# taz.de -- Enthüllungen zu „geheimen Kriegen“: Empört euch! Bitte ein bi… | |
> Seit Wochen berichten „SZ“ und NDR stets neue Details zum „geheimen | |
> Krieg“ in Deutschland. Die Wirkung ist überschaubar. Warum eigentlich? | |
Bild: Das Africom steuert von Süddeutschland aus US-Militärseinsätze in ganz… | |
BERLIN taz | Man sieht dem gewitzten Journalisten John Goetz seinen Spaß | |
deutlich an. Er geht mit dem Rentner Karl Hornisch und dessen Hündchen Nana | |
spazieren. Sie möchten ja hier nur mal entlanggehen, sagen sie. Und dann | |
fragen sie die Herren von der Polizei: „Ja, kann denn die Nana nicht einmal | |
mehr in Ruhe kacken?“ | |
Nein, kann sie nicht. Denn hinter den massiven Mauern in Frankfurt, an | |
denen Nana ihr Geschäft verrichten will, steht laut dem Journalisten eine | |
Logistikzentrale der CIA. Auf den Fernsehaufnahmen, die Nana zeigen, sind | |
im Hintergrund meterhohe Zaunanlagen zu sehen und große Sattelschlepper. | |
Die Fernsehbilder sollen Impressionen aus dem Reich der Verschwiegenheit | |
liefern. Wer ohne Hündchen hier an diesen Mauern steht, wird noch schneller | |
weggeschickt. | |
Nanas Geschäft – das ist nur eine der launigeren Episoden, für die es sich | |
lohnt, die [1][Rechercheergebnisse eines Teams investigativer Journalisten] | |
von Süddeutscher Zeitung und NDR zu betrachten, die nun seit zwei Wochen | |
mit täglich neuen Enthüllungen aufwarten: Es geht um das Beziehungsgeflecht | |
deutscher Behörden mit US-Militär und -Geheimdiensten und um aktive | |
Kriegsführung, die von Stützpunkten in Deutschland aus betrieben wird – | |
auch unter deutscher Beteiligung. Die Journalisten nennen das „die geheimen | |
Kriege“. Und sie kennen viele Details. | |
Allein: Die öffentliche Reaktion auf die Enthüllungsserie ist überschaubar. | |
Warum eigentlich? Denn was das nach eigenen Angaben bis zu 25-köpfige | |
Journalistenteam um Christian Fuchs und John Goetz, der gerade erst mit dem | |
Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele von Whistleblower Edward Snowden | |
in dessen Moskauer Exil empfangen wurde, zusammengetragen hat, ist eine | |
journalistische Vorzeigeleistung. | |
## Zusammenarbeit zwischen Unis und Amerikanern | |
Zuletzt enthüllten sie, dass sich zahlreiche deutsche Universitäten vom | |
amerikanischen Verteidigungsministerium dafür bezahlen lassen, an | |
kriegsrelevanter Technik zu forschen. Auf der Empfängerliste stehen große | |
Namen der deutschen Hochschullandschaft, unter ihnen etwa die | |
Ludwig-Maximilians-Universität in München, die für das Pentagon an | |
Sprengstoff forscht. | |
Die Journalisten deckten auch auf, dass Tochterfirmen des US-Unternehmens | |
Computer Sciences Corporation (CSC) eng in etliche hochsicherheitsrelevante | |
IT-Projekte in Deutschland eingebunden waren – und dass das Unternehmen als | |
Spionage-Dienstleister amerikanischer Geheimdienste operieren soll. Demnach | |
war eine Tochter der CSC im Jahr 2004 in die Verschleppung des Deutschen | |
Khaled El Masri durch den US-amerikanischen Geheimdienst CIA verwickelt. | |
In Deutschland erhielt die CSC allerdings Aufträge, die mit der Sicherheit | |
des IVBB, des Regierungsnetzes, zu tun haben. Darüber läuft die | |
Kommunikation deutscher Ministerien und Behörden. Die CSC beriet demnach | |
auch das Bundesinnenministerium bei der Einführung des elektronischen | |
Passes und ist involviert in das Projekt De-Mail, dessen Ziel der sichere | |
