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# taz.de -- „Snowpiercer“ auf der Berlinale: Schockstarrer Planet Erde
> „Snowpiercer“ von Bong Joon-ho ist der teuerste koreanische Film aller
> Zeiten – mit einem unwilligen Produzenten. Mit dabei: Tilda Swinton mit
> Überbiss.
Bild: Ein überschaubarer Menschenrest auf dem Planet Erde: Tilda Swinton und S…
Es rast ein Zug nach nirgendwo. Schauplatz: Postapokalypse. Schockstarrer
Planet Erde. Die Menschheit hat sich beim Versuch, das Wetter zu machen, in
eine neue Eiszeit versetzt – was von ihr bleibt, ist ein sehr
überschaubarer Menschenrest im rasenden Zug. Der kennt kein Halten.
Es ist ein allegorischer Zug, eine Arche Noah aus Stahl, in der der
Klassenkampf tobt. Hinten sitzt das von den herrschenden Klassen verachtete
Lumpenproletariat, ganz vorne der Diktator und Zugchef namens Wilford (Ed
Harris). Curtis (Chris Evans) kommt aus der Tiefe des Zugs und kämpft sich
nach vorne. Davon erzählt „Snowpiercer“, Bong Joon-hos Film.
Wer den koreanischen Regisseur kennt, wird auf manches gefasst sein. Auf
einen Film, der keine Gefangenen macht. Auf spritzendes Blut. Und darauf,
dass die Erzählung sich mal schnell vorwärts, zwischendurch oder insgesamt
aber auch seitwärts oder in seltsamen Schleifen oder sogar ins Leere
bewegt.
Bongs Filme sind offene Möglichkeitsräume, in denen jederzeit etwas aus-,
in die jederzeit etwas einbrechen kann. Wer mit sowas nicht klarkommt, ist
der amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein. Der hat die Rechte am
Film für die USA und andere Länder. Und insistiert auf Schnitten. Bong
weigert sich. Auf der Berlinale läuft die intakte Version.
Man darf bei einem Bong-Film jedenfalls nicht überrascht sein, wenn ein
zweiter Protagonist aus dem Schließfach geholt wird, nämlich Song Kang-ho,
einer der großen Stars des neueren koreanischen Kinos. Der spielt Namgoong
Minsu, einen Drogenabhängigen und Türöffnermann. Er spricht kein englisches
Wort in Bongs erstem englischsprachigen Film, sondern kommuniziert über
eine konsequent inkonsequent eingesetzte Übersetzungsmaschine.
Das ist „Snowpiercer“ nämlich auch, ein internationaler Hybrid, der mit
viel französischem Geld (nach einer französischen Comicvorlage) und Stars
aus dem angelsächsischen Raum gedrehte teuerste koreanische Film aller
Zeiten. Auch Tilda Swinton spielt mit, als fatale Gouvernante mit Überbiss.
Sie steht dem revoltierenden Helden im Weg. Aber nicht nur ihr wird der
Garaus gemacht. Von Wagen zu Wagen bewegt sich der Film wie ein Videospiel
von Level zu Level. Das ist mal brutal, mal hysterisch, mal komisch und
insgesamt düster. Nicht rund und nicht straight. Das ist gerade das Tolle
daran.
7 Feb 2014
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Kino
Korea
Tilda Swinton
Bong Joon-ho
Filmrezension
Tilda Swinton
Wes Anderson
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