# taz.de -- Koalitionsverhandlungen Union und SPD: Streit um Finanzen | |
> In der letzten Runde zur großen Koalition streiten Union und | |
> Sozialdemokraten ums Geld. Zur Rente gibt es eine Einigung, bei der | |
> Pkw-Maut zeichnet sich eine Lösung ab. | |
Bild: Schritt für Schritt über Nacht in die Große Koalition | |
BERLIN dpa | Auf dem Weg zu einer neuen großen Koalition sind Union und SPD | |
ein gutes Stück vorangekommen. In der möglicherweise letzten Runde der | |
Verhandlungen einigten sich beide Seiten am späten Dienstagabend in Berlin | |
auf ein Rentenpaket. | |
Bewegung gab es auch im Streit um die Einführung einer Pkw-Maut. Andere | |
Themen waren noch heftig umstritten – wie die SPD-Kernforderung nach einem | |
flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro oder die doppelte | |
Staatsbürgerschaft. Sorgen macht die Finanzierung. | |
Wegen der vielen offenen Fragen wurde der Ablauf der Verhandlungen | |
kurzfristig verändert. Anstatt eines Treffens in großer Runde blieben die | |
Parteichefs Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer | |
(CSU) zunächst mit einem kleinen Kreis unter sich. Anschließend sollten die | |
Beschlüsse mit den insgesamt mehr als 70 Unterhändlern festgezurrt werden – | |
tief in der Nacht. Ziel blieb, den etwa 170 Seiten starken | |
Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot an diesem Mittwoch zu präsentieren. | |
Erschwert wurden die Gespräche durch den Beschluss der SPD, einen Vertrag | |
erst noch von der Basis absegnen zu lassen. Aus Rücksicht auf den geplanten | |
Mitgliederentscheid Anfang Dezember war auch in der Überlegung, die Namen | |
der künftigen Minister vorerst nicht zu nennen. Fest stand aber, dass die | |
SPD in einem schwarz-roten Kabinett unter Kanzlerin Merkel sechs | |
Ministerien bekommen soll, die CDU fünf (plus Kanzleramtsminister) und die | |
CSU drei. | |
## Besserstellung älterer Mütter | |
Der Kompromiss zu den Renten – einer der Hauptstreitpunkte – sieht so aus, | |
dass die abschlagfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren und eine | |
Besserstellung älterer Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, zum 1. | |
Januar 2014 eingeführt werden. Ferner soll eine „solidarische | |
Lebensleistungsrente“ für Geringverdiener in Höhe von bis zu 850 Euro pro | |
Monat ab 2017 kommen. Auch die Erwerbsminderungsrenten sollen verbessert | |
werden. Die Kosten für dieses Gesamtpaket waren zuvor mit mehr als 20 | |
Milliarden Euro beziffert worden. | |
Auch bei der Pkw-Maut zeichnete sich eine Lösung ab. Dazu hieß es im | |
jüngsten Entwurf für den Koalitionsvertrag: Um mehr Geld für die Straßen zu | |
bekommen, „werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in | |
Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein | |
Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird“. Unklar ist, ob dies | |
machbar ist. Merkel hatte im Wahlkampf noch betont: „Mit mir wird es keine | |
Pkw-Maut geben.“ | |
Einig wurden sich beide Seiten bei der umstrittenen | |
Vorratsdatenspeicherung. Dazu heißt es im Entwurf für den | |
Koalitionsvertrag: „Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von | |
Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen.“ | |
Probleme bereitete nach wie vor die Finanzierung zahlreicher Vorhaben. Aus | |
Kreisen der Union hieß es am Abend, die Kosten der von den Arbeitsgruppen | |
vorgeschlagenen Projekte in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro seien | |
bisher nur unwesentlich zusammengestrichen worden. Die SPD bestand demnach | |
auf Ausgaben und Investitionen von 45 Milliarden Euro, CDU und CSU | |
beharrten auf einer Deckelung bei 16 Milliarden. | |
Mit endgültigen Ergebnissen wurde erst am frühen Mittwochmorgen gerechnet. | |
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte an: „Es wird eine lange | |
Nacht.“ Auch ihr CDU-Kollege Hermann Gröhe ging von einem „ganz großen | |
Stück Arbeit“ aus. Bei einer Einigung wollten Merkel, Gabriel und Seehofer | |
das Ergebnis am Mittwoch gemeinsam präsentieren. | |
Wenn die SPD-Basis für einen Koalitionsvertrag grünes Licht gibt, könnte | |
Merkel am 17. Dezember im Bundestag zum dritten Mal zur Kanzlerin gewählt | |
werden. Das neue schwarz-rote Kabinett würde dann am selben Tag die Arbeit | |
aufnehmen. SPD und Union waren zuletzt zwischen 2005 und 2009 gemeinsam an | |
der Regierung. | |
26 Nov 2013 | |
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