Mailverkehr ist. | |
Die Liste der Investigativarbeit ließe sich fortsetzen: So nannten die | |
Journalisten Details zur Zentrale des Africom-Kommandos in Stuttgart, von | |
wo aus der US-Drohnenkrieg in Somalia gesteuert werden soll, und sie | |
beleuchteten die Rolle der sogenannten Hauptstelle für Befragungswesen, | |
einer geheimen Dienststelle des Bundesnachrichtendienstes, von der unter | |
anderem Asylbewerber in Deutschland befragt werden. Nicht alles davon ist | |
neu. Details und Umfang der Recherche aber sind beachtlich. | |
## Geringe Resonanz | |
Doch auch wenn die ARD sich bemüht, den Recherchekomplex auf ihren | |
Sendeplätzen prominent zu bewerben, etwa am Donnerstag mit einem eigenen | |
Themenabend: Angesichts der Enthüllungsdichte ist insbesondere die | |
politische Resonanz verhältnismäßig gering. | |
Das mag mitunter daran liegen, dass die Veröffentlichung zu einem | |
ungünstigen Zeitpunkt kam: Gerade als die Empörung über die Überwachung des | |
Kanzlerhandys ihren Höhepunkt erreicht hatte, ging das Team an die | |
Öffentlichkeit. Ein abgehörtes Merkelhandy? Schwer zu toppen. | |
Das zurückhaltende Interesse ist sicher auch dem Umstand geschuldet, dass | |
die Dramaturgie der Enthüllungen eine Spur zu perfekt inszeniert war, mit | |
choreografierten Sondersendungen, Häppchenveröffentlichungen und einem | |
passenden Buch. | |
Einen dritten Grund mag es aber sicher auch noch geben. Das könnte der | |
Stolz jener Berufsgattung der Journalisten sein, die gern zu eitel ist, die | |
Erfolge der Konkurrenz zu würdigen. Zu Unrecht. | |
30 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.geheimerkrieg.de/#entry-5-6818-das-projekt | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
## TAGS | |
CIA | |
NDR | |
US-Army | |
US-Geheimdienst | |
Blogger | |
Flüchtlinge | |
USA | |
Amazon | |
NSA-Skandal | |
Terrorbekämpfung | |
Medien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Blogger über Protestformen: Beleidige nicht meine Generation | |
Unser Autor ist gelangweilt von den Feuilletonkritiken an seiner | |
Generation. Ständig soll sie sich empören. Warum denn? | |
Anfrage der Linksfraktion: Drohnenhelfer verhören weiter | |
Geheimdienstler der Hauptstelle für Befragungswesen quetschten jahrelang | |
Asylbewerber aus. Die Behörde macht bald dicht. Ein Ende der Verhöre ist | |
nicht in Sicht. | |
Strategische Militärübung: Zombie-Apokalypse in den USA | |
Der Führungsnachwuchs des US-Militärs muss auf alle Situationen reagieren | |
können. Auch auf einen Zombie-Angriff. Der „Conplan 8888“ bereitet sie | |
darauf vor. | |
Die Wahrheit: Wo die Drohnen wohnen | |
Amazon hat angekündigt, uns Drohnen auf den Hals zu hetzen. Da hilft nur | |
eins: Tontaubenschießen ist die Sportart der Stunde. | |
Kolumne Liebeserklärung: Der Vertreter | |
Im NSA-Skandal haben die USA jetzt zur stärksten Waffe gegriffen, die sie | |
haben: dem Handlungsreisenden. Das ist schön. | |
ARD-Themenabend „Der Geheime Krieg“: Was zum Teufel läuft hier ab? | |
Die beachtliche Recherche von NDR und „SZ“ zeigt, wie dreist öffentliche | |
Stellen vorgehen, um die Öffentlichkeit im Unklaren zu halten. | |
Recherche-Projekt von „SZ“ und NDR: Großoffensive „Geheimer Krieg“ | |
Die „Süddeutsche“ und der NDR rechechieren gemeinsam zum Antiterror-Krieg | |
der USA auf deutschem Boden. Nun erreicht die Kooperation eine neue Stufe. |