# taz.de -- Kolumne Fernsehen: Trauen Sie niemandem! | |
> Ein Schulbuch aus den 70ern warnt: „Am besten hält man sich von Fälschern | |
> fern – und schaltet ihre Magazine nicht mehr ein.“ Hätte ich das nur | |
> früher gewusst. | |
Bild: Kann man den Kindernachrichten von „Logo“ noch trauen? | |
Wie immer gab’s das schönste Weihnachtsgeschenk von Mutti. Die ist | |
Lehrerin. Von ihr hab ich das Buch „Wahrheit mit beschränkter Haftung. Vom | |
Umgang mit Massenmedien“ bekommen. Aus dem Jahr 1976. „Informationen für | |
Jugendliche – Lektüre ohne pädagogischen Zeigefinger“. | |
Ja, so waren sie, diese jungen Lehrer in den 70ern: ohne pädagogischen | |
Zeigefinger unterwegs, immer auf der Suche nach der intersubjektiv | |
überprüfbaren Wahrheit – oder der nächsten Anti-AKW-, Anti-Fluglärm-, | |
Anti-guter-Geschmack- oder Anti-Aufrüstungs-Demo. | |
Also, fangen wir an. Vorne drauf ist Karl-Heinz Köpcke. Das ist gut. Vor | |
dem erschrecken sich die Jugendlichen nicht. Der hat schließlich jeden Tag | |
zu ihnen gesprochen. Das ist der Onkel mit den „steigenden | |
Lebenshaltungskosten“ und den Konflikten in Nahost. Und hinten auf dem | |
Umschlag? „Jede Form journalistischer Darbietung ist Manipulation“, steht | |
da. Und: „Der Satz, dass Lügen kurze Beine haben, gilt besonders für | |
journalistische Lügen … Die Welt, wie wir sie anhand unserer Massenmedien | |
begreifen, ist eine Erfindung der Journalisten …“ | |
Mich beschleicht ein schlimmer Verdacht: Versucht Autor Alfred Marquart | |
etwa, die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer zu | |
manipulieren? Versucht er es hier etwa mit dem pädagogischen Zeigefinger? | |
Nein. Das kann ich nicht glauben. Das Buch kommt schließlich aus dem | |
Bibliotheksbestand einer allgemeinbildenden Schule. | |
## "Man wird manipuliert" | |
Erstmal reinschauen, blättern, blättern, blättern, Fazit – nein, das heißt | |
hier anders: „Ein paar Gebote“: „Man wird manipuliert, wenn man es nicht | |
vermutet … In der Regel steckt in jedem Journalisten ein Missionar – er | |
will aufklären oder verdummen, er will das Geschäft der Weltverbesserer | |
besorgen oder das der Konzerne, er will der Regierung nützen oder ihr | |
schaden. Weil er aber weiß, dass er das so plump nicht darf, versucht er es | |
auf die schlaue Tour. Die sollte man ihm vermasseln.“ | |
Oh oh, jetzt hat Marquart wohl doch den pädagogischen Zeigefinger | |
rausgeholt und rammt diesen tief in die Asbest-Decken der Realschulen | |
dieser Republik: „Achtung vor den Fälschern: Wer einmal Nachrichten | |
fälscht, tut das immer wieder. Am besten hält man sich von Fälschern fern – | |
liest ihre Zeitungen nicht mehr und schaltet ihre Magazine nicht mehr ein. | |
Vorsicht vor Vorurteilen: Werbefilme stimmen nicht. Nicht nur das bewusste | |
Waschmittel ist nicht das beste, auch die Familien, die damit waschen, gibt | |
es nicht.“ | |
Springer enteignen! Hoch die internationale Solidarität! | |
## Nur der WDR weiß Bescheid | |
Doch meine Mutter hält weiter treu zu den Massenmedien, zu diesen Fälschern | |
und Lügnern. Sie wollte beim Westdeutschen Rundfunk für ihren Unterricht | |
den Mitschnitt einer Sendung bekommen. Der Kölner Sender wollte dafür 50 | |
Euro von ihr haben. Zu viel für den kleinen Etat eines solchen Schulkurses. | |
Zum Glück! | |
Und gut, dass beim WDR noch Mitarbeiter sitzen, die unsere SchülerInnen | |
fernhalten von all den Fälschungen, die im Fernsehen laufen, denn – das | |
wusste schon Marquart: „Man kann seinen Augen nicht trauen.“ | |
30 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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