# taz.de -- Foodwatch fordert mehr Transparenz: Smileys gegen Gammelfleisch | |
> Foodwatch bewertet die Überwachung von Lebensmitteln als unzureichend. | |
> Gefordert wird eine konsequente Veröffentlichungspflicht von | |
> Prüfberichten. | |
Bild: Frisch oder nicht? Pferd oder Schwein? Lebensmittelskandale häufen sich,… | |
BERLIN taz | Dioxin in den Eiern, Gammelfleisch und Pferd in der Lasagne: | |
Für einen Skandal sind unsere Lebensmittel immer wieder gut. Aber trotz | |
aller Versprechen der Politik hat sich wenig geändert, moniert die | |
Verbraucherorganisation Foodwatch. Sie stellte am Donnerstag ihren Bericht | |
„Von Maden und Mäusen“ vor. Fazit: Die Lebensmittelüberwachung in | |
Deutschland versage weiterhin, und die gesetzlichen Regelungen seien | |
unzureichend. | |
Foodwatch fordert mehr Transparenz und gesetzliche Nachbesserungen: „Der | |
Staat lässt seine Bürger im Stich“, klagt Matthias Wolfschmidt von der | |
Organisation. „Verbraucher müssen endlich erfahren, wer die | |
Gammelfleisch-Händler, Pferdefleisch-Panscher oder Schmuddel-Wirte sind – | |
ansonsten fehlt den Betrieben der Anreiz, sich an Gesetze zu halten, und | |
der nächste Lebensmittelskandal ist nur eine Frage der Zeit.“ | |
Vorbild bei der Transparenz ist laut Foodwatch Dänemark: Hier müssen sowohl | |
die positiven als auch die negativen Ergebnisse aus Lebensmittelkontrollen | |
veröffentlicht werden. Durch ein „Smiley-System“ mit lachenden und | |
weinenden Gesichtern, das Verbrauchern direkt an der Ladentür Auskunft über | |
die Hygienezustände erteilt, seien die problematischen Fälle in zehn Jahren | |
von 30 auf 15 Prozent zurückgegangen. | |
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hingegen wehrt sich gegen ein | |
solches Transparenzsystem: „Skandalisierung ist völlig fehl am Platz“, sagt | |
Geschäftsführerin Ingrid Hartges auf Anfrage der taz. „Wir haben sehr gute | |
Lebensmittel in Deutschland. Ein Smiley- oder Ampelsystem lehnen wir aus | |
verfassungsrechtlichen Gründen ab. Der effektivste Verbraucherschutz ist | |
die Schließung von Schmuddelbetrieben.“ | |
## Reicht das Verbraucherinformationsgesetz aus? | |
Nach einer Serie von Gammelfleischskandalen hatte 2005 der damalige | |
Verbraucherminister Horst Seehofer den Kampf gegen Pfusch in der | |
Fleischindustrie angekündigt. Durch das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) | |
von 2008 sind Verbraucher nach Informationen des Bundesministeriums für | |
Verbraucherschutz inzwischen berechtigt, konkrete Auskünfte zu bestimmten | |
Produkten oder Sachverhalten von Behörden zu verlangen. | |
Foodwatch hingegen kommt zu einem anderen Fazit: „Das VIG sorgt nicht für | |
Transparenz“, so Anne Markwardt von Foodwatch. Eine Anfrage sei langwierig | |
und kompliziert. Die Behörden schreckten die Bürger ab, indem sie für den | |
behördlichen Aufwand Kostenvoranschläge über mehrere tausend Euro | |
verschickten. | |
Von 54 Anfragen, die Foodwatch an Behörden in Bayern, Niedersachsen und | |
Nordrhein-Westfalen stellte, seien lediglich in sieben Fällen die | |
angefragten Informationen vollständig und kostenfrei herausgegeben worden. | |
Zusätzlich wurde nach dem Dioxinskandal 2012 das Lebensmittel- und | |
Futtermittelrecht geändert. Seitdem müssen Behörden die Öffentlichkeit über | |
Grenzwertüberschreitungen informieren – allerdings erst ab einem zu | |
erwartenden Bußgeld von mehr als 350 Euro. | |
In vielen Fällen schreckten Behörden laut Foodwatch auch aus Angst vor | |
einer Klage der betroffenen Unternehmen vor einer Veröffentlichung zurück. | |
Aus diesem Grund wurden auch verschiedene Online-Informationsportale wieder | |
eingestellt. Nur eine konsequente Veröffentlichungspflicht aller Ergebnisse | |
könne hier Abhilfe schaffen. | |
Das probiert als eine der wenigen Kommunen in Deutschland der Berliner | |
Bezirk Pankow. Stadtrat Torsten Kühne (CDU) hat damit gute Erfahrungen | |
gemacht: „Transparenz nutzt in dreifacher Hinsicht: den Verbrauchern, den | |
seriösen Unternehmen und den Behörden.“ | |
12 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Laura Weis | |
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