# taz.de -- Rechtsextreme in Hoyerswerda: Bewährungsstrafen für Todesdrohung | |
> Sie bedrohten ein Paar, das sich gegen Nazis wehrte, mit dem Tod. Mehrere | |
> Rechtsextreme bekamen Bewährungsstrafen. Das Urteil stößt auf Kritik. | |
Bild: Einer der angeklagten Männer im Gerichtssaal. | |
HOYERSWERDA dpa | Wegen massiver Bedrohung eines Paares hat das Amtsgericht | |
Hoyerswerda gegen mehrere Rechtsextreme bis auf eine Ausnahme | |
Bewährungsstrafen verhängt. Fünf der acht Angeklagten im Alter zwischen 18 | |
und 36 Jahren bekamen am Montag zwischen acht und zehneinhalb Monaten Haft | |
auf Bewährung. | |
Zwei Beschuldigte erhielten eine Jugendstrafe auf Bewährung und müssen | |
gemeinnützige Arbeit leisten. Der achte Angeklagte verbüßt bereits eine | |
einjährige Haftstrafe wegen eines anderen Falls. Er muss jetzt noch fünf | |
Monate länger im Gefängnis bleiben. | |
Die Beschuldigten hatten nach Überzeugung des Amtsgerichts am 17. Oktober | |
2012 das Paar in der Wohnung des Mannes belagert und dabei auch | |
Todesdrohungen ausgesprochen. Die Frau und ihr Partner hatten sich gegen | |
Rechtsextremismus engagiert. Als Motiv wird deshalb Rache vermutet. | |
Die Angeklagten gingen offenbar davon aus, dass der damals 33-jährige Mann | |
ein Foto von einem Aufmarsch Rechtsextremer in Hoyerswerda ins Internet | |
gestellt und mit Namen und Anschriften versehen hatte – zu Unrecht, wie | |
sich nach Auswertung seines Computers ergab. Er hatte lediglich ein Foto | |
ohne weitere Angaben hochgeladen, allerdings auch immer wieder Aufkleber | |
der Rechtsextremen in der Stadt entfernt. | |
## „Skandalöses Urteil“ | |
Das Urteil hat Kritik ausgelöst. Das Internationale Auschwitz-Komitee | |
bezeichnete die zur Bewährung ausgesetzten Strafen für fast alle | |
Angeklagten am Dienstag als skandalös. „Diese Urteile – gefällt am Tag des | |
Gedenkens an die Opfer des Holocaust – muten geradezu makaber an. Neonazis, | |
die Menschen jagen und in Todesangst versetzen, werden zu Bewährungsstrafen | |
verurteilt. Ein fatales Signal für all jene Bürger, die sich in ihren | |
Gemeinden Neonazis entgegenstellen und auf die wehrhafte Demokratie | |
hoffen“, kritisierte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner. | |
Für die Grünen im sächsischen Landtag wirft das Urteil auch deswegen Fragen | |
auf, weil der Richter den Beschuldigten eine positive Sozialprognose | |
bescheinigte. Einige der Angeklagten sind wegen Körperverletzung, | |
rechtsextremer Propagandadelikte und anderer Straftaten vorbestraft. Im | |
Prozess hatten sie keinerlei Reue gezeigt und sich auch nicht bei den | |
Opfern entschuldigt. | |
Grünen-Politiker Miro Jennerjahn fand den Prozess auch in anderer Hinsicht | |
bemerkenswert: „Zu sehen waren Neonazis, die sich sehr sicher fühlen und | |
keinerlei Respekt oder Angst vor dem Rechtsstaat zeigen.“ Man habe auch | |
Polizisten sehen können, die vor Neonazis kapitulieren, und Zeugen, die aus | |
Angst nichts sagen und erhebliche Erinnerungslücken haben. | |
Der Fall erregte damals bundesweit Schlagzeilen, weil die Polizei den | |
Opfern nahelegte, aufgrund der Bedrohung die Stadt lieber zu verlassen. Das | |
wurde als Kapitulation vor dem Rechtsextremismus empfunden. Im Prozess | |
sagten Polizisten übereinstimmend aus, dass die Opfer den Wunsch selbst | |
geäußert hätten. Das Paar lebt heute an einem unbekannten Ort. | |
Rechtsanwalt Bartl wies in seinem Schlussplädoyer noch einmal auf die | |
Gefühlslage seiner Mandanten hin. Sie hätten Todesangst ausgestanden und | |
müssten nun mit einer großen Veränderung in ihrem Leben klarkommen. | |
Im Prozess schwiegen die Angeklagten oder machten Erinnerungslücken | |
geltend. Das Gericht folgte beim Strafmaß im wesentlichen den Anträgen der | |
Staatsanwaltschaft. Rechtsanwalt Bartl, der die Opfer als Nebenkläger | |
vertrat, sagte nach der Urteilsverkündung: „Meine Mandanten können mit | |
diesem Strafmaß leben.“ | |
28 Jan 2014 | |
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