Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Menschenrechte in Russland: Straflager für Putin-Gegner
> Bei einer Demonstration in Moskau sind Hunderte Menschen festgenommen
> worden. Sie hatten gegen die harten Urteile gegen Oppositionelle
> protestiert.
Bild: Viele gegen einen in Moskau.
MOSKAU dpa | Einen Tag nach dem Ende der Olympischen Winterspiele in
Sotschi ist die russische Staatsmacht massiv gegen Kritiker von Kremlchef
Wladimir Putin vorgegangen. Ein Gericht in Moskau verurteilte acht
Oppositionelle wegen Anstiftung zur Gewalt gegen den Staat zu bis zu vier
Jahren Haft. Menschenrechtler kritisierten das Verfahren als beispiellosen
„Schauprozess“.
Vor dem Gerichtsgebäude nahm die Polizei mindestens 230 Demonstranten
vorübergehend fest. Darunter waren auch Oppositionsführer Alexej Nawalny,
der frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow sowie Nadeschda Tolokonnikowa
und Maria Aljochina von der kremlkritischen Gruppe Pussy Riot. Insgesamt
beteiligten sich dem Internetportal [1][kasparov.ru] zufolge etwa 700
Menschen an dem unerlaubten Protest gegen Justizwillkür.
Am Abend führten Sicherheitskräfte im Stadtzentrum erneut mindestens 420
Menschen ab, wie die Polizei mitteilte. In St. Petersburg gab es 70
Festnahmen. Die Regierungsgegner hätten mit den unerlaubten Protesten gegen
die öffentliche Ordnung verstoßen und sich geweigert, den Platz zu
verlassen.
In Moskau wurden Nawalny, Tolokonnikowa und Aljochina dabei erneut
festgenommen. Regierungsgegner hatten aus Protest gegen die Urteile zu
einer „Volksversammlung“ nahe dem Kreml aufgerufen. Die Polizei sperrte die
Gegend weiträumig ab. Der Radiosender Echo Moskwy gab die Zahl der
Demonstranten mit bis zu 3000 Menschen an. Die Polizei sprach von 500
Teilnehmern.
## Lagerhaft und Bewährungsstrafe
Bei dem umstrittenen Prozess hatte Richterin Natalia Nikischina betont, die
Angeklagten hätten sich am 6. Mai 2012 – dem Vorabend von Putins dritter
Amtseinführung – aktiv an gewaltsamen Ausschreitungen in Moskau beteiligt.
Die sieben männlichen Angeklagten müssen in Lagerhaft, die weibliche
Beteiligte erhielt eine Bewährungsstrafe.
Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Verurteilten könnten den
Präsidenten um Gnade anrufen. Die Verteidigung kündigte Einspruch an. Die
Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck kritisierte:„Das olympische
Feuer in Sotschi ist kaum erloschen, da schlägt der Kreml mittels des
willfährigen russischen Justizwesens zu.“
Bereits am Freitag hatte Richterin Nikischina die Angeklagten schuldig
gesprochen, nun wurde das Strafmaß verkündet. Sie seien gewalttätig gegen
Sicherheitskräfte vorgegangen, sagte die Richterin. Schon an jenem Tag
waren mehr als 200 Menschen bei Protesten gegen die Entscheidung
festgenommen worden.
Acht Angeklagte des sogenannten Bolotnaja-Prozesses waren im Dezember im
Zuge einer Amnestie auf freien Fuß gekommen. Insgesamt waren bei den
gewaltsam aufgelösten Anti-Putin-Protesten im Mai 2012 auf dem
Bolotnaja-Platz in Moskau rund 400 Menschen festgenommen worden.
Demonstranten und Sicherheitskräfte geben sich gegenseitig die Schuld an
der Eskalation. Drei Teilnehmer wurden bereits im vergangenen Jahr zu
Haftstrafen verurteilt.
Ein weiterer Bolotnaja-Prozess läuft gegen den prominenten
Oppositionspolitiker Sergej Udalzow von der außerparlamentarischen Linken
Front und seinen Mitarbeiter Leonid Raswosschajew. Auch sie hatten Vorwürfe
zurückgewiesen, gewaltsame Proteste gegen Putin organisiert zu haben. Ihnen
drohen jeweils bis zu zehn Jahre Haft.
25 Feb 2014
## LINKS
[1] http://www.kasparov.ru/
## TAGS
Moskau
Regierung
Opposition
Demonstrationen
Polizei
Wladimir Putin
Pussy Riot
Russland
Russland
Ukraine
Sotschi 2014
Sotschi 2014
## ARTIKEL ZUM THEMA
Buch von früherem Pussy-Riot-Mitglied: „Modell Strafkolonie“
Nadja Tolokonnikowa brachte einst Putin in Bedrängnis. Jetzt erzählt sie
ihre Geschichte und liefert zugleich ein Manifest.
Opposition in Russland: Nawalny verurteilt
6000 Euro Strafe muss der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny zahlen
– wegen Verleumdung. Er hatte einen Stadtverordneten als Drogenabhängigen
bezeichnet.
Angriff auf Pussy-Riot-Mitglieder: Mit Essensresten gegen Aktivistinnen
Die Wortführerin von Pussy Riot, Maria Aljochina, wurde leicht verletzt.
Mehrere Russen griffen sie und ihre Bandkolleginnen mit Farbe und
Metallgegenständen an.
Reaktion auf Umsturz in der Ukraine: Sprachlosigkeit in Moskau
Die Expansionspläne von Präsident Putin für eine „Eurasische Union“ gehen
den Bach runter. Berater setzen jetzt auf eine Spaltung der Ukraine.
Pressefreiheit in Russland: Vom Netz genommen
Kremlkritische Sender werden diskreditiert, auch im Internet. Nach den
Olympiatagen könnte der Kurs der Gleichschaltung noch verschärft werden.
Pussy-Riot-Aktivistinnen in Sotschi: Russland ist nervös geworden
Zwei Frauen von Pussy Riot haben den Protest gegen das autokratische
Russland belebt. Weder IOC noch der DOSB interessieren sich dafür.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.