# taz.de -- Die Wahrheit: Fünf Ringe sollt Ihr sein! | |
> Die olympische Idee muss konsequent kreativ weitergedacht werden. Wie | |
> wäre es mit einer Happy Hour bei Medaillen: Drei für den Preis von zwei? | |
Bild: Nur ganz neue publikumswirksame Disziplinen werden die olympischen Spiele… | |
Jaaa! Es ist noch keine drei Wochen her, dass die Menschen in München und | |
Umgebung sich klar für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 | |
ausgesprochen haben. Und zwar in Oslo oder besser noch weiter weg. | |
Weil sie Idioten sind, sagen die, die gegen dieses Oslo sind, | |
selbstverständlich nicht. Sondern: Es ist uns nicht gelungen, die Vorteile | |
und Vorzüge und Prächtigkeiten einer Olympiabewerbung ausreichend zu | |
kommunizieren. Soll heißen: So zu kommunizieren, dass es auch von Idioten | |
kapiert wird. | |
Dabei hatten sie mit der eher herb als hübschen Maria Höfl-Riesch, | |
mehrfache Was-weiß-ich im Hangrutschen, jemanden eingekauft, die sich | |
„sogar ihre Fingernägel in den Olympiafarben lackiert hatte“ (Frankfurter | |
Rundschau). Nicht schlecht, doch hätte ein Intimpiercing mit den fünf | |
Olympischen Ringen da nicht vielleicht mehr gebracht? | |
Den Olympiagegnern war‘s egal. Die Bewerbung hätte 29 Millionen Euro | |
gekostet, die Kosten der Spiele wurden mit 3,3 Milliarden veranschlagt. | |
Viel zu kommerziell und viel zu teuer, argumentierten sie. Stimmt nicht, | |
denn das hätte man locker aus der Steuernachzahlung von Uli Hoeneß bezahlt. | |
Der im Winter 2022 ja auch schon wieder auf freiem Fuß sein wird und live | |
hätte dabei sein können! | |
Von Münchner Boden darf also nie wieder eine Olympiabewerbung ausgehen. | |
Passend dazu sprach der Erfinder der Olympischen Spiele der Neuzeit, Pierre | |
de Coubertin, im Jahr 1898 die berühmten Worte: „Je m‘ appelle Pierre!“,… | |
Deutsch: Dabei sein ist alles!, zu Englisch: Shit happens! Damit versuchte | |
er zwar lediglich eine Schlägerei zwischen Langstreckenläufern zu | |
verhindern, die sich gegenseitig von der Bahn geschubst hatten. Es tröstet | |
aber auch diesmal. | |
## Wozu sich die Lunge aus dem Leib hetzen? | |
Mit erfolglosen Olympiabewerbungen hat man in Deutschland Erfahrung. Berlin | |
fiel durch, Leipzig fiel durch. Selbst München hat es schon einmal versucht | |
und gegen Pyeongchang verloren, von dem man bis heute nicht sicher weiß, ob | |
es nicht vielleicht doch in Nord-, statt in Südkorea liegt – etwas, was man | |
bei München immerhin ziemlich sicher ausschließen kann. | |
Liegt die Ablehnung der Münchner eventuell an den Sportarten, von denen | |
einige zu offensichtlich der Natur des Menschen widersprechen? Zum Beispiel | |
Biathlon. Wozu sich die Lunge aus dem Leib hetzen, wenn man doch alles | |
dabei hat, um sich ohne größere körperliche Anstrengung den Sieg zu | |
sichern? Das Gewehr wurde doch gerade deshalb erfunden, weil man der Beute | |
nicht mehr ewig hinterrennen wollte! Man kann dazu stehen, wie man will, | |
aber der Gebrauch von Schusswaffen bringt Spannung! | |
Vielleicht sollte man einfach mal eine Kreativ-Agentur über das Olympische | |
Programm drüberschauen lassen. Mit ein paar frischen Ideen ließe sich | |
