Fifa nämlich – verweisen, die sie vollstrecken wollen,
entsteht ein Problem. Denn deren Satzungen sind bislang nicht von einem
deutschen Registergericht geprüft worden. Insofern, erklärt Naraschewski
wäre es nicht rechtens, wenn sie die Fifa-Entscheidungen durchsetzen
würden. Dazu müssten sie erst einmal ihre Satzungen ändern. Naraschewski
warnt die großen Verbände sich bei der Entscheidung gegen Wilhelmshaven
sturzustellen: „Das ist eine Gratwanderung. Sie riskieren, dass ihre
Satzungen entblößt werden.“
Es ist eine veritable Drohkulisse, die da vom Regionalligisten gegen die
großen Fußballverbände aufgebaut wird. Naraschewski betont, dass man sich
lieber außergerichtlich einigen würde. „Eigentlich wollen wir unsere Ruhe
und Fußball spielen.“ Der DFB und die Fifa dürften sich wohl kaum darauf
einlassen, hätten dann doch künftig auch andere, die im Clinch mit den
Verbänden stehen, ein passables Druckmittel in der Hand.
20 Nov 2013
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Fifa
Cas
Fußball
SV Wilhelmshaven
SV Wilhelmshaven
Deutscher Fußballbund (DFB)
Wilhelmshaven
Schwerpunkt Rassismus
MSV Duisburg
Alemannia Aachen
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