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# taz.de -- Kommentar Managergehälter Schweiz: Erregung ohne Folgen
> Die Gehälter der Manager wachsen und wachsen. Die Bevölkerung findet das
> falsch und unternimmt doch nichts. Sie hat Angst.
Bild: Viel hilft nicht immer viel: Befürworter der Initiative zeigen öffentli…
Der Wähler scheint sich selbst nicht zu kennen: Die allermeisten Schweizer
sind überzeugt, dass Manager viel zu viel verdienen – aber [1][deckeln
wollten die Eidgenossen die Spitzengehälter trotzdem nicht]. 65,3 Prozent
stimmten am Sonntag dagegen, dass ein Manager künftig nur noch 12 Mal so
viel verdienen darf wie ein einfacher Arbeiter.
Das Ergebnis in der Schweiz ist auch für Deutschland interessant, obwohl es
hier keine bundesweiten Volksabstimmungen gibt. Aber auch hier ist eine
breite Bevölkerungsmehrheit der Meinung, dass Manager viel zu viel
verdienen – und auch hier tut sich nichts. Diese folgenlose Erregungskultur
zeigte sich jüngst wieder bei den Vereinbarungen von SPD und Union. Der
Koalitionsvertrag sieht vor, dass Aktiengesellschaften künftig offenlegen
sollen, in welchem Verhältnis die Managergehälter zu den
Durchschnittsgehältern stehen.
Das klingt erst einmal gut. Doch diese neue Transparenz wird nichts
bringen, weil es Transparenz längst gibt. Schon jetzt müssen
Aktiengesellschaften in ihren Geschäftsberichten erläutern, was ihre
Vorstände und Aufsichtsräte verdienen. Ironischerweise hat genau diese
Transparenz dazu geführt, dass die Managergehälter weiter gestiegen sind.
Denn seitdem jeder DAX-Chef weiß, was die Kollegen in den anderen
Unternehmen erhalten, kann er ebenso hohe Gehälter fordern. Transparenz
fördert die Gier und steigert die Einkommen. Diese Beobachtung wurde auch
in den USA gemacht, wo die Transparenz als erstes eingeführt wurde.
Aus diesen langjährigen Erfahrungen folgt: Wer die Managergehälter
beschneiden will, muss staatliche Vorgaben machen und eindeutige
Höchstgrenzen festlegen. Doch dieses politische Ziel lässt sich nur
erreichen, wenn man die Argumente der Gegner kennt – und sie widerlegen
kann. Genau deshalb ist die Volksabstimmung in der Schweiz so interessant.
Sie war ein offener Versuch, wie sich die Mehrheit eines Volkes verführen
lässt, gegen seine eigenen Interessen zu stimmen.
## Drei Argumente, leicht widerlegt
Die Schweizer Wirtschaftsverbände warteten mit drei Argumenten auf, die
allesamt auf tiefsitzende Ängste und Vorurteile zielten:
1. Managergehälter zu begrenzen, sei eine „sozialistische Idee" oder ein
„sozialistisches Abenteuer".
2. Die Deckelung sei eine „Verstaatlichung des Arbeitsmarktes" und ein
„Lohndiktat des Staates".
3. Wenn die Managergehälter gekürzt würden, würden sich die großen Konzerne
aus der Schweiz zurückziehen und ins Ausland abwandern.
## Die „Marktwirtschaft“ versagt
Die erste Behauptung ist leicht zu kippen: Gerade die Verfechter der
Marktwirtschaft behaupten ja gebetsmühlenartig, dass sich Einkommen und
Gewinn an der Leistung orientieren sollten. Doch offenbar beziehen Manager
ein leistungsloses Einkommen, wenn ihre Gehälter exorbitant steigen, obwohl
weder die Wirtschaft noch ihre Unternehmen entsprechend wachsen. Die
„Marktwirtschaft" scheint also gerade bei ihren Managern zu versagen.
Womit natürlich Behauptung 2 ebenfalls erledigt ist: Auch
Marktwirtschaftler erkennen an, dass der Staat eingreifen muss, wenn ein
Markt erkennbar nicht funktioniert. Deutsche Marktwirtschaftler nennen dies
gern hochgestochen „Ordopolitik“ oder „Ordoliberalismus“. Typische
Ordopolitik ist etwa der Umweltschutz: Die Firmen würden jeden Fluss
verschmutzen, wenn man es ihnen nicht schlicht verbieten würde. Der gleiche
Grundgedanke könnte bei den Managern greifen: Wenn eine kleine Gruppe so
viel soziale Macht hat, sich ein leistungsloses Einkommen zu verschaffen,
dann muss man diese Macht eben begrenzen.
Bleibt Argument Nummer 3: Wie wahrscheinlich ist es, dass Konzerne ihren
Sitz verlagern, nur weil ihre Manager nicht exorbitant verdienen dürfen?
Die Antwort ist denkbar schlicht: Die Wahrscheinlichkeit liegt bei Null.
Denn ein Unternehmen lässt sich nur ins Ausland transferieren, wenn die
Aktionäre zustimmen. Doch warum sollten die Anteilseigner die enormen
Risiken und Kosten auf sich nehmen, die jeder Totalumzug bedeuten würde?
Sollte der eher unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sich ein Manager zu
fein ist, um für ein gedeckeltes Gehalt zu arbeiten, dann würde sich
bestimmt eine andere fähige Kraft finden, die bisher in der zweiten Reihe
aktiv war.
Eigentlich sind die Manager machtlos und nutzen nur die Ängste der
Bevölkerung aus, um ihre Millionengehälter zu rechtfertigen. Aber an dieser
seltsamen Konstellation wird sich nichts ändern, solange die Wähler ihren
Ängsten blind folgen.
25 Nov 2013
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## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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