# taz.de -- Kolumne Darum: Der Gevatter Hormon | |
> Wie einmal der liebe Gott scheiterte, der Tod die Akne besiegte und einem | |
> Erwachsenen richtig Angst gemacht wurde. Ein Pubertätsmärchen. | |
Bild: Reserviert für Gevatter Hormon: Parkplatz des Grauens. | |
Es war einmal ein armer Mann, der hatte zwei Kinder. Wie das erste in die | |
Pubertät ging, wusste er sich nicht mehr zu helfen, und lief in seiner Not | |
hinaus in den Wald. Da begegnete ihm der liebe Gott und sagte: „Du dauerst | |
mich, armer Mann, ich will dir dein Kind aus der Pubertät heben und für es | |
sorgen, da wird es erwachsen auf Erden.“ | |
Der Mann antwortete: „Ich will dich nicht zum Gevatter, du gibst den | |
Kindern und lässt die Pubertierenden unter Hormonen leiden“; damit ließ er | |
ihn stehen und ging weiter. | |
Bald darauf begegnete ihm der Tod, der sprach gleichfalls zu ihm: „Ich will | |
dein Gevattersmann werden, und dein Kind heben; wenn es mich zum Freund | |
hat, da kann's ihm nicht fehlen, ich will es zu einem Erwachsenen machen.“ | |
Der Mann sagte: „Das bin ich zufrieden, du machst keinen Unterschied und | |
holst die Kinder wie die Pubertierenden; morgen ist Sonntag, da wird das | |
Kind hormonell bedingt gar garstig, stell dich nur zu rechter Zeit ein.“ | |
Am andern Morgen kam der Tod, machte das Kind erwachsen und nahm seinen | |
Paten mit in den Wald; da sprach er zu ihm: „Jetzt bist du erwachsen; du | |
brauchst nur Acht zu geben, wenn du zu einem Pubertierenden gerufen wirst | |
und du siehst mich zu seinem Haupte stehen, so hat's nichts zu sagen, lass | |
ihn dann an dieser Flasche riechen, und salb ihm die Pubertätsakne damit, | |
so wird er bald auch erwachsen sein; steh ich aber zu den Füßen, dann ist's | |
aus, dann will ich ihn ewig hormongeschüttelt haben.“ | |
## Der Ruf des Königs | |
Damit gab der Tod ihm die Flasche, und er ward ein berühmter Erwachsener; | |
er brauchte nur den Pubertierenden zu sehen, so sagt' er schon voraus ob er | |
erwachsen werde oder weiter unter Hormonen leiden müsse. | |
Einmal ward er zum König gerufen, der an einer schweren Pubertät darnieder | |
lag; wie der Erwachsene eintrat, sah er den Tod zu Füßen des Königs stehen, | |
und da konnte seine Flasche nichts mehr helfen. Doch fiel ihm ein, er | |
wollte den Tod betrügen, packte also den König an, und legte ihn verkehrt, | |
sodass der Tod an seinem Haupte zu stehen kam; es glückte und der König | |
wurde erwachsen. | |
Wie der Erwachsene aber wieder zu Haus war, kam der Tod zu ihm, machte ihm | |
böse grimmige Gesichter und sagte: „Wenn du dich noch einmal unterstehst | |
mich zu betrügen, so dreh ich dir den Hals um.“ Bald danach ward des Königs | |
schöne Tochter hormonell gebeutelt, niemand auf der Welt konnte ihr helfen, | |
der König weinte Tag und Nacht, endlich ließ er bekannt machen, wer sie | |
kurieren könne, der solle sie zur Belohnung haben. | |
Da kam der Erwachsene und sah den Tod zu den Füßen der Prinzessin stehen, | |
doch weil er vor ihrer Schönheit ganz in Erstaunen war, vergaß er alle | |
Warnung, drehte sie herum und ließ sie an der heilenden Flasche riechen und | |
salbte ihr die Pubertätsakne. | |
Kaum war er wieder zu Haus, da stand der Tod mit einem entsetzlichen | |
Gesicht vor ihm, packte ihn, und trug ihn in eine unterirdische Höhle, | |
worin viel tausend Lichter brannten. „Siehst du, sagte der Tod, das sind | |
alles Pubertierende, und hier das Licht, das aus ist und gleich wieder | |
angehen könnte, das wäre dann deine Pubertät; hüt' dich!“ | |
Frei nach [1][„Der Gevatter Tod“, Märchen der Brüder Grimm, 1812, | |
Erstausgabe.] | |
6 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://de.wikisource.org/wiki/Der_Gevatter_Tod_(1812) | |
## AUTOREN | |
Maik Söhler | |
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