# taz.de -- Eishockey-Finale der Frauen: Am Ende halfen die Götter | |
> Sotschi erlebte ein denkwürdiges Eishockey-Endspiel der Frauen. Letztlich | |
> hatten die Kanadierinnen einfach mehr Glück als die US-Girls. | |
Bild: Sudden Death: Das Tor von Sidney Crosby (rechts) bedeutete den Olympiasie… | |
SOTSCHI taz | War es das beste Spiel in der Geschichte des | |
Fraueneishockeys? [1][Die Partie] war gerade eine halbe Stunde vorbei, da | |
wurde diese Frage in den Katakomben des Bolschoi-Eispalasts in Sotschi | |
gestellt. Die Medaillen nach dem mitreißenden Finale zwischen Kanada und | |
den USA waren gerade vergeben worden, die unterlegenen Amerikanerinnen | |
weinten noch und die siegreichen Kanadierinnen waren im Endorphinrausch, da | |
sollten sie das Geschehene schon historisch einordnen. Doch den | |
Spielerinnen fehlten die Worte. Kein Wunder. | |
Es war unfassbar, was bei diesem 3:2-Overtime-Erfolg der Kanadierinnen | |
alles geschehen war. Es war so niederschmetternd für die Verliererinnen, | |
die bis drei Minuten und 26 Sekunden vor der Schlusssirene noch mit 2:0 | |
geführt hatten. Und es war so wunderbar für die Kanadierinnen, denen 55 | |
Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit der Ausgleich gelang. Da | |
hatten sie ihre Torfrau längst vom Feld genommen, um die Verlängerung in | |
Überzahl erzwingen zu können. | |
Und da war gerade ein Befreiungsschlag der Amerikanerinnen an den Pfosten | |
des unbesetzten Tors geprallt. US-Stürmerin Kelly Stack konnte es lange | |
nach dem Spiel immer noch nicht fassen: „Ein Inch weiter rechts und wir | |
hätten die Goldmedaille gewonnen“, sagte sie mit Tränen in den Augen. „Es | |
ist das mieseste Gefühl der Welt“. Sie konnte einem Leid tun. Denn sie muss | |
gehört haben, wie die Kanadierinnen über diesen irren Pfostentreffer | |
redeten. „Das waren die Eishockeygötter“, sagte die Kanadierin Brianne | |
Jenner. | |
Und Kanadas Verteidigerin Laura Fortino meinte: „Das war für uns das | |
Zeichen, dass wir noch im Spiel waren.“ Danach hat es in der Overtime dann | |
eigentlich nicht ausgesehen. Nach dem Last-Minute-Ausgleich der | |
Kanadierinnen waren die Amis wie aufgedreht in die Verlängerung gestartet | |
und haben einen Puck nach dem anderen auf das Tor von Kanadas Shannon | |
Szabados abgefeuert. Nichts hat's gebracht. „Das war das Karma“, sagte eine | |
der Siegerinnen, die Stürmerin Jayna Hefford. | |
## Diskutable Strafzeiten | |
Doch das war nur eine der Geschichten, die dieser Abend erzählt hat. Eine | |
andere haben die Schiedsrichter geschrieben. Die Strafzeiten, die sie in | |
der Verlängerung gegeben haben, wurden heiß diskutiert. Sekunden nachdem | |
eine Kanadierin auf die Bank geschickt wurde, musste auch eine Amerikanerin | |
vom Eis. „Slashing“ zeigte Schiedsrichterin Joy Tottman an, Stockschlag. | |
Dabei hatte Jayna Hefford nach einem Schuss nur noch einmal nach der | |
Scheibe gestochert und dabei die Schoner von Torfrau Szabados berührt. „Ich | |
weiß nicht, was da war“, sagte die hinterher. „Beinstellen oder | |
Cross-Check, ich weiß nicht, warum ich raus musste. Aber normalerweise | |
musst du die Gegnerin berühren. Ich habe sie nicht berührt“, sagte Hilary | |
Knight, die kurz nach den beiden anderen Sünderinnen vom Eis geschickt | |
wurde. Kanadas Altmeisterin Hayley Wickenheiser war alleine auf das Tor der | |
Amis zugelaufen, Knight sprintete hinterher. Plötzlich lag Wickenheiser | |
(„Ich würde nie im Leben eine Schwalbe machen!“) auf dem Eis. | |
Kanada war in Überzahl. 40 Sekunden später schoss Marie-Philip Poulin das | |
3:2. Sudden Death. Kanada ist Olympiasieger und ein Skandal lag in der | |
Luft. Schiebung? „Fraueneishockey entwickelt sich sprunghaft“, sagte | |
US-Trainerin Katey Stone. „Das Schiedsrichterwesen sollte sich genauso | |
schnell entwickeln.“ Zurückhaltender kann man es wohl nicht ausdrücken. | |
Derweil erinnerten sich die Beobachter an das beinahe ebenso umkämpfte | |
Finale der Spiele von Vancouver vor vier Jahren. Das gewann Kanada mit 2:0 | |
gegen die USA. Marie-Philip Poulin hatte damals beide Treffer erzielt. Im | |
Alter von 18 Jahren wurde sie zu einem der Stars der Spiele. | |
Vier Jahre später war es wieder die junge Frau aus Québec, die das Spiel | |
entschieden hat. Die Reporter hatten ihre Heldinnengeschichte, die dritte | |
große Erzählung des Tages. Mit Sid Crosby wurde sich schon vor vier Jahren | |
verglichen, mit dem besten und bestverdienenden kanadischen Mann am Puck. | |
„Sie ist die beste Spielerin im Fraueneishockey“, meinte Teamkameradin | |
Hefford und blieb mit ihrem Statement in der Welt des Frauensports. Gut so. | |
Fraueneishockey hat sich am Donnerstag von der allerbesten Seite gezeigt | |
und die Halle in Extase versetzt. So laut war es nie, wenn die russischen | |
Männer gespielt haben. Was für ein Abend! | |
21 Feb 2014 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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