# taz.de -- TTIP wird überdacht: Ein Schimmer von Transparenz | |
> Die EU setzt die Verhandlungen über das umstrittene Freihandelsabkommen | |
> mit den USA teilweise aus – und will eine öffentliche Debatte. | |
Bild: Die Luft ist erst mal raus | |
BERLIN taz | Die EU-Kommission hat sich besonnen: Bevor sie weiter mit den | |
USA über ein Freihandelsabkommen (TTIP) verhandelt, will sie doch lieber | |
erst einmal öffentlich diskutieren, welche Positionen sie dort eigentlich | |
vertreten soll. Die Gespräche über ein Klagerecht für Konzerne würden | |
vorerst ausgesetzt, schrieb EU-Handelskommissar Karel De Gucht überraschend | |
an alle Wirtschafts- und Handelsminister der EU. Kritiker wie das Bündnis | |
Attac und viele Europaabgeordnete werteten das als Sieg. „Unser Protest | |
zeigt Wirkung“, sagte Steffen Stierle von der Attac-Kampagne | |
„Freihandelsfalle TTIP“. | |
De Gucht kündigte an, Anfang März einen Text mit der EU-Position zu dem | |
Investitionsteil zu veröffentlichen. Interessengruppen könnten sich dann | |
drei Monate lang einbringen. Erst danach werde man diesen Punkt mit den USA | |
weiterverhandeln. | |
## | |
EU und USA sprechen seit Juli über die Schaffung der größten | |
Freihandelszone der Welt mit einem Markt von mehr als 800 Millionen | |
potenziellen Kunden, auf dem mehr als die Hälfte der weltweiten | |
Wirtschaftsleistung abgewickelt würde. Doch was und wie genau sie | |
verhandeln, ist bislang geheim. | |
Klar ist allerdings, dass es auch um ein Klagerecht für Konzerne geht. Das | |
soll Unternehmen garantieren, dass ihre Investitionen in den | |
Vertragsländern geschützt sind, dass sie also beispielsweise nicht | |
„enteignet“ oder „unfair behandelt“ werden dürfen. Was das konkret | |
bedeutet, ist Auslegungssache. Die Erfahrung aus anderen Freihandelszonen | |
zeigt, dass Unternehmen es so verstehen, dass sie für missliebige | |
gesetzliche Vorschriften Schadenersatz in Milliardenhöhe verlangen dürfen. | |
So geht etwa der Tabakkonzern Philipp Morris dagegen vor, dass Australien | |
Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen zur Pflicht gemacht hat. Und der | |
schwedische Energiekonzern Vattenfall verklagt die Bundesregierung wegen | |
des Atomausstiegs. | |
## Proteste regen zum Nachdenken an | |
Bisher sah die Kommission darin kein Problem. Erst die andauernden Proteste | |
und das schlechte Image des TTIP bringen sie nun ins Grübeln. „Ich weiß, | |
dass einige EU-Bürger sich ernste Sorgen machen“, sagte De Gucht. | |
Allerdings gehe es ihm vor allem um Transparenz, es ändere sich nichts | |
daran, dass die Unternehmen Garantien bräuchten. | |
Das sehen viele Europaabgeordnete anders. Sie begrüßten zwar den | |
Verhandlungsstopp, wollen den Investorenschutz aber ganz streichen. Helmut | |
Scholz von der Linken sagte, das Klagerecht von Konzernen habe sich zu | |
einem Milliardengeschäft entwickelt und müsse abgeschafft werden. Und auch | |
der Sozialdemokrat Bernd Lange forderte: „Die EU-Kommission muss jetzt | |
konsequent sein und nicht nur eine Verhandlungspause einlegen.“ | |
Doch ein Verzicht würde den liberalen Überzeugungen von De Gucht und auch | |
von Kommissionspräsident José Manuel Barroso widersprechen. Womöglich | |
befürchten sie nur, dass das Freihandelsabkommen im Europawahlkampf zu sehr | |
Thema werden könnte. Und das könnte die von De Gucht initiierte passgenaue | |
Pause nun verhindern. | |
21 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
Beate Willms | |
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