# taz.de -- „The Lady in Number 6“: Älteste Holocaust-Überlebende ist tot | |
> Die Musik hielt Alice Herz-Sommer im Konzentrationslager am Leben. Nun | |
> ist die älteste bekannte Holocaust-Überlebende im Alter von 110 Jahren | |
> gestorben. | |
Bild: Sagte einmal, sie habe sich selbst „immer lachend“ in Erinnerung: Ali… | |
LONDON ap | Die älteste bekannte Holocaust-Überlebende, Alice Herz-Sommer, | |
ist am Sonntag im Alter von 110 Jahren gestorben. Das teilte ihre | |
Schwiegertochter Genevieve Sommer mit. Herz-Sommer hatte demnach zuletzt | |
über Herzprobleme geklagt und war am Freitag ins Krankenhaus gekommen. | |
Im Jahr 1943 wurden Herz-Sommer, ihr Ehemann Leopold und ihr Sohn Stephan | |
von Prag nach Theresienstadt deportiert. Ihre Leidenschaft für das | |
Klavierspielen und ihr Kind hielt sie in den Jahren ihrer Gefangenschaft am | |
Leben. | |
Die Lagerleitung ließ Konzerte der Häftlinge zu, Herz-Sommer durfte | |
mehrfach auftreten. Sie selbst sagte einmal, sie habe sich selbst „immer | |
lachend“ in Theresienstadt in Erinnerung. So habe die Freude am Musizieren | |
ihnen beim Durchhalten geholfen: „Diese Konzerte, die Menschen, die da | |
saßen, alte Leute, verlassen und krank, aber sie kamen zu den Konzerten und | |
diese Musik war unsere Speise für sie.“ | |
Von den etwa 140.000 Juden, die nach Theresienstadt gebracht wurden, | |
starben dort 33.430. Weitere 88.000 wurden weiter nach Auschwitz und in | |
andere Todeslager verfrachtet, wo die meisten von ihnen getötet wurden. | |
Herz-Sommer und ihr Sohn Stephan gehörten zu den weniger als 20.000 | |
Menschen, die in Theresienstadt noch am Leben waren, als die Sowjetarmee | |
das Lager im Mai 1945 befreite. | |
## „Wir sind alle gleich“ | |
Wo ihre bereits 1942 nach Theresienstadt und später nach Treblinka | |
deportierte Mutter starb, erfuhr Herz-Sommer nie. Ihr Mann erlag im | |
Konzentrationslager Dachau einer Typhuserkrankung. Und doch schien | |
Herz-Sommer im Alter keinen Groll zu empfinden. „Wir sind alle gleich“, | |
erklärte sie. „Gut, und schlecht.“ | |
Herz-Sommer verwies einmal auf eine unangenehme Unterhaltung, die sie am | |
Vorabend ihrer Deportation ins Konzentrationslager mit einem Nazi hatte. Er | |
lebte im Obergeschoss und meldete sich, um ihr zu sagen, dass er ihr Spiel | |
vermissen werde. „Also war der Nazi ein Mensch“, sagte Herz-Sommer. | |
Im Jahr 1949 verließ die Pianistin die damalige Tschechoslowakei, um ihrer | |
Zwillingsschwester Mizzi nach Jerusalem zu folgen. Bis 1986 lehrte | |
Herz-Sommer am Jerusalemer Konservatorium. Dann zog sie nach London. Ihr | |
Sohn, der seinen Vornamen nach dem Krieg in Raphael umänderte, schlug eine | |
Karriere als Konzertcellist ein. Er starb 2001. | |
Der Tod ereilte Herz-Sommer nur eine Woche vor der Oscar-Verleihung in Los | |
Angeles, bei der „The Lady in Number 6: Music Saved My Life“ – ein Film | |
über ihr Schicksal – in der Kategorie bester Kurz-Dokumentarfilm nominiert | |
ist. | |
Die Produzentin Nick Reed fand bewegende Worte über Herz-Sommer. Ihre | |
Geschichte zu erzählen, sei eine „lebensverändernde Erfahrung“ gewesen. | |
„Obwohl ihre Energie langsam nachließ, war ihr aufgeweckter Geist | |
ungebrochen. Ihre Lebenskraft war so stark, dass wir uns nie hätten | |
vorstellen können, dass nicht mehr da ist.“ | |
24 Feb 2014 | |
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