Olympia, Sommer- wie Winterspiele gleichermaßen, wieder attraktiver machen. | |
Wie wäre es mit der Einführung einer Happy hour, in der es drei | |
Goldmedaillen zum Preis von zwei gibt? Mit der Abschaffung des undankbaren | |
vierten Platzes durch Umbenennung in „dankbarer vierter Platz“? Mit der | |
Erweiterung des Zehnkampfes um publikumswirksame Disziplinen wie „Ich sehe | |
was, was du nicht siehst“ oder „Komposition für gemischten Chor und Oboe�… | |
Natürlich sind das Randsportarten, gewiss! Aber das sind Akademisches | |
Angeln, Esperanto und Schnick-Schnack-Schnuck ohne Schere auch, und da | |
stimmen die Einschaltquoten! | |
Man könnte auch das Publikum stärker einbeziehen, zum Beispiel beim | |
100-Meter-Lauf: Erst müssen die Sportler rennen, und dann entscheidet das | |
Publikum per Telefonvoting, wer gewonnen hat. Oder man kehrt zu den antiken | |
Wurzeln zurück und nimmt wieder Tierhatzen ins Programm. | |
Als begleitende Maßnahme wäre daran zu denken, dass es bei zukünftigen | |
Bürgerentscheiden nur noch zwei Möglichkeiten abzustimmen gibt: „Ja“ und | |
„ungültig“. Demokratie ist schließlich nichts Statisches, sie will | |
fortentwickelt und den Herausforderungen unserer Zeit angepasst werden. | |
Vielleicht ist es den Befürwortern der Münchner Bewerbung ja ein Trost, | |
dass Olympische Winterspiele ohnehin nicht mehr an Orte vergeben werden, | |
die in der gemäßigten Klimazone liegen. Mein Favorit für 2022 heißt darum | |
Katar. München kann sich ja stattdessen für die Austragung des | |
Oktoberfestes bewerben. | |
10 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Robert Niemann | |
## TAGS | |
Olympische Spiele | |
Volksentscheid | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
Unterhaltung | |
Samwer | |
Bergsteigen | |
Bambi | |
Langeweile | |
Volkszählung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Olympia 1908 in London: Das kurze Leben des Läufers | |
John B. Taylor gewinnt bei den Spielen 1908 Gold mit der US-Staffel. Er ist | |
der erste Afroamerikaner, der bei Olympia ganz oben auf dem Podest steht. | |
Die Wahrheit: Männer, Frauen, Worte | |
Um deutsche Ehen ist es nicht gut bestellt - die Männer schweigen einfach | |
zu oft. Helfen soll nun eine gesetzliche Mindestwortzahl in | |
Partnerschaften. | |
Die Wahrheit: Samwer gut oder böse? | |
Drei Brüder aus dem Netz sind auf dem Beliebtheits-Olymp angelangt. Alle | |
Welt fragt sich nun: Was macht dieses Trio eigentlich? | |
Die Wahrheit: Deppenkraxeln | |
Die Trendsportart des Sommers heißt „Verunglücken am Berg“. Immer mehr | |
Idioten wollen jeden verwarzten Huckel erklimmen und stürzen prompt ab. | |
Die Wahrheit: Nobel grüßt der Quark | |
Nobelpreiswürdig sind nur Leute, von denen man noch nie etwas gehört hat – | |
und Sachen, die keiner versteht. Das machen die beim Bambi besser! | |
Die Wahrheit: Nichtstun mit Niveau | |
Die letzten Geheimnisse der Arbeitswelt werden gelüftet: Eine krankmachende | |
Langeweile greift immer mehr um sich. | |
Die Wahrheit: Zu doof zum Zählen | |
Erst jetzt stellt sich langsam heraus, dass bei der letzten Volkszählung | |
gravierende Fehler gemacht wurden. |