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# taz.de -- Journalist über den Fall Wulff: „Ein Teil der Medien war auf Mis…
> Autor Michael Götschenberg über den Machtkampf von Journalisten mit
> Christian Wulff, Quotendruck und warum kaum noch jemand Fakten checkt.
Bild: Kaum zu entdecken: Christian Wulff umringt von Journalisten nach dem Urte…
taz: Von den anfänglichen Vorwürfen gegen den ehemaligen Bundespräsidenten
Wulff, die vor allem von Medien kolportiert wurden, ist nicht viel übrig
geblieben. Haben die Medien versagt?
Michael Götschenberg: Ja, in gewisser Hinsicht schon. Im Endeffekt hat sich
fast alles von dem, was in den Wochen der Affäre Wulff auf den Tisch
gepackt wurde, als belanglos, haltlos oder sogar unwahr herausgestellt.
Insofern sagt dieser Prozess und sein Ausgang auch etwas über die
Berichterstattung aus.
Gab es aus Ihrer Sicht eine bewusste Medien-Kampagne gegen Christian Wulff?
Zumindest ein Teil der Medien war damals mit einer Mission unterwegs.
Meines Erachtens ging es darum, den Mann aus dem Amt zu entfernen. Ich
würde nicht alle über einen Kamm scheren, aber zumindest der Bild-Zeitung
würde ich attestieren, dass sie eine Kampagne gegen Wulff gefahren hat. Mit
Sicherheit.
Wie zeigte sich das?
Spätestens ab Mitte Januar 2012 waren alle Vorwürfe auf dem Tisch und es
ging erkennbar nur noch darum, die Affäre mit allen denkbaren Mitteln am
Laufen zu halten. Im Präsidialamt gingen die absurdesten Fragen ein: zum
Beispiel ob zutreffend sei, dass Wulff bei seiner Wahl zum Schülersprecher
Mitschüler mit After Eight bestochen habe. Als letztes Mittel folgte der
Druck auf die Justiz, endlich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Welche Interessen wurden damit verfolgt?
Zum einen ging es ganz einfach um Quote und Auflage, also um ökonomische
Gründe – die Affäre Wulff hat sich über Wochen hinweg sehr gut verkauft.
Zum anderen würde ich sagen, dass in den Medien einige davon überzeugt
waren, dass Wulff die falsche Besetzung für das Amt des Bundespräsidenten
war, dass er dem Amt nicht gewachsen war.
Die Medien haben also versucht, politisch Einfluss zu nehmen?
Ja. Ich würde sagen, die Medien haben sich in einen regelrechten Machtkampf
mit dem Bundespräsidenten begeben. Sie wollten über Sein oder Nicht-Sein
dieser Präsidentschaft mitentscheiden. Dazu muss man allerdings sagen, dass
dies nur möglich war, weil die Politik ihrer Rolle nicht gerecht geworden
ist. Es wäre an der Politik gewesen, das politische Problem
„Präsidentenkrise“ zu lösen. Stattdessen hat sie sich weggeduckt und die
Lösung dieser Krise den Medien überlassen.
Viele sagten später: Wer mit der Bild-Zeitung ins Bett gehe, müsse sich
nicht wundern, wenn er später fallen gelassen werde, hieß es. Ist das so?
Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass Christian Wulff einen
maßgeblichen Teil dazu beigetragen hat, dass er am Ende nur noch
zurücktreten konnte. Mit dem Management dieser Krise war er völlig
überfordert, er ist regelrecht abgesoffen. Richtig ist auch, dass er als
Ministerpräsident in Niedersachsen eine Art Geschäftsbeziehung mit der
Bild-Zeitung gepflegt hat, die natürlich auch zu seinem Nutzen war: Schöne
Geschichten und exklusive Bilder für die Bild-Zeitung, im Gegenzug eine
freundliche Berichterstattung über den Ministerpräsidenten Wulff. Das war
zum beiderseitigen Vorteil.
Erinnert Sie die Wulff-Affäre an den Fall Edathy heute?
In mancherlei Hinsicht schon und zwar sowohl, was die Staatsanwaltschaft
als auch, was die Medien betrifft. Man konnte das sehr gut in den ersten
Stunden der Berichterstattung über den Fall Edathy beobachten, gerade bei
den Online-Medien. Da wurden innerhalb von Stunden aus Vermutungen
plötzlich Fakten. Das Schlimmste ist, dass alle voneinander abschreiben.
Niemand macht sich mehr die Mühe zu überprüfen, ob überhaupt zutreffend
ist, was behauptet wird. Das war bei Wulff auch so. Daran sieht man, in
welcher Skandalisierungsspirale sich die Medien befinden, weil der Druck,
immer neue Schlagzeilen zu produzieren, immer größer wird.
27 Feb 2014
## AUTOREN
Lan-Na Grosse
## TAGS
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