# taz.de -- Kolumne 30C3 - Tag 1: Bullshitbingo in einer mad world | |
> Singende Roboter, düstere Stimmung und Pofallas Sprachstil – das geht gar | |
> nicht. Was wir auf dem ersten Tag des 30C3 gelernt haben. | |
Bild: Die Kongresswelt lässt sich nur subjektiv erfahren. | |
Jeder Besucher des 30C3 lebt in seiner eigenen Kongresswelt. Neben den | |
vielen Diskussionen und der großen [1][Greenwald-Keynote], lässt sich die | |
Zeit ebenfalls wunderbar mit Pac-Man, oder bei einer der | |
Hacker-Stadtführungen durch Hamburg herumkriegen. Ein Gesamteindruck des | |
Kongresses kann nur ein subjektiver sein und am Ende eines langen Tages | |
zwischen Spielplatz, Aktivismus und anderen 10.000 Besuchern fragt man | |
sich: Was habe ich heute eigentlich gelernt? | |
1. Das Bundesinnenministerium (BMI) sucht sich selbst aus, wer ihm eine | |
Mail schreiben darf, und wer nicht. Das BMI beantwortet keine Emails von | |
[2][FragDenStaat.de], einem Portal auf dem jeder leicht und transparent | |
Anfragen an Behörden nach den [3][Informationsgesetzen] stellen kann. „Die | |
Beantwortung Ihres Informationsersuchens in elektronischer Form an eine | |
E-Mail Adresse der Internetseite „FragdenStaat.de“ ist nicht möglich“, | |
[4][//fragdenstaat.de/anfrage/stellungnahme-zur-anderung-der-euwg/:erklärt | |
das Ministerium schirftlich] und begründet, FragdenStaat.de könne nicht als | |
E-Mail Provider angesehen werden, da die Zielsetzung nicht primär auf die | |
Erbringung von Email-Dienstleistungen gerichtet sei. | |
„Wie wir dagegen vorgehen ist noch unklar“, sagt Stefan Wehrmeyer, | |
Betreiber der Plattform. „Einer unserer Nutzer plante eine | |
Untätigkeitsklage.“ Doch Wehrmeyer hoffe, dass sich die Angelegenheit durch | |
Vermittlung der neuen Bundesbeauftragten für Datenschutz und | |
Informationsfreiheit [5][Andrea Astrid Voßhoff] auch ohne Rechtsstreit | |
lösen ließe. Und vielleicht kommt das Amt zur Besinnung, denn Mails von | |
Googlemail - primär Suchmaschine - oder der taz - primär Zeitung - | |
beantwortet es doch auch. | |
2. Aus den Phrasen von Merkel, Pofalla und Co. ließe sich wunderbar ein | |
Bullshitbingo basteln. Diese Spielidee kam uns bei dem Vortrag [6][„Keine | |
Anhaltspunkte für flächendeckende Überwachung“] von Kay Hamacher und Martin | |
Haase. Hier die Regeln: Notieren Sie sich folgende Begriffe in zufälliger | |
Reihenfolge in einem vier mal vier Kästchen großem Raster. Schalten Sie ein | |
Statement der Bundeskanzlerin oder einem ihrer Vertreter zum Thema | |
Überwachung und NSA an und streichen Sie die Begriffe durch, die fallen. | |
Wer zuerst vier Begriffe in einer Reihe durchgestreichen hat, gewinnt: | |
„Nach Recht und Gesetz“, „angebliche Überwachung“, „No-Spy-Abkommen�… | |
erklärt sich an deutsches Recht zu halten“, „NSA hat schriftlich | |
versichert“, „hochrangige Gespräche“, „schriftlich zugesagt“, | |
„Einverständnis erklärt“, „Die NSA unternimmt nichts, um deutsche | |
Interessen zu schädigen“, „auf deutschem Boden“, „die Affaire ist been… | |
„vom britischen Außenminister persönlich autorisiert“, „Vorwurf der | |
vermeintlichen Totalausspähung“, „in ganz konkreten Einzelfällen“ und | |
„Überwachung unter Freunden“ und "das geht gar nicht.“ | |
3. Der CCC denkt positiv! Im Studio des Deutschlandfunks, was live vom 30C3 | |
sendet, [7][article_id=273132:erklärt CCC-Sprecher Frank Rieger], warum | |
auch der Kongress dieses Jahr kein Motto hat: „Es gab jede Menge | |
Vorschläge, die zum Teil relativ düster waren“, sagt Rieger. Einer der | |
Vorschläge lautete „someone you trust is one of us“. Doch der CCC will nach | |
vorne schauen. „Was können wir jetzt tun, was sind die möglichen Ideen - | |
technische politische oder juristische Ideen - die wir gegen die von | |
Snowden enthüllten Überwachungssysteme ins Feld führen können“, sagt | |
Rieger. Die Mottos aus den Jahren 2012 und 2011 „Not My Department“ und | |
„Behind enemy lines“ zeigten ja nicht gerade Jubelstimmung. | |
Doch die Mitglieder und Besucher stehen ganz hinter dem CCC, auch ohne | |
Kongressspruch, denn ein Kongressshirt reicht auch: Als der | |
Merchandise-Store eröffnet ist der Run auf die blauen Kapuzenpullover und | |
T-Shirts mit CCC-Logo riesig. In einem großen „C“ stehen die Teilnehmer in | |
der Eingangshalle des CCH-Kongresszentrums für die Sweater an, blättern bis | |
zu 45 Euro hin, klemmen sich was sie zuvor anhatten untern Arm und stülpen | |
sich das schlabbrige Erkennungszeichen wie eine Uniform über. Jubel über | |
das CCCD - das Choas Computer Corporate Design. | |
4. Auch Roboter werden von Dieter Bohlen fertig gemacht. Karl Heinz Jeron | |
ist Künstler in Berlin und [8][bastelt Roboter]. Seinem Roboter Sim Gishel | |
brachte er das Singen und Tanzen bei und stellte ihn bei den Castingshows | |
„Voice of Germany“ und „Das Supertalent“ vor, durfte aber bei beiden ni… | |
mitmachen. Dieter Bohlen echauffierte sich, Robotergesang könne nie mit | |
einer menschlichen Stimme mithalten, sagt Jeron. „Tausende Roboter arbeiten | |
jeden Tag hart und bauen Autos zusammen“, sagt der Künstler, da habe der | |
kleine Sim Gishel doch auch eine Chance verdient - [9][was für eine mad | |
world]. | |
28 Dec 2013 | |
## LINKS | |
[1] /!130057/ | |
[2] http://fragdenstaat.de/ | |
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[4] http://(http | |
[5] /!129296/ | |
[6] http://events.ccc.de/congress/2013/Fahrplan/events/5281.html | |
[7] http://www.deutschlandfunk.de/informationssicherheit-sprachlos-in-hamburg-3… | |
[8] http://jeron.org/category/works/ | |
[9] http://www.youtube.com/watch?v=9B39FCMJC30&feature=youtu.be | |
## AUTOREN | |
Svenja Bednarczyk | |
Saskia Hödl | |
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