| # taz.de -- Kommentar Stammtisch-Integrationspolitik: Roter Populismus | |
| > EU-Subventionen aus Rumänien oder Bulgarien abzweigen? | |
| > NRW-Integrationsminister Schneider macht Wahlkampf auf Kosten der | |
| > Zuwanderer. | |
| Bild: Zuwanderer vom Balkan: Qualifiziertes Personal ist in Nordrhein-Westfalen… | |
| Rumäniens und Bulgariens Beamte sind zu blöd, um EU-Subventionen | |
| abzugreifen: Das ist die offizielle Linie der nordrhein-westfälischen | |
| Landesregierung, vertreten ausgerechnet vom ehemaligen DGB-Landeschef und | |
| heutigen SPD-Integrationsminister Guntram Schneider. | |
| Vielleicht sind Rumänen und Bulgaren auch zu korrupt – jedenfalls deutet | |
| Schneider das in Nebensätzen an. Und hinter den Kulissen äußern Minister | |
| von SPD-Regierungschefin Hannelore Kraft auch schon einmal den Verdacht, | |
| das politische System der beiden EU-Nachzügler sei schlicht rassistisch. | |
| Schließlich sollen die nicht abgerufenen EU-Mittel in Rumänien und | |
| Bulgarien vor allem Roma zugute kommen. | |
| In Düsseldorf werden die allerdings gern „nationale Minderheiten“ genannt … | |
| was auf den Wunsch verweist, die beiden im Vergleich zur wohlstandssatten | |
| Bundesrepublik völlig verarmten südosteuropäischen Staaten möchten den Roma | |
| doch bitte vor Ort, „in ihrer Heimat“, ein menschenwürdiges Leben | |
| ermöglichen und nicht Deutschland oder gar Nordrhein-Westfalen Kosten | |
| aufbürden. | |
| Bedient wird deshalb ein billiges, jahrhundertealtes Klischee gegenüber | |
| „dem Balkan“: Unfähig, korrupt und rassistisch seien die dortigen | |
| Verwaltungen. „Dort gibt es nicht die Staatlichkeit, wie wir sie kennen“, | |
| erklärt Sozialdemokrat Schneider ernsthaft. Helfen sollen Expertenteams aus | |
| Deutschland oder Frankreich – also aus „Kulturnationen“, wie man das im | |
| ausgehenden 19. Jahrhundert wohl genannt hätte. | |
| ## Von Europa kostenlos profitieren | |
| Dabei ist der Gewerkschafter Schneider natürlich kein Chauvinist. Der | |
| Minister weiß, dass Deutschland von der Zuwanderung massiv profitiert. „Im | |
| Kreis Wesel würden die Krankenhäuser ohne Ärzte und Pfleger aus Rumänien | |
| und Bulgarien nicht mehr funktionieren“, sagt er – und wiederholt damit den | |
| Kernfehler vieler Eurokraten: Faktisch begreift Schneider Europa eben nicht | |
| als ideelles, auf Menschen- und Freiheitsrechten basierendes Projekt, | |
| sondern als Geschäft, dass sich jetzt und sofort rentieren soll. | |
| Den Gewinn durch hochqualifiziertes medizinisches Personal will die | |
| NRW-Landesregierung gern mitnehmen. Die Kosten der Integration gering | |
| qualifizierter Migranten, die sich zwangsläufig in wirtschaftlich schwachen | |
| und damit billigen Städten wie Duisburg sammeln, will Schneider aber von | |
| der EU zurückbekommen. | |
| In Vorwahlkampfzeiten (in NRW stehen am 25. Mai nicht nur Europa-, sondern | |
| auch Kommunal- und viele Bürgermeisterwahlen an!) ist das billiger | |
| Populismus. Denn natürlich weiß der Minister, dass der Widerstand für seine | |
| Umverteilungspolitik von arm zu reich nicht nur in Bukarest und Sofia, | |
| sondern auch in Brüssel riesig sein wird. Schneiders Forderung hat kaum | |
| Chancen auf Umsetzung – dürfte aber die Stammtische in Eifel und Sauerland | |
| begeistern. | |
| 25 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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