# taz.de -- Prozess gegen Christian Wulff: Verfahren gefährdet | |
> Der Staatsanwalt verärgert den Richter mit immer neuen Anträgen. Der | |
> Vorsitzende droht nun mit der Aussetzung des Wulff-Prozesses. | |
Bild: Die Aussetzung des Prozesses gegen Christian Wulff droht. | |
HANNOVER dpa | Der schwelende Streit zwischen Gericht und | |
Staatsanwaltschaft im Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian | |
Wulff ist eskaliert: Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow drohte am | |
Donnerstag überraschend mit einem Aussetzen des Verfahrens. Zuvor hatte er | |
Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer vorgehalten, dass die Anklage nach und | |
nach neue Beweismittel vorlegt, die dem Gericht bisher unbekannt sind. | |
„Notfalls werde ich das Verfahren aussetzen“, drohte Richter Rosenow im | |
Landgericht Hannover. Ein Aussetzen der Verhandlung nach Paragraf 228 der | |
Strafprozessordnung würde bedeuten, dass der Prozess komplett neu | |
aufgerollt werden müsste. Eine einfache Unterbrechung wäre aber auch | |
möglich. | |
Der Richter forderte den Staatsanwalt auf, ihn in einer dienstlichen | |
Erklärung über seinen Kenntnisstand über neue Beweise zu informieren. Dabei | |
geht es auch um mögliche Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft aus dem | |
parallel am Landgericht laufenden Korruptionsprozess gegen Wulffs | |
Ex-Sprecher Olaf Glaeseker kennt. | |
Staatsanwalt Eimterbäumer sagte, es sei normal, dass neue Beweismittel | |
auftauchten. Das sei das „Schicksal einer dynamischen Hauptverhandlung“. | |
Konkret ging es unter anderem um eine Festplatte, deren Inhalt öffentlich | |
bisher unbekannt ist. Eimterbäumer betonte, die Prozessbeteiligten könnten | |
darauf jederzeit zugreifen. Die Kammer unterbrach das Verfahren daraufhin | |
zunächst bis zum frühen Nachmittag. | |
## Ärger über neue Beweismittel | |
Ausgelöst wurde Rosenows Ärger durch die Ankündigung der | |
Staatsanwaltschaft, in dem Verfahren am Nachmittag neue Beweisanträge | |
einzubringen. Dabei geht es unter anderem um den Inhalt von E-Mails, die | |
die Anklage Anfang der Woche auf den beim Landeskriminalamt eingelagerten | |
Festplatten gefunden haben soll. | |
Sollte das Gericht den neuen Beweisanträgen stattgeben, könnte sich das vom | |
Gericht bisher für den 27. Februar angepeilte Urteil verzögern. „Mein | |
Interesse ist es, das Verfahren mit einem Urteil abschließen zu können, das | |
bestandsfähig ist“, betonte Rosenow. | |
Der Prozess gegen Wulff war am Donnerstag mit der Vernehmung eines | |
Ex-Geschäftspartners des mitangeklagten Filmfinanciers David Groenewold | |
fortgesetzt worden. Dieser konnte aber nicht sagen, ob Groenewold kurz nach | |
dem Oktoberfestbesuch 2008 tatsächlich einen von ihm mitformulierten | |
Bittbrief an Wulff abschickte. Die Verteidigung betont, das Schreiben sei | |
nie versendet worden. Eine andere Zeugin, eine frühere Assistentin | |
Groenewolds, hatte das Gegenteil behauptet und gesagt, der Brief sei für | |
ihren Chef wirtschaftlich überlebenswichtig gewesen. | |
Wulff steht seit Mitte November wegen Vorteilsannahme im Amt als | |
niedersächsischer Regierungschef vor Gericht. Er soll sich 2008 rund um den | |
Oktoberfestbesuch in München von Groenewold einen Teil der Kosten für Hotel | |
und Essen bezahlt haben lassen. Im Gegenzug soll Wulff bei der | |
Siemens-Spitze um Unterstützung für ein Filmprojekt Groenewolds geworben | |
haben. Beide Männer bestreiten die Vorwürfe. | |
6 Feb 2014 | |
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